Das 41. San Antonio Breast Cancer Symposium (SABCS) fand vom 4. bis 8. Dezember 2018 statt. Beim wichtigsten jährlichen Brustkrebskongress wurden die aktuellsten Daten zu verschiedenen Aspekten des Mammakarzinoms präsentiert. Insgesamt nahmen mehr als 7.000 Teilnehmer aus über 90 Ländern an diesem Kongress teil. Zu den diesjährigen richtungsweisenden Themen gehörten die postneoadjuvante Therapie und die Immuntherapie.
Beeindruckende Daten zur Therapie des adjuvanten Mammakarzinoms wurden im Rahmen der Katherine-Studie [1] vorgestellt. In dieser randomisierten Phase-III-Studie wurden 1486 Patientinnen mit HER2-positivem Mammakarzinom rekrutiert, die nach einer neoadjuvanten Taxan- und Trastuzumab-haltigen Chemo-Antikörpertherapie noch einen Tumorrest hatten. Diese Gruppe von Patientinnen hat gegenüber Patientinnen, die nach neoadjuvanter Therapie eine pathologische Komplettremission erreichen eine schlechtere Prognose hinsichtlich Rezidiv- und Gesamtüberleben. Die Patientinnen mit Tumorrest erhielten entweder Trastuzumab oder das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat Trastuzumab-Emtansin (T-DM1) für 14 Zyklen. Primärer Studienendpunkt war das invasive krankheitsfreie Überleben (iDFS). Nach 3 Jahren zeigte sich für die Patientinnen im T-DM1-Arm ein iDFS von 88.3 %, im Trastuzumab-Arm ein iDFS von 77.0 % (Abb. 1). Dieser Unterschied war hochsignifikant und bedeutete eine Halbierung des Rezidivrisikos (HR 0.50, 95-%-KI: 0,39–0,64;
p < 0,0001). Der Vorteil für T-DM1 war in allen Subgruppen nachweisbar. Für das Gesamtüberleben ist aufgrund der noch kurzen Nachbeobachtungszeit noch keine abschliessende Beurteilung möglich, jedoch zeigte sich bereits ein positiver Trend. Es ist davon auszugehen, dass diese Ergebnisse zu einer Änderung unseres Therapievorgehens bei Patientinnen mit HER2-positivem Mammakarzinom und Tumorrest nach neoadjuvanter Chemotherapie führen werden.
Diese randomisierte Phase-III-Studie untersuchte, ob Frauen mit triple-negativem Mammakarzinom (TNBC) und (neo-)adjuvanter Chemotherapie von einer erweiterten adjuvanten Chemotherapie mit Capecitabine profitieren. Daten aus dem CREATE-X Trial hatten dies nahegelegt [2] und zu einer (+)-Empfehlung in den AGO-Empfehlungen geführt. Nun zeigt die CIBOMA/2004-01_GEICAM/2003-11-Studie, dass Capecitabine nicht zu einer Verbesserung des Outcomes bei Frauen mit frühem TNBC führt, die zuvor eine (neo-) adjuvante Standardchemotherapie sowie operative Therapie hatten. In der heterogenen Gruppe der TNBC fand sich jedoch für den «non-basalen Subtyp» eine signifikante Verbesserung sowohl des krankheitsfreien als auch des Gesamtüberlebens. Damit ist es eine wichtige Botschaft dieser Studie, dass TNBC eine grosse, heterogene Gruppe von Mammakarzinomen sind und auch hier eine personalisierte, auf die Biologie des Tumors zugeschnittene Therapie erfolgen muss. Ein nächster Schritt müsste es nun sein, diese Gruppe der non-basalen TNBC so zu charakterisieren und zu diagnostizieren, dass Patientinnen von einer Therapie mit Capecitabine profitieren könnten.
