Für Sie kommentiert

Biomarker in der Urogynäkologie und Urologie/Inzidenz von okkulten ovariellen Neoplasien bei BRCA1/BRCA2-Trägerinnen/Frühgeburtsprävention mit Low-dose-Aspirin/Therapieadhärenz bei Patientinnen mit frühem ­Mammakarzinom unter antihormoneller Therapie/STAR-Trial: Präimplanta-tionsgenetische Testung auf Aneuploidie (PGT-A) – Primum nil nocere!

Biomarker in der Urogynäkologie und Urologie

Häufige Erkrankungen in der Urologie umfassen das Harnblasenkarzinom und das Bladder Pain Syndrome (BPS), ehemals interstitielle Zystitis (IC).

Harnblasenkarzinome sind die sechsthäufigsten Karzinome in den USA und auch das BPS ist nicht selten mit einer Inzidenz von 0.26 % bis zu 12.6 %; bei Frauen ist die Inzidenz 4–5× höher als bei Männern.

Derzeit ist die wichtigste diagnostische Methode die Zystoskopie, die allerdings invasiv ist.

Verglichen mit der Zystoskopie wäre die Untersuchung einer Urinprobe weitaus einfacher und schneller, und die Entwicklung von Markern, die im Urin ausgeschieden und nachgewiesen werden können mit möglichst hoher Spezifität für den Nachweis von Erkrankungen, wäre einfacher und deutlich weniger invasiv.

Biomarker im Urin sind besonders interessant, weil Urin direkten Kontakt mit urothelialen Zellen und/oder Tumoren hat und Urin einfach gewonnen werden kann. Der vorliegende Artikel untersucht verschiedene Biomarker im Urin.

Biomarker, die mit Genmutationen bei Blasenkarzinomen exprimiert werden, beinhalten Fibroblasten Growth Faktoren, stromales Antigen 2, ERB-B2 Rezeptor Tyrosinkinase und zahlreiche andere genmutierte Biomarker. Ein Problem bilden die verschiedenen Subtypen von Harnblasenkarzinomen, die unterschiedliche Mutationen ausbilden können. Gewisse Biomarker wie STAG-2-Mutationen sind wesentlich häufiger bei muskelinvasiven Karzinomen; weitere Studien unterstützen die Idee, STAG 2 als Marker für Rezidive und Progression bei nicht muskelinvasiven Blasenkarzinomen zu nutzen. Zahlreiche Genmutationen wurden bei Harnblasenkarzinomen detektiert, weitere Studien sind allerdings notwendig, bevor diese Marker in die klinische Praxis einziehen können.

Biomarker, die Genexpression basiert sind, sind sensitiv und spezifisch für Harnblasenkarzinome. Sie werden durch inflammatorische Prozesse weniger beeinflusst.

FGFR3 und OTX1 sind bereits signifikante Hinweise auf Harnblasenkarzinome, Micro-RNA’s wurden bereits evaluiert, allerdings mit sehr heterogenen Ergebnissen und heterogener Methodik. Auch hier sind weitere Studien notwendig, um die Sensitivität und Spezifität der Biomarker zu bestätigen oder zu widerlegen.

Proteome sind Strukturen, die, in Eiweissen angereichert, die Entwicklung und Invasion eines Tumors anzeigen können. Der ideale Protein-Biomarker sollte eine hohe Spezifität, Sensitivität, positiven prädiktiven Wert und negativ prädiktiven Wert haben.

Verschiedene Studien haben gezeigt, dass Apo-A1, BLCA-4 und Hyaluronidase eine hohe Sensitivität und Spezifität für Blasenkarzinome haben.

Hyaluronidase zeigte hierbei eine Sensitivität von 85 bis 96 % und eine Spezifität von 85 bis 92 % für Harnblasenkarzinome.

Auch Interleukine, Metalloproteinasen und VEGF sind aktuell in der Untersuchung.

Biomarker für Bladder Pains Syndrome (BPS) könnten ausgesprochen hilfreich sein, um eine Zystoskopie in Narkose mit Hydrodistensionstest und damit postoperative Irritationen und Kosten zu vermeiden. Die Pathogenese der Erkrankung ist derzeit nur wenig untersucht.

Verschiedene Mechanismen wie Infektionen, Entzündung, toxische Agenzien und eine Störung der Glykosamino­glykanschicht werden diskutiert.

