OP-Art bei Eierstockkrebs entscheidend für Prognose / Verzicht auf OP nach erfolgreicher NST bei Brustkrebs? / Neurologische Entwicklungsstörung bei Steroidexposition? – Timing entscheidend / Harnwegsinfekt: Aussagekraft niedriger Keimzahlen / Protektive Effekte der Adenomyose bei Endometriumkarzinom / Digitale Demenz / Endometriose-assoziierte Fatigue: Physiotherapie hilfreich? / Definition bzw. die Detektion eines zu kleinen Feten (SGA, FGR) / Vaginales Virom: Bedeutung für Gesundheit und Keime/Abklärung einer postmenopausalen Blutung: Ultraschall vs. Biopsie
Eine aktuelle Studie aus Frankreich
untersuchte die Überlebensvorteile der primären (PCS) gegenüber der
Intervall-Zytoreduktionschirurgie (ICS) bei Patientinnen mit
FIGO-Stadium IV Ovarialkarzinom. Es wurden 2772 Patientinnen
analysiert, um die Auswirkungen der Operationsstrategie auf das
progressionsfreie (PFS) und das Gesamtüberleben (OS) zu bewerten.
Die Ergebnisse zeigten, dass Patientinnen,
die eine primäre Zytoreduktion erhielten, ein signifikant längeres
progressionsfreies Überleben (Median: 19,7 Monate vs. 15,7 Monate)
sowie eine verbesserte Gesamtüberlebenszeit (Median: 63,1 Monate vs.
55,6 Monate) im Vergleich zur Intervallchirurgie hatten. Besonders
auffällig war der Vorteil der primären Zytoreduktion bei Patientinnen mit
extraperitonealen Metastasen, insbesondere im pleuralen, supradiaphragmalen
oder extraabdominalen Lymphknotenbereich.
Trotz der besseren Überlebenschancen war
die Rate schwerer postoperativer Komplikationen nach primärer Zytoreduktion
höher als nach Intervallchirurgie. Die Autoren plädieren dennoch dafür, dass
extraperitoneale Metastasen nicht automatisch gegen eine primäre Zytoreduktion
sprechen sollten, wenn die Resektabilität gegeben ist. (Jochum F et al., Am J
Obstet Gynecol 2025; 232:194.e1–11)
Kommentar
Diese Ergebnisse stehen
im Kontrast zu früheren randomisierten Studien (EORTC und CHORUS), die keinen
deutlichen Vorteil einer der beiden Strategien fanden. Durch die
fortschreitende Verbesserung der chirurgischen Techniken und die gezielte
Auswahl geeigneter Patientinnen konnte in dieser aktuellen Studie jedoch ein
klarer Überlebensvorteil der primären Operation nachgewiesen werden. Diese
Erkenntnisse könnten dazu beitragen, die chirurgische Strategie bei
fortgeschrittenem Ovarialkarzinom gezielter an die individuelle
Patientensituation anzupassen und damit die Prognose weiter zu verbessern.
Michael D. Mueller
Eingeschlossen wurden 50 Frauen mit
HER2-positivem oder triple-negativem Mammakarzinom, bei denen nach NST in der
bildgebenden Kontrolle eine Läsion <2 cm verblieb. Mittels
bildgesteuerter Vakuumbiopsie (VAB) wurde der Tumorbereich gezielt entfernt und
untersucht. Zeigte sich kein Resttumor mehr, erhielten die Patientinnen eine
alleinige Radiotherapie ohne Operation.
Eine pathologische Komplettremission (pCR)
konnte bei 62 % der Patientinnen in der VAB nachgewiesen werden. Nach einem
medianen Follow-up von 55,4 Monaten lag die ipsilaterale Rezidivrate bei 0 %.
Auch das krankheitsfreie und das Gesamtüberleben betrugen 100 % in dieser
Gruppe.