Ältere Patientinnen sind bei klinischen Studien häufig ausgeschlossen. Nun wurde in einer Analyse der National Cancer Database (NCDB) die Effizienz einer adjuvanten Chemotherapie bei Patientinnen mit Stadium-I-III-Mammakarzinom beurteilt, in der der Gruppe der älteren Patientinnen besonderes Augenmerk geschenkt wurde.
Daten aus den Jahren 2004–2015 aus dem Nationalen Krebsregister der USA wurden ausgewertet und es konnten 160.676 Patientinnen mit einem Alter von > 65 Jahren identifiziert werden. 21.743 Frauen waren sogar älter als 80 Jahre. Insgesamt erhielten bei den älteren Patientinnen 60 % eine Chemotherapie, währenddessen bei 40 % darauf verzichtet wurde. In den Analysen zum Gesamtüberleben nach 5 und 10 Jahren zeigte sich, dass ältere Patientinnen eher eine adjuvante Chemotherapie erhielten, wenn sie jünger als 80 Jahre waren. In allen Subgruppen – unabhängig von Alter, Hormonrezeptorstatus, HER2-Status oder Stadium – konnte ein Überlebensvorteil der Patientinnen mit adjuvanter Chemotherapie festgestellt werden. Patientinnen mit hormonrezeptor-negativem Mammakarzinom hatten eine HR von 0,55. Je höher das Stadium, desto grösser war der Benefit einer adjuvanten Chemotherapie (Stadium I: HR = 0,80; II: HR = 0,61; III: HR = 0,67).
Diese Analyse zeigt klar, dass auch ältere Patientinnen von einer Chemotherapie profitieren können. Eine Berücksichtigung der Co-Morbiditäten und individuelle Diskussion von Benefit vs. Risiko mit der einzelnen Patientin ist unabdingbar.
Die Early Breast Cancer Trialist Cooperative Group (EBCTCG) hat eine Metaanalyse zur Frage der erweiterten endokrinen Therapie mit einem Aromataseinhibitor (AI) bei Frauen mit hormonrezeptor-positivem Mammakarzinom durchgeführt. Es flossen die Daten von mehr als 22.000 postmenopausalen Frauen aus 12 Studien in die Metaanalyse ein.
Verschiedene Settings fanden Berücksichtigung: (1)
5 Jahre Tamoxifen gefolgt von 5 Jahren AI, (2) 5 Jahre Tamoxifen und AI im Switch gefolgt von 5 Jahren AI und (3) 5 Jahre AI gefolgt von 5 Jahren AI. Gesamthaft wurde die endokrine Therapie für 10 Jahre durchgeführt.
Es zeigte sich in allen Settings eine Reduktion der Rezidivrate durch die verlängerte Therapie. Dieser Effekt war bei Frauen ausgeprägter, die zunächst 5 Jahre Tamoxifen erhielten (35 % Risikoreduktion). Ein Effekt auf das Gesamtüberleben zeigte sich für keine Gruppe.
Das Nebenwirkungsprofil, insbesondere hinsichtlich Frakturrisiko und Gelenkbeschwerden – mit daraus folgender Verschlechterung der Lebensqualität – war bei der verlängerten Therapie ungünstiger.
Bei den nodal-positiven Patientinnen war der Effekt der erweiterten endokrinen Therapie deutlicher ausgeprägt (absolute Risikoreduktion von 7.7 %) als bei den nodal-negativen (absolute Risikoreduktion von 1.1 %).
Damit zeigte die Metaanalyse einen Benefit für die erweiterte endokrine Therapie, die jedoch in verschiedenen Subgruppen verschieden stark ausgeprägt war. Bei High-Risk-Situationen insbesondere bei nodal-positiven Karzinomen sollte dies mit den Patientinnen besprochen werden. Allerdings sollte eine sorgfältige Abwägung zwischen zu erwartetem Nutzen und allenfalls lebensqualitäts-einschränkenden Nebenwirkungen individuell erfolgen.