Verschiedenste Biomarker sind für das BPS in Diskussion; dazu gehören MIF (Makrophagen Inhibitionsfaktor), nerve growth factor (NGF), Mathylhistamin, Histamin, IL-6, antiproliferativer Faktor(APF), epithelialer Growth Faktor (EGF) und andere.

Die Studienresultate hinsichtlich dieser Biomarker sind interessant, der ideale Biomarker ist jedoch für das BPS noch nicht gefunden.

Studien fanden DANN Methylationin Urinproben von BPS-Patientinnen, grössere Studien fehlen jedoch hier.

Kim J. et al, Investig Clin Urol 2020;61 Suppl 1:58–22.

Kommentar

Zahlreiche Studien haben bereits Biomarker für Harnblasenkarzinome und BPS identifiziert, es gibt bereits kommerziell erhältliche Kits für Biomarker, die ein Harnblasenkarzinom identifizieren sollen. Weitere Studien müssen jedoch die Validität dieser Marker beweisen. Bis dieser Beweis angetreten ist, bleibt uns in der klinischen Praxis weiterhin die Zystoskopie mit der Exfoliationszytologie. Das gleiche gilt für das BPS.

Annette Kuhn

Inzidenz von okkulten ovariellen Neoplasien bei BRCA1/BRCA2-Trägerinnen

Mit zunehmender Anzahl an genetischen Beratungen und Testungen steigt auch die Anzahl prophylaktischer operativer Eingriffe, insbesondere die der bilateralen prophylaktischen Salpingovarektomien. Das Ausmass der Risikoreduktion durch diese Massnahme ist recht gut zu beziffern, weniger jedoch die Wahrscheinlichkeit, bereits bei diesem prophylaktischen Eingriff unerwartet auf eine Neoplasie zu stossen. In einer retrospektiven Studie wurden 564 solcher Eingriffe hinsichtlich dieser Fragestellung untersucht: in fast 10 % (n = 7) der Fälle wurde ein intraepitheliales Karzinom (STIC) diagnostiziert, in 6 % (n = 4) bereits ein Ovarialkarzinom (1 FIGO III, 3 FIGO I).

Rudaitis, V et al., EJOG 2020, article in press

Kommentar

Die vorliegende Analyse unterstreicht sehr eindrucksvoll die Relevanz der genetischen Testung und den Stellenwert der prophylaktischen Salpingovarektomie. Das Vorliegen bereits invasiver Karzinome bei einem solchen Eingriff stimmt nachdenklich und zeigt, dass das Zeitfenster für die chirurgische Prävention begrenzt ist.

Martin Heubner

Frühgeburtsprävention mit low-dose Aspirin

In einer der letzten Lancet-Ausgaben haben Hoffmann MK et al. [1] die Resultate einer placebokon­trollierten, randomisierten Studie präsentiert, in der der Effekt von low-dose Aspirin (LDA) (81 mg) auf das Outcome der Schwangerschaft untersucht worden ist. Das Kollektiv waren Nullipara mit Einlingsschwangerschaften. LDA wurde ab dem ersten Trimenon (6+0. bis 13+6. Woche) bis zur 36+0. Wochen gegeben. Das primäre Outcome war die Inzidenz einer Frühgeburt <37+0 Wochen. Eine ganze Reihe von sekundären Parametern wurden ebenfalls untersucht.

Nicht ganz überraschend haben die Autoren eine signifikante Reduktion der Frühgeburtlichkeit <37 Wochen (–11 %) und speziell <34 Wochen (–25 %) gefunden. Es wurden auch weniger Frühgeburten <34 Wochen infolge hypertensiven Komplikationen (–62 %) in der Aspiringruppe beschrieben. Die perinatale Mortalität war ebenfalls niedriger (–14 %) bei sonst vergleichbaren maternalen und neonatalen Befunden. Die Einnahme von LDA war nicht mit einer erhöhten Nebenwirkungsinzidenz wie z. B. Blutungen i. w.S. assoziiert.

