Moderne Genitalatrophiebehandlung

Die Menopause und die begleitende ovarielle Funktionsabnahme können vielfältige Veränderun-gen, die praktisch jedes Organ des Körpers betreffen, beinhalten. Während Hitzewallungen und nächtliches Schwitzen in der westlichen Welt allgemein als die häufigsten Symptome angesehen werden, können in anderen geografischen Bereichen andere Beschwerden mehr im Vordergrund stehen. Unterschiede zwischen der westlichen Welt und dem Fernen Osten bestehen.

Der Urogenitaltrakt kann auf das Östrogendefizit besonders empfindlich reagieren. Schätzungsweise die Hälfte von allen postmenopausalen Frauen wird Symp­tome erleiden, die mit der urogenitalen Atrophie in Beziehung stehen und die das Sexualleben und die Lebensqualität beeinträchtigen: Rezidivierende Harnwegsinfekte, Dyspareunie, Inkontinenz und vaginale Trockenheit können die Folge sein. Insbesondere rezidivierende Harnwegsinfektionen können die Lebensqualität der Patientinnen erheblich beeinträchtigen.

Die vaginale Atrophie wird klinisch meistens vier bis fünf Jahre nach der Menopause manifest. Objektive Veränderungen und subjektive Beschwerden sind bei 25–50 % aller postmenopausalen Frauen vorhanden.

Wichtig ist, dass eine lokale vaginale Atrophie auch bei systemisch substituierten Frauen auftreten kann.

Die Serum-Östradiolspiegel liegen bei der prä­menopausalen Frau zwischen 147 und 1468 pmol/l (40–400 pg/ml) und fallen nach der Menopause auf < 73 pmol/l (20 pg/ml) ab. Diese Verminderung der zirkulierenden Östrogene spiegelt sich in der vaginalen Physiologie und Symptomatik. Die Vagina ist ein einfach zugänglicher und empfindlicher biologischer Indikator für die abnehmenden und tiefen zirkulierenden Östrogenspiegel bei der postmenopausalen Frau. Der Verlust der ovariellen Östrogenproduktion ist mit einer Vaginalatrophie assoziiert, die progressiv verläuft.

Der Verlust der vaginalen Schleimhautfalten (Rugae) und das Dünnerwerden des Epithels werden zwei bis drei Jahre nach der Menopause bemerkt. Der Beginn dieser körperlichen Befunde ist variabel. Der Verlust der Fältelung ist durch ein Auseinanderbrechen der kollagenen Stützfasern des Vaginalepithels bedingt. Bei älter werdenden Frauen ohne Hormontherapie ist der Kollagenstoffwechsel beschleunigt.

Scheidentrockenheit tritt bereits in der frühen Post­menopause auf und ist am sichtbarsten bei sexuell aktiven Frauen, bei denen Geschlechtsverkehr mit Schmerzen oder Dyspareunie verbunden ist. Post­menopausale Frauen haben ein totales geschätztes Volumen an Vaginalsekret von 0,0825/Sammlung von 15 Min., verglichen mit 0,214 g bei fertilen Frauen. Bei postmenopausalen Frauen scheint die Mehrheit der vaginalen Flüssigkeit vom Scheidenepithel sezerniert zu werden.

Die weibliche Urethra und die Harnblase sind em­bryo­logisch mit der sich entwickelnden Vaginal­anlage verwandt. Die Urethra besitzt eine hohe Dichte von Östrogenrezeptoren, da sie sich von derselben embryologischen Struktur ableitet wie die distale Vagina. Postmenopausal kommt es zu einer Atrophie der Urethra mit einer relativen Zunahme von urethralen epithelialen Übergangszellen und einer entsprechenden Abnahme von intermediären und superfiziellen squamösen Zellen.

Für die moderne Therapie der vulvogainalen Atrophie kommen prinzipiell zwei Methoden in Frage:

1.  Die (klassische) lokale Östrogenisierung und – in letzter Zeit zunehmend gefragt –

2.  die lokale Lasertherapie

Die lokale Östrogenisierung

Nochmals: Auch bei systemisch substituierten Frauen kann eine lokale Östrogenisierung wegen symptomatischer Atrophie notwendig sein.

Lokal-vaginale Estrogene können als Tabletten, Vaginalzäpfchen/Ovula, Crèmes oder als Vaginalring verabreicht werden.

Ein Cochrane-Review von 2016 fand für die verschiedenen vaginalen Estrogen-Präparate keine unterschiedliche Wirksamkeit.

In der Schweiz sind nur Vaginalpräparate mit Estradiol und dem systemisch schwach wirksamen Estriol verfügbar. Hier wird nur auf Estradiol eingegangen.

Zur lokalen Behandlung eines leichten bis mittelschweren GMS werden im Vergleich zur systemischen Therapie deutlich kleinere Dosierungen benötigt. Die dabei erreichten Steady-State-Plasmaspiegel bleiben für Vaginalringe (Freisetzung von 7,5 μg Estradiol/24 h) und Estradioltabletten (25 μg und 10 μg) alle im normalen postmenopausalen Bereich und sind damit tiefer als die bei einer transdermalen systemischen Therapie erreichten Serumspiegel.