De Censi präsentierte eine Phase-III placebokontrollierte Studie, die an 14 italienischen Zentren durchgeführt wurde. Insgesamt wurden 500 Patientinnen mit atypischer duktaler Hyperplasie (ADH), duktalem Carcinoma in situ (DCIS) oder lobulärer Neoplasie (LN) eingeschlossen. Sie erhielten nach operativer Therapie und ggf. Radiotherapie entweder 5mg Tamoxifen oder Placebo für 3 Jahre.
Im 5-Jahres Follow-Up zeigte sich, dass das Rezidivrisiko im 5 mg Tamoxifen-Arm halbiert wurde: 14 /253 (5.5 %) Patientinnen im low-dose Tamoxifen-Arm und 28 /247 (11.3 %) Patientinnen im Placebo-Arm hatten ein Rezidiv oder Zweitkarzinom. Dabei hatten die Patientinnen im 5mg-Tamoxifenarm praktisch keine klimakterischen Beschwerden (Hitzewallungen, vaginale Trockenheit oder Dyspareunie), die ja häufig für die schlechte Compliance der endokrinen Therapie verantwortlich sind.
Dies ist ein vielversprechender Ansatz und es wäre wünschenswert, dass die Dosis-Deeskalation der endokrinen Therapie weiter untersucht wird. Low dose Tamoxifen könnte dann als Option im Rahmen der Prävention nach präinvasiven Brusterkrankungen in Erwägung gezogen werden.
Die Autoren um Kim et al. untersuchten 315 Patientinnen im Alter von bis zu 40 Jahren, die eine neoadjuvante Chemotherapie bei unilateralem Brustkrebs im Stadium I-III erhielten. Die Ergebnisse zeigen, dass durch die Chemotherapie der Anteil an Patientinnen, die für eine brusterhaltende Operation in Frage kamen, verdoppelt wurde. Trotzdem entschieden sich 41 % der Frauen für eine Mastektomie. Selbst bei den Patientinnen mit klinischer Komplettremission lag der Anteil der Frauen, die sich für eine Mastektomie entschieden, bei 42 %. Der Hauptgrund für diese Entscheidung wurde mit persönlicher Präferenz angegeben ohne Vorhandensein bekannter Hochrisiko-Konstellationen (53 % der Fälle). Bei 40 % lag eine BRCA- oder p53-Mutation oder eine hochpositive Familienanamnese vor.
In derselben Kohorte wurde von Dominici et al. eine weitere Studie zur Lebensqualität durchgeführt. Bei 52 % der Patientinnen wurde eine bilaterale Mastektomie durchgeführt, bei 20 % eine unilaterale Mastektomie und bei 28 % eine Brust-erhaltende Therapie (BET). In der Gruppe der Mastektomien erhielten 69 % eine implantat-basierte und 12 % eine autologe Rekonstruktion. 11 % entschieden sich gegen einen Wiederaufbau. Während sich das körperliche Wohlbefinden nicht signifikant unterschied, erlebten die Patientinnen in der Mastektomiegruppe (uni- und bilateral) die Zufriedenheit mit den Brüsten, ihr psychisches und ihr sexuelles Wohlbefinden signifikant schlechter. Damit war die Lebensqualität bei jungen Brustkrebspatientinnen nach einer Mastektomie signifikant schlechter als bei Patientinnen nach BET.
Bereits auf dem ASCO 2018 wurden die Daten der TAILORx-Studie vorgestellt, die zeigten, dass die Gruppe mit einem Recurrence Score (RS) von 11–25 keinen Benefit von einer adjuvanten Chemotherapie hatte [3]. Auf dem SABCS wurden nun Daten zur Lebensqualität vorgestellt. Die Patient-reported Outcomes (PROs) quantifizierten zu verschiedenen Zeitpunkten Symptome wie Fatigue, endokrine Symptome, kognitive Beeinträchtigung sowie die Angst vor einer Wiedererkrankung und die gesundheitsbezogene Lebensqualität aus der Sicht der Patientin. Alle Patientinnen gaben eine deutliche Beeinträchtigung an allen abgefragten Zeitpunkten an im Vergleich zum Beginn der Behandlung. Während zum 3-Monatszeitpunkt das Ausmass der Beeinträchtigung bei den Patientinnen mit chemoendokriner Therapie deutlich höher war, waren die Werte nach 12 Monaten in beiden Armen (chemoendokrin und endokrin) vergleichbar.