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass in
streng selektionierten Fällen ein operativer Eingriff möglicherweise
entbehrlich ist. Bevor dieses Vorgehen jedoch Einzug in die klinische Praxis
halten kann, sind grössere und randomisierte Studien erforderlich. (Kuerer HM et al., JAMA Oncol. 2025;
11[5]:529–34, doi:10.1001/jamaoncol.2025.0207)
Cornelia Leo
(Frier EM et al., BJOG 2025; 0:1–14; https://doi.org/10.1111/1471-0528.18136)
Kommentar
Nichts Neues. Stimmt!
Aber, diese populationsbasierte Registerstudie aus Schottland ist insofern
interessant, weil sie auf entwicklungsneurologische Daten zurückgreift, welche
bei allen Kindern in Schottland 27–30 Monate nach der Geburt standardmässig erhoben werden. Sie haben
diese Information gekoppelt mit der Co-OPT- (Consortium for the Study of
Pregnancy Treatments)-ACS- (Antenatal corticosteroids)-Datenbank. Die Co-OPT
ACS ist eine internationale Datenbank, welche 2,28 Mio. Geburten registriert hat von Schwangerschaften, welche
Steroiden ausgesetzt waren. Insgesamt konnten 285 637 Geburten in vier Kohorten unterteilt werden, und zwar solche
zwischen 28 und 33 Wochen, 34–36 Wochen, 37–38 Wochen und 39–41 Wochen. Positiver Effekt auf die neurologische Entwicklung der
Kinder konnte erwartungsgemäss nur in der Gruppe festgestellt werden, welche
vor 33 Wochen Steroide erhalten hatten.
Luigi Raio
Die erwähnte Studie belegt dies, was im Übrigen auch schon in einige internationale Guidelines eingeflossen ist. (Aggarwal N., Leslie, SW, Recurrent Urinary Tract InfectionsStatPearls [Internet]. Treasure Island [FL]: StatPearls Publishing; 2025 Jan 367–9)
Annette Kuhn
In einer retrospektiven Kohortenstudie mit 172 Patientinnen wurde bei 37 % eine Adenomyose festgestellt. Diese Patientinnen waren jünger, seltener postmenopausal und wiesen signifikant niedrigere Raten von FIGO-Stadium ≥IB, tiefer Myometraninfiltration, lymphovaskulärer Invasion und extrauteriner Ausbreitung auf. Adenomyose erwies sich als unabhängiger protektiver Faktor gegenüber fortgeschrittenen Tumorstadien. Eine veränderte myometriale Mikroumgebung – mit Entzündung, glatter Muskelhyperplasie und Fibrose – könnte die Tumorausbreitung mechanisch hemmen. Immunhistochemisch und molekulargenetisch ergaben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen, jedoch zeigte sich ein Trend zu häufigeren KRAS-Mutationen bei EC-Patientinnen mit Adenomyose. Diese Erkenntnisse legen nahe, dass strukturelle und molekulare Eigenschaften der Adenomyose die Tumorbiologie beeinflussen könnten. (La Torre F et al., Gynecol Oncol 2025;195: 45–9)
Kommentar
Diese Studie liefert
wichtige Hinweise auf eine mögliche protektive Rolle der Adenomyose bei
Endometriumkarzinomen, insbesondere hinsichtlich Tumorausbreitung und
Stadieneinteilung. Da die Studie jedoch nur 172 Patientinnen eingeschlossen hat, sind weitere Studien notwendig,
um diese Hypothese zu validieren und therapeutisch nutzbar zu machen.
Michael D. Mueller
Dieser wurde vom Neurowissenschaftler
Manfred Spitzer eingeführt. Wegen der Befürchtung, dass durch übermässigen
Gebrauch von digitaler Information Gedächtnisprobleme verursacht werden mit
negativer Auswirkung auf Gehirnstrukturen und Funktion (Digital Dementia: What
we and our children are doing to our mind. Cogn. Remediation J. 2014;2: 14;
ISSN 1805-7225).