Nun, diese Studie ist sicher eine der grössten, welche den Einfluss von LDA auf den Ausgang der Schwangerschaft untersucht hat. Das Resultat ist indes ernüchternd und eigentlich vorhersehbar. Die Autoren fassen die bereits bestehende, reichhaltige Literatur nur kurz zusammen, skotomisieren aber zwei wichtige Studien. Eine ist die Metaanalyse von Ting-ting Xu et al. [2] und die zweite ist die wichtige ASPRE-Studie der FMF London [3]. In diesen Arbeiten konnte gezeigt werden, dass Aspirin die Frühgeburt signifikant (–19 %) [2] senkt und dass 150 mg Aspirin ab dem 1. Trimenon bis 36 Wochen das Risiko einer frühen Präeklampsie (<37 Wochen) in einem speziell selektionierten Kollektiv um 62 % zu senken vermag [3]. Beide Arbeiten wurden mit keinem Wort in der folgenden Diskussion erwähnt. Dies wäre sicherlich interessant gewesen. Was sicherlich von Interesse ist, ist die Information, welche wir erhalten über die reproduktive Problematik von Frauen aus Gebieten mit tiefem und mittlerem Einkommen (zwei in Indien, Demokratische Republik Kongo, Guatemala, Kenya, Pakistan, und Zambia) (Tabelle 1).

Diese Zahlen zeigen, dass die Hauptproblematik in diesen Ländern weiterhin die hohe maternale Mortalität bleibt. Diese wird weder durch die LDA-Gabe noch durch die – glaube ich – bessere Betreuung der Frauen im Rahmen einer Studie verbessert. Obwohl in dieser Studie die Geburten <34 Wochen mit Hypertonie signifikant gesenkt werden konnten, war die Inzidenz von SGA-Kindern nicht unterschiedlich in beiden Studienarmen. Das erstaunt mich sehr, war auch in der ASPRE-Studie [3] so. Die Argumentation der Autoren der ASPRE-Studie war, dass das Studiensetting nicht gepowert war, um diese Frage zu beantworten. Aber offensichtlich reichen auch >3000 SGA-Kinder nicht aus, um einen protektiven Effekt von LDA zu zeigen. Was mich etwas beruhigt, ist die Aussage, dass Aspirin offensichtlich die Inzidenz einer vorzeitigen Plazentalösung nicht erhöht. In der Metanalyse von Ting-ting Xu et al. [2] wurde eine signifikante Zunahme (+35 %) gefunden! Dies wurde weder in dieser noch in der ASPRE-Studie gefunden [1, 2].

Luigi Raio

Literatur

1.   Hoffman MK, et al. Lancet 2020; 395:285–293.
2.   Ting-ting Xu, et al. J Clin Hypertens 2015; 17:567–573.
3.   Rolnik DL, et al.
NEJM 2017; 377; 316–322.

Tabelle 1: Perinatales Outcome und geburtshilfliche Daten aus dem ASPIRIN Trial [1] unabhängig von der Aspiringabe
Tabelle 1: Perinatales Outcome und geburtshilfliche Daten aus dem ASPIRIN Trial [1] unabhängig von der Aspiringabe

Therapieadhärenz bei Patientinnen mit frühem ­Mammakarzinom unter antihormoneller Therapie

Die Therapieadhärenz bei der endokrinen Therapie des Mammakarzinoms ist ein wichtiger Aspekt auch für die Langzeitprognose und spielt im Rahmen des Follow-ups der Patientinnen eine wichtige Rolle. Die Autoren untersuchten, welche Faktoren bei post­meno­pausalen Patientinnen unter endokriner Therapie mit einer niedrigen, mittleren oder hohen Therapieadhärenz einhergingen. In einer grossen „real-world“-Populations-basierten Studie verwendeten sie Daten aus gesundheitsbehördlichen Datenbanken in Ontario, Canada. Patientinnen ≥ 66 Jahre, die zwischen 2005 und 2010 mit einer adjuvanten endokrinen Therapie begannen, wurden analysiert. Die Therapieadhärenz wurde gemessen als „medical possession ratio“ (MPR) und eingeteilt in niedrig, mittel und hoch über einen Zeitraum von fünf Jahren. Insgesamt wurden 5692 Patientinnen mit adjuvanter endokriner Therapie identifiziert. Davon hatten 13 % eine niedrige, 13 % eine mittlere und 74 % eine hohe Adhärenzrate.

Niedrige Therapieadhärenzraten waren mit höherem Alter assoziiert. Hohe Therapieadhärenzraten fanden sich bei Frauen mit vorangegangener adjuvanter Chemotherapie und bei Frauen, die innerhalb von vier Monaten nach Therapiebeginn einen Follow-Up-Termin mit einem Onkologen hatten. Die nicht-adjustierte Survival-Analyse zeigte ein verbessertes Survival für Patientinnen mit hoher Therapieadhärenz, jedoch war dieser Effekt in der multivariaten Analyse nicht mehr zu detektieren.

