Antibiotika mindern Wirkung von Ovulationshemmern/Einfluss des COVID-19-Lockdowns auf die Krebsmortalität/Stillen während der Schwangerschaft erhöht Fehlgeburtsrisiko/Mütterliches Rauchen und Frakturrisiko der Kinder/Chirurgie des Descensus genitalis verbessert Lebensqualität/Beckenbodenrehabilitation bei inkontinenten Primipa-rae/Langes Stillen fördert Kariesbildung/Lokalanaestetikum reduziert Schmerzen bei ambulanter Hysteroskopie/Hypermenorrhoe: Endomet-riumablation wirksamer als Levonorgestrel-IUD/Bilateraler Lymphkno-tenbefall verschlechtert Prognose beim Vulva-Ca
Basierend auf einer grossen Datenbank aus Grossbritannien wurden drei Gruppen verglichen: Patientinnen, die Antibiotika einnahmen (N = 74 623) (z. B.: Amoxicillin, Ampicillin, Cefalexin, Ciprofloxacin, Erythromycin, Metronidazol, Nitrofurantoin, Oxytetracyclin, Trimethoprim); enzyminduzierende Medikamente (z. B.: Carbamazine, Griseofulvin, Phenobarbital, Phenytoin, Prifabutin, Rifampicin, Topiramat) und solche mit Kontrollmedikamenten (N = 65 578).
Im Vergleich zu den Kontrollen waren unerwünschte Schwangerschaften unter Antibiotika 7× häufiger (p <0,0001), bei den positiven Kontrollen (enzyminduzierende Medikamente) 13× (p <0,00001).
Sogenannte Kontrollereignisse wie Arrhythmien und Kopfschmerzen waren in allen Gruppen gleich häufig. Kongenitale Anomalien waren 7× häufiger mit Enzyminduktoren, nicht aber unter Antibiotika (Aronson JK, Ferner RE., BMJ; doi:10.1136/bmj ebm-2020-111 363).
Kommentar
Dass enzyminduzierende
Medikamente die Wirksamkeit von Ovulationshemmern beeinträchtigen können, ist
bekannt. Bisher galt aber die Empfehlung, dass Antibiotika und Ovulationshemmer
kein diesbezügliches Problem hätten. Allerdings basiert diese Empfehlung auf sehr
kleinen Studien.
Diese neuen Daten weisen
nun darauf hin, dass Antibiotika tatsächlich die Wirksamkeit von OH
beeinträchtigen können, z. B. durch Beeinflussung der Östrogenaufnahme im
Gastrointestinaltrakt (Änderung des Darmmikobioms durch die Antibiotika).
Die Autoren empfehlen,
dass sich Frauen mit OH während einer Antibiotikatherapie und eine Woche
darüber hinaus zusätzlich schützen sollten (z. B. mit Kondomen). Die Erkenntnis
aus dieser Studie ist von erheblicher praktischer Bedeutung und in der gynäkologischen
Praxis sollten wir auf diesen Zusammenhang hinweisen.
m.k.h.
Eine Studiengruppe aus Grossbritannien erarbeitete ein statistisches Modell aus dem NHS-Krebsregister und Aufnahmeregistern von Kliniken. Die untersuchten Entitäten umfassten das Mammakarzinom, das kolorektale Karzinom, das Bronchialkarzinom und das Ösophaguskarzinom. Die Verzögerungen von Diagnose und Therapie wurde je nach potenzieller Zuweisungsart (aus Routine-Screening, über Notfallaufnahme etc.) kalkuliert und der Einfluss auf die Prognose nach 1, 3 und 5 Jahren nach Diagnose berechnet. Je nach Szenario wird eine Erhöhung der Sterblichkeit an Brustkrebs von 7.9 bis 9.6 %, an kolorektalem Karzinom von 15.3 bis 16.6 %, an Bronchialkarzinom von 4.8 bis 5.3 % sowie am Ösophaguskarzinom von 5.8 bis 6.0 % nach 5 Jahren geschätzt. An den Zahlen für Mamma- und kolorektale Karzinome wird deutlich, dass insbesondere bei den durch Früherkennungsprogramme entdeckte Tumorentitäten der erwartete negative Effekt besonders ausgeprägt ist (Maringe C et al., Lancet Oncology 2020; 21,8:1023–34).
m.h.
