Ja, einige von euch haben es sofort erraten. Darunter Dr. med. Vincent Uerlings, welcher auch von einem Tripel-Ödem spricht. Diese Bezeichnung kenne ich nicht und ich weiss auch nicht, ob das tatsächlich beim Mirror-Syndrom verwendet wird. Aber vielleicht kann uns unser Kollege einen Tipp geben, von wo er das hat.
Der Name Mirror-Syndrom bezieht sich auf die Vergleichbarkeit zwischen den mütterlichen Ödemen und dem fetalen Hydrops. Die Erstbeschreibung erfolgte 1892 durch John William Ballantyne. Das Mirror-Syndrom ist selten mit einer wahrscheinlich erheblichen Dunkelziffer. In der Literatur wird von weniger als 100 Fällen weltweit berichtet [1].
Dieses Syndrom ist mit immunologischen und nicht-immunologischen fetalen Hydrops-Ursachen assoziiert [2, 3].
Die Pathogenese und die Pathophysiologie des Mirror-Syndroms sind derzeit unklar. In einer Review der aktuellen Literatur wurde die Diagnose mehrheitlich zwischen der 23. und 29. SSW gestellt [1]. Die Symptome der Mutter sind Ödeme, arterielle Hypertonie, Proteinurie. Die Ödeme betreffen überwiegend die untere Körperhälfte der Mutter und die Gewichtszunahme kann beängstigend schnell voranschreiten. Beim Fetus findet man einen massiven Hydrops (Abb. 1, postpartal) und gegebenenfalls ein Polyhydramnion. Sonographisch zeigt sich häufig eine Plazentomegalie.
Die Komplikationen können schwerwiegend sein. Ein Lungen- oder Hirnödem können zu einer akuten Ateminsuffizienz führen [1]. Laborchemisch sind Zeichen der Hämodilution mit milder Anämie vorhanden, zudem Hypoalbuminämie, Hyperurikämie und erhöhte Beta-HCG-Werte. Aufgrund des Krankheitsbildes kann das Syndrom mit einer Präeklampsie verwechselt werden, wobei bei Präeklampsie eher eine Hämokonzentration vorhanden ist. Beim Mirror-Syndrom sind zudem Thrombozyten und Transaminasen meistens normal. Weitere Ähnlichkeiten zu dem Bild der Präeklampsie können auch in der Pathogenese vermutet werden, indem das erhöhte Angiogeneseprofil des Mirror-Syndroms dem der Präeklampsie ähnelt und sich ebenfalls nach der Entbindung erholt [4]. Auch in unserem Fall war die sFlt-1/PlGF-Ratio mit 230 pathologisch! Der Fetus könnte ebenso eine wichtige Rolle in der Pathogenese des Syndroms spielen [3, 4]. Durch den fetalen Hydrops, letztendlich eine Manifestation einer fetalen Herzinsuffizienz, kommt es zu einem Ödem der Chorionzotten [6] (Abb. 2).
Die Zunahme des Wassergehaltes der Plazenta verursacht eine Kompression der Plazentargefässe und Abnahme des Sauerstoff-Transportes. Diese throphoblastäre Hypoxämie ist ein Stimulus für die Zunahme der Produktion einiger Faktoren (z. B. sFlt-1), welche die mütterliche Reaktion − über eine generalisierte endotheliale Schädigung – triggert [2, 3, 7, 8].
Apropos, das Kind hatte auch ein CPAM (congenital pulmonary airway malformation), welches in der Bildserie B der FHA 2/2020 gesehen werden kann. Der Tumor nahm beinahe den ganzen rechten Lungenflügel ein. Wem ist das aufgefallen?
Literatur
1. Braun
T et al., Fetal Diagn Ther 2010; 27:191–203.
2. Carbillon
L et al., Obstet Gynecol Surv 1997; 52: 310–4.
3. Hirata
G et al., J Matern Fetal Neonatal Med 2016; 29: 2630–4.
4. Llurba
E et al., Ultrasound Obstet Gynecol 2012; 40: 367–9.
5. Kobayashi
Y et al., Pathol Int 2015; 65:443–5
6. Huhta
JC., Pediatr Cardiol 2004; 25: 274–86.
7. Espinoza
J et al., J Matern Fetal Neonatal Med 2006; 19: 607–13.
8. Prefumo
F et al., Prenat Diagn 2010; 30: 378–9.