Blanchette PS et al. Factors associated with endocrine therapy adherence among post-menopausal women treated for early-stage breast cancer in Ontario, Canada. Breast Cancer Research and Treatment volume 2020; 179:217–227.

Kommentar

Die Compliance von Patientinnen unter endokriner Therapie ist ein wichtiger Aspekt bei der Brustkrebsnachsorge. Obwohl in dieser Studie in der multivariaten Analyse keine Assoziation zum Survival gefunden wurde, legen frühere Studien diese nahe. Die Tatsache, dass ein kurzfristiges Follow-Up die Therapieadhärenz steigert, unterstreicht den Stellenwert der klinischen Nachsorge von Brustkrebspatientinnen.

Cornelia Leo

STAR-Trial: Präimplantationsgenetische Testung auf Aneuploidie (PGT-A) – Primum nil nocere!

Während das präimplantationsgenetische Screening (neue Nomenklatur: PGT-SR, PGT-M c.f. Fortpflanzungsmedizin up to date in diesem Heft) auf strukturelle chromosomale Störungen und auf vorbestehende monogenetische Erkrankungen (z.B. zystische Fibrose) unbestritten ist, wird das Testen auf Aneuploidien bei allen IVF/ICSI-Zyklen (PGT-A) sehr kontrovers diskutiert. Deshalb wurden die Ergebnisse des STAR-Trial, einer prospektiven, randomisierten, multizentrischen Studie zur Beurteilung der Vor- und Nachteile des PGT-A mittels Next Generation Sequencing (NGS) zur Embryoselektion bei Auftauzyklen mit grossem Interesse erwartet.

Die Randomisierung erfolgte bei 25- bis 40-jährigen Frauen während einer IVF/ICSI-Behandlung jedoch erst, nachdem nach fünf Tagen Kultur mindestens zwei Blastozysten zur Verfügung standen. In der einen Gruppe wurden die Embryonen biopsiert, sofort kryokonserviert und die biopsierten Trophoblastzellen auf Ploidität mittels NGS untersucht. Nur ein euploider Blastozyst wurde im Auftauzyklus replantiert (single embryo transfer, SET). In der Kontrollgruppe wurden die Blastozysten morphologisch beurteilt, kryokonserviert und im Auftauzyklus der morphologisch „beste“ für den Transfer ausgewählt (ebenfalls SET).

Resultate

Zielkriterium war die „ongoing pregnancy rate“ (OPR) in der 20. Schwangerschaftswoche. Das Durchschnittsalter der Patientinnen war 33,7 +/– 3,6 Jahre.

330 Patientinnen wurden in die PGT-A-Gruppe randomisiert, 333 Patientinnen erhielten nur eine morphologische Beurteilung.

Die OPR (Schwangerschaftsrate in der 20. Woche) war in beiden Gruppen gleich, sowohl bei der Schwangerschaftsrate pro Transfer (50 % versus 46 %) oder wenn man von der Randomisierung an rechnete (intention to treat) 41,8 % versus 43,5 %.

Eine Post-hoc-Analyse der Frauen zwischen 35 und 40 Jahren zeigte eine signifikant höhere Schwangerschaftsrate (51 %) nach PGT-A im Vergleich zu Kon­trollen (37 %). Allerdings nur bei der Berechnung pro Embryotransfer, aber nicht in der ITT-Analyse (zum Zeitpunkt der Randomisierung).

Kommentar

Die Autoren fanden es überraschend, dass trotz hoher Aneuploidierate (ca. 50 %) eine PGT-A weder die Implantationsrate noch die OPR erhöhte, und meinten, dass es möglich sei, dass die Biopsie selbst schädigend sei und dadurch der Benefit einer PGT-A eingeschränkt wurde. Der zweite heiss diskutierte Punkt ist die Beurteilung von Mosaiken − in dieser Studie wiesen 16,8 % aller getesteten Embryonen ein Mosaik auf − und wurden nicht transferiert. Bis heute ist aber nicht geklärt, wie repräsentativ die Diagnose Mosaik durch Analyse von lediglich ca. 3–5 Trophoblastzellen wirklich ist und ob nicht Embryonen mit Mosaik im Trophoblast durchaus eine Entwicklungschance zu einem normalen Embryo haben.