In dieser grossen Metaanalyse, welche den Einfluss von Stillen während der Schwangerschaft untersucht hat, konnte gezeigt werden, dass das Risiko für eine Fehlgeburt demjenigen von Frauen >40 Jahre entspricht. Etwa 6 % der Frauen werden schwanger während der Laktationsphase. 0.4 % dieser Frauen stillen ausschliesslich. Speziell im letzteren Kollektiv scheint das Risiko eines Abortes deutlicher erhöht zu sein (Molitoris J et al., Perspect Sex Reprod Health 2019; 51:153–63).
Kommentar
Was mich bei der Lektüre dieser, aber auch anderer Arbeiten zum Stillen und zur Schwangerschaft überrascht hat, war, dass das Stillen während der Schwangerschaft neben dem Abortrisiko nicht unbedingt mit anderen Komplikationen wie Frühgeburtlichkeit oder Plazentainsuffizienz assoziiert war.
l.r.
Eine Datenanalyse von knapp 3 000 000 Kindern, die im schwedischen Geburtenregister prospektiv erfasst wurden, hat das Frakturrisiko von Kindern, deren Mütter in der Schwangerschaft rauchen und von Müttern, die während der Schwangerschaft nicht rauchen, analysiert.
Die Resultate waren sehr interessant: Im ersten Lebensjahr und im Alter von fünf bis 32 Jahren hat der Nachwuchs der Raucherinnen ein erhöhtes Frakturrisiko, im Alter von einem bis vier und nach 32 Jahren hat das Rauchen auf den Nachwuchs keinen signifikanten Einfluss.
Eine – wie immer bei aus dem schwedischen Register stammenden Studien! – informative Studie, die den Rauchstopp in und vor der Schwangerschaft einmal wieder unterstützt.
Das schwedische Register erleichtert eine so grosse Datenanalyse von qualitativ hochwertigen Daten mit grossen Zahlen und kann nur immer wieder lobenswert erwähnt werden (Brand J et al., BMJ 2020; 368: l7057).
a.k.
Mehr als 255 Patientinnen wurden nach operativer Korrektur eines Descensus nach sechs Monaten sowie nach zwei Jahren standardisiert hinsichtlich ihrer Lebensqualität befragt. Bei ca. 70 % konnte auch nach zwei Jahren eine signifikante Verbesserung der Lebensqualität verzeichnet werden, 85 % waren langfristig zufrieden mit dem erreichten Ergebnis. Vor allem die Korrektur eines apikalen Prolapses war mit einer guten und konsistenten Verbesserung vergesellschaftet, fortgesetzter Nikotinabusus war dagegen ein negativer prädiktiver Faktor (Mattsson NK et al., AJOG 2019; 222,6:588).
m.h.
Diese hochqualitative Studie aus Island hat in einem aufwendigen Setting gezeigt, was wir schon lange vermuten: Postpartal inkontinente Primiparae wurde in eine Interventionsgruppe mit 12 konsekutiven Physio-Session und eine Kontrollgruppe ohne Therapie randomisiert. Als Endpunkt wurden die Urininkontinenz und der Störwert selbiger definiert, erfasst wurde darüber hinaus aber auch noch die Stuhlinkontinenz.
Nach 12 Monaten war Urininkontinenz immer noch bei 57 % der Interventionsgruppe und bei 82 % der Kontrollgruppe ein Problem. Die Stuhlinkontinenz wurde nicht positiv beeinflusst.
Diese sorgfältig durchgeführte Studie untermauert die Verschreibung postpartaler Physiotherapie insbesondere bei Patientinnen, die Beckenbodenprobleme haben, der Langzeiteffekt ist nicht determiniert. Ein ungelöstes Problem bleibt immer noch das Training der Reflexreaktivität, die in dieser Studie nicht untersucht wurde (Am J Obstet Gynecol 2020; 222:247).
a.k.