Die allfällige Notwendigkeit einer gleichzeitigen Gestagengabe bei Frauen unter niedrig-dosierten vaginalen Estrogenpräparaten wurde im Cochrane-Review von 2016, in der Women’s Health Initiative (WHI) Observational Study (medianer Follow-Up 7,2 Jahre) und in zwei Reviews von 2019 und 2020 analysiert. Danach erhöht sich weder das Risiko für eine Veränderung der Endometriumhöhe noch dasjenige für Hyperplasien oder Endometriumkarzinome. Die Schlussfolgerung, dass bei niedrigdosierter vaginaler Estrogentherapie keine Notwendigkeit für die gleichzeitige Gabe eines Gestagens zum Endometriumschutz besteht, ist auch in den Empfehlungen der IMS (International Menopause Society), der SGGG und der NAMS (North American Menopause Society) fest­gelegt und wird in den Beipackzetteln beschrieben.

Wie die transdermale besitzt auch die vaginale Estradiol-Gabe keinen hepatischen First-Pass-Effekt. ­Deshalb und wegen der normalpostmenopausalen Estra­diolspiegel unter Therapie ist es bei der niedrig-dosierten vaginalen Estradiolgabe nicht zu erwarten, dass es zu einer Risikoerhöhung von kardiovaskulären Erkrankungen, Schlaganfällen, thrombo-embolischen Ereignissen, gynäkologischen Karzinomen inkl. Mamma-Ca oder von Demenz kommt. Die übrigen Risiken waren nicht erhöht. Damit ist die in den meisten Beipackzetteln immer noch behauptete Risiko­zunahme für die in der WHI-Studie untersuchten Erkrankungen formell widerlegt. Diese Fehlinformation zu den Risiken sollte dringend entfernt werden.

Bei Patientinnen mit undiagnostizierten vaginalen Blutungen und solchen mit bekanntem oder vermutetem Endometriumkarzinom ist eine vaginale Östrogengabe kontraindiziert. Bei unklarer vaginaler Blutung unter Estrogen-Therapie muss eine endometriale Pathologie ausgeschlossen werden.

Seit kurzem sind in der Schweiz ultraniedrigdosierte Estriol-Ovula (Kadefemin®) erhältlich, die zum einen nicht gekühlt aufbewahrt werden müssen und zum anderen in Studien nachgewiesen keine Erhöhung des Serumöstriols mit sich bringen, was eine sehr attraktive Art der Substitution für Patientinnen, die nur niedrig dosierte Östrogene nehmen wollen, bei guter Wirksamkeit und Verträglichkeit bedeutet.

Die Lasertherapie

Lasertherapie ist insbesondere für Frauen, bei denen Östrogene kontraindiziert sind, eine wirksame und einfache, aber kostenintensivere Variante.

Insbesondere bei Frauen mit induzierter Menopause, zum Beispiel nach Ovarienentfernung und bei durchgeführter Chemo- und/oder Hormontherapie bei Mammakarzinom, interessant, bei denen eine herkömmliche systemische Hormonsubstitution kontraindiziert ist. Mehrere Studien haben die Wirksamkeit der Lasertherapie bei vulvovaginaler Atrophie auch randomisiert bewiesen, es gibt keine Sicherheitsbedenken.

In der Regel werden drei Lasersitzungen im Abstand von etwa vier bis sechs Wochen empfohlen, die Sitzungen können ambulant durchgeführt werden und zeigen gute Resultate. Ein Wermutstropfen sind aktuell die Kosten, die von den Versicherern nicht übernommen werden und an den meisten Orten als Selbstzahlerleistung abgerechnet werden müssen.

Zur Verfügung stehen der Neodym YAG Laser und der CO2 Laser, bei denen die gängigen Apparate ähnlich benutzerfreundlich und praktisch sind. Der Neodym YAG Laser hat eine minimale Eindringtiefe, ist ein sehr robustes Gerät und kann für vielfältige Indikationen auch im Bereich der kosmetischen Indikationen eingesetzt werden. Wir führen die Anwendungen mit einer lokalanästhetischen Salbe durch, die vor Behandlung durch die Patientin aufgetragen wird und ca. 20 Minuten einwirken sollte.

Für andere Indikationen (OAB, Belastungsinkontinenz, Senkungen, Lichen) die vulvovaginale Atrophie muss der Wirksamkeitsnachweis des Lasers noch erbracht werden; für diese Indikationen sollten Patientinnen aus Sicherheitsgründen nur im Rahmen von Studien angeboten werden.

In einer der nächsten Ausgaben werden wir auf die Lasertherapie im Detail unter dem Aspekt der verschiedensten Indikationen und im Sinne einer Metaanalyse eingehen.

Literatur  

Bei den Autoren erhältlich

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