Diese Analyse zeigt, dass die Lebensqualität durch eine Chemotherapie akut deutlich stärker beeinträchtigt wird, als durch eine alleinige endokrine Therapie. Allerdings wird auch gezeigt, dass die endokrine Therapie die Lebensqualität verschlechtern kann.
Des Weiteren wurden auf dem SABCS neue Langzeitdaten vorgestellt, die bestätigen, dass der Oncotype DX Breast Recurrence Score® Test einen großen Nutzen haben kann, wenn es darum geht, für Brustkrebspatientinnen die richtige Therapie zu finden. In einer Kohortenstudie wurden Daten aus der klinischen Praxis von mehr als 80 000 Patientinnen mit frühem, hormonrezeptor-positivem, HER2-negativem Brustkrebs analysiert. Bei nodal-negativen Patientinnen konnte der Oncotype DX den Nutzen einer Chemotherapie vorhersagen (p = 0.009). Patientinnen mit einem RS unter 26 profitierten nicht von einer adjuvanten Chemotherapie. Diese Studie beruht auf Daten des Registers Surveillance, Epidemiology, and End Results (SEER) des National Cancer Institute (NCI).
Das brustkrebsspezifische Überleben bei Patientinnen mit nodal-negativem Befund und einem Recurrence Score unter 26, die nicht mit einer Chemotherapie behandelt wurden, lag nach neun Jahren bei mehr als 96 Prozent. Diese Daten aus der klinischen Praxis stimmen mit den Ergebnissen der TAILORx-Studie überein. Einmal mehr zeigen sie, wie der Einsatz genomischer Tests helfen kann, individuelle Therapieentscheidungen zu treffen und eine Deeskalation der Therapie herbeizuführen ohne die onkologische Sicherheit zu gefährden.
Bereits auf dem ESMO 2018 wurden die ersten Ergebnisse der IMpassion-130-Studie vorgestellt. Auf dem SABCS wurden weitere Daten präsentiert. In der IMpassion-130 erhielten Patientinnen mit metastasiertem, triple-negativem Mammakarzinom in der Erstlinientherapie den anti-PD-L1 Checkpointinhibitor Atezolizumab in Kombination mit nabPaclitaxel oder Placebo mit nab-Paclitaxel [4]. Der primäre Endpunkt des progressionsfreien Überlebens (PFS) wurde erfüllt (7,2 versus 5,5 Monaten in der Intentionto-treat(ITT)-Population und mit 7,5 versus 5,0 Monaten in der PD-L1-IC-positiven Gruppe (HR = 0,62; p < 0,001).
Die auf dem SABCS präsentierten Daten zeigen, dass die PD-L1-Positivität (> 1 % auf Immunzellen) ein robuster prädiktiver Marker für die Effektivität einer Therapie mit Atezolizumab war. Die PD-L1-Expression auf den Tumorzellen hatte keinen zusätzlichen informativen Wert.
Insgesamt wurden auf dem SABCS 2018 wieder interessante und wegweisende Studien vorgestellt. Einige, wie die postneoadjuvante Therapie mit T-DM1 beim HER2-positiven Mammakarzinom oder die Erstlinientherapie mit Atezolizumab beim triple-negativen Mammakarzinom haben das Potential, in naher Zukunft einen neuen Standard zu generieren.
Auch wurde wieder deutlich, wie heterogen das Mammakarzinom ist und wie essentiell es ist, die Subgruppen biologisch noch besser zu verstehen, um dann entsprechende personalisierte Therapien einsetzen zu können.
Literatur