Es gibt keine bessere Ernährung für die Säuglinge als die Muttermilch. Da gibt es keine Zweifel. Mindestens sechs Monate wird empfohlen. Auch hier zeigt sich aber, dass mehr nicht unbedingt besser bedeutet. In dieser brasilianischen Population lag die Inzidenz von schwerem Kariesbefall im Alter von fünf Jahren bei 23.9 %! Kinder, welche über 12 Monate gestillt worden waren, hatten ein 2.4-fach höheres Risiko verglichen mit denjenigen, welche <12 Monate gestillt wurden. Ob dies ein Problem nur der Brasilianer ist, geht aus dem Artikel nicht hervor. Jedenfalls hatten die Autoren auch nach Zuckerkonsum kontrolliert! Es ist mir nicht bewusst, ob es in der Schweiz ebenfalls Zahlen dazu gibt (Peres KG et al., Pediatrics 2017; 140:e20162943).
l.r.
In einer randomisierten Studie konnte nachgewiesen werden, dass der Zusatz von einem Lokalanästhetikum (10 ml Lidocain 2 % in 1000 ml Kochsalzlösung) bei einer „Office Hysteroskopie“ zu einer signifikanten Schmerzreduktion führt. 100 Patientinnen wurden präoperativ blind in zwei Gruppen randomisiert: 50 Patientinnen wurden der Interventionsgruppe (mit Lokalanästhetikum) und 50 in die Kontrollgruppe zugeteilt. Ein signifikanter Schmerz-Unterschied (gemessen mittels Visual Analogue Scale [VAS]) konnte in der Interventionsgruppe nachgewiesen werden. In der Interventionsgruppe betrug der durchschnittliche Anstieg des VAS-Wertes 1,9; verglichen mit einem VAS-Anstieg von 2,9 in der Kontrollgruppe (P = 0,033). In der Interventionsgruppe konnte auch ein nicht signifikanter Trend zu kürzerer Hysteroskopie-Dauer im Vergleich zur Kontrollgruppe (180,1 vs. 222,1 Sekunden, P = 0,08) festgestellt werden. Die Patientinnenzufriedenheit war in beiden Fällen hoch. Nebenwirkungen konnten keine festgestellt werden (Barel O et al., JMIG 2020; doi.org/10.1016/j.jmig.2020.08.003).
m.d.m.
In einer multizentrischen randomisierten Studie konnte gezeigt werden, dass bei Frauen mit starken Menstruationsblutungen sowohl die Einlage einer levonorgestrel-haltigen Spirale wie die Endometriumablation zu einer starken Abnahme des Menstruationsblutverlusts führen, die Endometriumablation jedoch effektiver ist. Die Patientenzufriedenheit, Lebensqualität und sexuelle Funktionen waren zwischen beiden Strategien vergleichbar. Frauen, die mit dem intrauterinen Levonorgestrel-System behandelt wurden, hatten jedoch ein erhöhtes Risiko, eine weitere Intervention zu erhalten, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen. Die Ergebnisse erlauben in Zukunft eine gezielte Information über den direkten Vergleich beider Methoden, sodass die Patientin eine fundierte Entscheidung treffen kann (Beelen P et al., Am J Obstet Gynecol 2020; doi.org/10.1016/j.ajog.2020.08.016).
Kommentar
Nach einer Endometriumablation ist eine sichere Verhütung zwingend notwendig. Deshalb ist es sinnvoll, diesen Frauen auch postoperativ eine levonorgestrel-haltige Spirale zu empfehlen, was die Amenorrhoerate deutlich erhöht.
m.d.m.
In einer retrospektiven Studie konnte gezeigt werden, dass Vulvakarzinom-Patientinnen mit positiven Lymphknoten im Bereich beider Inguinae im Vergleich zu Patientinnen mit einseitiger Lymphknotenbeteiligung eine schlechtere Prognose haben. In ähnlicher Weise haben Patientinnen mit einer einseitigen Lymphknotenbeteiligung eine schlechtere Prognose als Patientinnen mit bilateralem Nachweis von negativen Lymphknoten. Ausserdem sind Tumorgröße und Lymphknotenstatus unabhängige Faktoren, welche die Rezidivrate und das Gesamtüberleben bei Patientinnen mit Vulvakarzinome vorhersagen (Papadia A et al, J Cancer Res Clin Oncol 2020; doi.org/10.1007/s00432-020-03196-9).
m.d.m.