Vor allem bei Teenagern, so zeigte eine
Übersicht (Wolks Y, Weinstein AM, Front. Psychiatry 2021;12; doi org-10.3359/f
psyt. 2621. 669042) ist das Risiko für ein ADHD
(Attention-Deficit-Hyperactivity Disorder) verdoppelt. Ausserdem sind bei
übermäßiger Benutzung Impulsivität, niedriges Selbstwertgefühl, Schlafprobleme,
niedrige körperliche Fitness, Migräne, ungesundes Essverhalten etc. beobachtet
worden und eine Reduktion der grauen Materie (sic!) gemessen worden. Bei
Vorschulkindern ist der erhöhte Smartphonegebrauch („um die Kinder
ruhigzustellen“) assoziiert mit verminderter Funktionalität des Hirns und
erhöhter emotionaler Reaktivität (JAMA Pediatr. 2023; 177:62–70).
Auf der anderen Seite zeigte eine grosse
Metaanalyse (57 Studien, 411 430 Erwachsene mit einem
Durchschnittsalter von 69 Jahren) ein erniedrigtes Risiko für kognitiven
Abbau (Benge JF, Scullin MK, Nature Human Behavior 2025;
https://doi.org/10.1038/s41562-025-02159-9) bei regelmässigem Gebrauch von
digitalen Medien. Wer hingegen digitale Medien nicht mehr nutzt, erhöht das
Risiko für Demenz; eine sogenannte «digitale Isolation» gilt als Risikofaktor
für Demenz (evt.ein Epiphänomen?).
Kommentar
Im frühen Lebensalter
Gefahr durch übermässigen digitalen Konsum, im mittleren und höheren Alter
förderlich für den Erhalt der Kognition: einmal mehr Moderation ist der
Schlüssel.
Politik meiner Tochter
mit ihren Teens: nicht negativ: das heisst, Handys nicht immer wieder
kontrollieren, wegnehmen, schimpfen, sondern Handys im positiven Sinn für
gewisse Zeiten aushändigen und dann wieder einsammeln: entspannt die Situation!
Michael K. Hohl
In einer randomisierten Studie wurden Endometriose-Patientinnen mit Fatigue entweder der Kontrollgruppe oder einem Interventionsarm zugewiesen. Letzterer beinhaltete ein neunwöchiges Physiotherapie-Programm. Ein Jahr nach Beendigung der Studie zeigten sich die Patientinnen im Interventionsarm signifikant weniger von Fatigue betroffen, auch allgemeine Fitness, Ängstlichkeit, depressive Symptome und gastrointestinale Beschwerden wurden positiv beeinflusst. Sämtliche in die Studie eingebrachten Patientinnen hatten im Vorfeld auf konventionelle Therapien unzureichend angesprochen. (Salinas-Asensio MdM et al., Changes in fatigue, health-related fitness, sleep quality, mental health, gastrointestinal complaints and sexual function after a multimodal supervised therapeutic exercise program in women with endometriosis unresponsive to conventional therapy: a secondary analysis of a randomized controlled trial, Eur Journ Obst & Gyn and Reprod Biology 2025)
Fazit
Erstaunt es? Nicht
wirklich … Bewegung ist
offenbar fast immer vorteilhaft – ob bei
Tumorerkrankungen oder anderen chronischen Leiden. Im Sinne eines
ganzheitlichen Therapieverständnisses ergibt dies durchaus Sinn. Die
Patientinnen zu motivieren gehört zu unseren Aufgaben, Studien wie diese können
als Argument herangezogen werden.