Wir fassen nochmals zusammen: In der PGT-A-Gruppe waren nur 48 % der Embryonen euploid und nur 35 % bei den über 35-Jährigen. Da ist es schon erstaunlich, dass kein Unterschied feststellbar war zwischen den Gruppen (lebende Schwangerschaft bis zur 20. Woche: 50 % bei PGT-A versus 45,7 % bei Kontrollen). Auch bei der Untergruppe (über 35 Jahre) fand man bei der Intention-to-treat-Analyse (pro randomisierte Patientin) ­keinen Unterschied.

Mathematisch gesehen müsste die Implantationsrate bei der PGT-A zwingend höher sein, es sei denn Folgendes:

1.  Diagnostische Irrtümer bei der PGT-A und das Problem der Mosaike (wie repräsentativ sind Mosaike bei 3–5 untersuchten Trophoblastzellen?) führten dazu, dass entwicklungsfähige Embryonen verworfen wurden.

2.  Die Trophoblastbiopsie selbst führte in einigen Fällen dazu, dass der punktierte Embryo iatrogen geschädigt wurde und sich deshalb nicht weiterentwickeln konnte.

Nun könnte man argumentieren, dass bei dieser multizentrischen Studie mit vielen teilnehmenden Zentren (wenige Patientinnen pro Zentrum) vielleicht die nötige Erfahrung (Diagnose, Trophoblastbiopsie) fehlte und „bessere, grössere“ Zentren günstigere Ergebnisse erzielen könnte. Möglich – aber es wäre noch zu beweisen.

Gibt es denn überhaupt einen Vorteil der PGT-A (Stand heute)? Die Kosten sind deutlich höher und der Erfolg erst nicht besser. Nicht wenige Patientinnen haben in dieser Situation gar keinen Transfer (was psychisch belastend ist). Das bisher öfter genannte Argument pro PGT-A, nämlich verkürzte Zeit bis zu einer Schwangerschaft, ist im Hintergrund dieser vorliegenden Zahlen sehr fraglich.

Der zweite Kommentator dieser Studie (Paulson, RJ. Fertil. Steril. 2019; 112:1013–1014) machte folgende einfache Rechnung: Bei der jüngeren Gruppe ist die Implantationsrate etwa 50 %, bei Kontroll- und auch Studiengruppe, und die Aneuploidierate ist ebenfalls etwa 50 %. Das heisst, eine Patientin mit 4 Blastozysten in der Kontrollgruppe kann vier Transfers haben. Bei einer Implantationsrate von 50 % resultiert daraus die Geburt von zwei Kindern. Eine Patientin mit vier Blastozysten in der PGT-A-Gruppe hat ihre vier Embryonen biopsiert und zwei werden wegen Aneuploidie verworfen. Somit kann sie zwei Transfers haben mit einer Post-PGT-A-Implantationsrate von 50 %, was zur Geburt von einem Kind führt.

Welche Auswirkungen diese Ergebnisse auf die Praxis der ART in Ländern (z. B. USA), wo PGT-A bereits häufig durchgeführt wird, haben wird (Zusatzkosten von $ 3000–6000; Fertil. Steril. 2019; 111:1115) bleibt abzuwarten.

Eine Konsequenz dieses STAR-Trials ist, dass wir die Paare darüber informieren müssen, dass PGT-A die Schwangerschaftswahrscheinlichkeit möglicherweise senkt und zusätzliche Kosten verursacht, die die Paare selbst tragen müssen. Es wird sogar geraten, PGT-A bis auf Weiteres nur noch im Rahmen von durch Ethikkommissionen bewilligten Studien anzuwenden (Fertil. Steril. 2019; 112:1047). Allerdings sind auch hier die Bücher noch nicht definitiv geschlossen, bis noch mehr Daten vorliegen.

Auf was können wir in der Zukunft hoffen:

1.  Eine bessere Einschätzung, was Mosaike wirklich bedeuten.

2.  Evtl. nichtinvasive Tests (z. B. durch die Analyse von zellfreier DANN in den Nährmedien im Blastozystenstadium und u. a.).

Michael K. Hohl

Literatur

Munné, S. et al. Fertil. Steril. 2019; 112:1071–78, 1079.e1–e7.

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