Martin Heubner
(Shea A et al., J Ultrasound Med 2025; 9999:1–11)
Kommentar
Es ist immer wieder schwer nachvollziehbar, wieso sich die Amerikaner
nicht der allgemeinen Definition von intrauteriner Wachstumsrestriktion
anpassen bzw. diese nicht übernehmen. Die internationale Gesellschaft für
Ultraschall (ISUOG) hat die Definition und auch das Management von IUWR vor
einigen Jahren im Konsens festgelegt. Ein geschätztes Gewicht oder der
Abdomenumfang (AU) <P3 gilt als IUWR. Das Gewicht oder der AU alleine
reichen nicht aus, um zwischen SGA und IUWR zu differenzieren. Auch die Wachstumsdynamik
wurde als Kriterium genommen sowie die funktionelle Beurteilung der fetalen und
uterinen Hämodynamik. Mit keinem Wort werden die Erkenntnisse des alten
Kontinents gewürdigt. Obwohl die Detektion eines zu kleinen Feten etwas besser
wird, sind die Kollegen von Übersee erstaunt, dass in ihrem Kollektiv der AU
nicht suffizient die Morbidität und Mortalität abbildet. Offensichtlich haben
sie immer noch Mühe, zwischen SGA und IUWR zu differenzieren. Diese Studie
zeigt mir auch, dass die ISUOG-Definition – welche auch in den
deutschsprachigen Ländern (DACH) praktisch wörtlich übernommen wurde – den ACOG- bzw. SMFM-Empfehlungen Lichtjahre voraus ist.
Luigi Raio
Die vorliegende Studie gibt interessante Hinweise auf die Variabilität des vaginalen Viroms in deren Auswirkungen. (l’Cess Orton K, Monaco CL, The Vaginal Virome in Women’s Health and Disease; Review Microorganisms. 2025 Feb 16;13[2]:431. doi: 10.3390/microorganisms13020431
Annette Kuhn
Es gab bereits mehrere Publikationen hierzu in den letzten Jahren, dennoch sind die Vorbehalte gegenüber lokalen Östrogenpräparaten – nicht zuletzt aufgrund der medizinischen Fachinformationen – immer noch sehr hoch. Daher schadet es auch nicht, dass eine grosse Meta-Analyse erneut bestätigt: die Verabreichung von lokalen Östrogenpräparaten hat keinen Einfluss auf das Rezidivrisiko, die brustkrebsspezifische Mortalität oder die Gesamtmortalität von Patientinnen nach Mammakarzinom. (Beste ME et al., Vaginal estrogen use in breast cancer survivors: a systematic review and meta-analysis of recurrence and mortality risks. AJOG 2025 232:3)
Fazit
Keine Angst!
Martin Heubner
Dieses Ergebnis stammt aus einer aktuellen Modellstudie, die zwei Untersuchungsstrategien gegenüberstellte: eine ultraschallbasierte Strategie (UBS, transvaginaler Ultraschall mit anschließender Biopsie nur bei auffälliger Endometriumverdickung) und eine von Beginn an biopsiebasierte Strategie (BBS, sofortige endometriale Gewebeentnahme bei allen Patientinnen). In einer simulierten Kohorte von 10 000 Patientinnen entdeckte die BBS signifikant mehr Endometriumkarzinome. Mit UBS blieben etwa 5 % (109 Fälle) mehr Tumoren unentdeckt als mit BBS (70 Fälle). Vor allem nicht-hispanisch schwarze Frauen profitierten deutlich von der Biopsiestrategie, da sie häufiger Uterusmyome (Fibroide) aufweisen, welche im Ultraschall die Sicht auf die Gebärmutterschleimhaut erschweren. Folglich blieben bei alleiniger Ultraschallstrategie in dieser Gruppe besonders viele Tumoren unentdeckt. Zudem verschlechterte unvollständige Nachsorge (wenn Patientinnen nach einem auffälligen Ultraschall nicht konsequent zur Biopsie erscheinen) die Effektivität der UBS deutlich. Die Autoren der Studie empfehlen daher, bereits bei der Erstvorstellung mit PMB eine Endometriumbiopsie in Erwägung zu ziehen, um diagnostische Lücken und potenzielle Überlebensnachteile zu vermeiden. (Nolin AC et al, Gynecologic Oncology [2025]; 194:105–11)
Kommentar
Deshalb werden in
näherer Zukunft nicht-invasive Tests wie der WID-qEC Test (siehe FHA 2/2024: Im
Dialog) an Bedeutung zunehmen.
Michael D. Mueller