Die Komplexität der Zeitmessung
Die Erde dreht sich mit einer Geschwindigkeit von 1670 km/h (etwa 465 m/s) um die eigene Achse, bekanntlich nach Osten und vom Polarstern aus betrachtet entgegen dem Uhrzeigersinn. Diese Rotation dauert etwa 24 Stunden. Aus Gründen der Präzision wurde vor 1955 die Zeitmessung an diese Erdrotation gekoppelt, da sie stabiler war als alle damals zur Verfügung stehenden Messmethoden. Daher wurde die Sekunde als ein Bruchteil der Zeit definiert, die die Erde braucht, um sich einmal relativ zu den Sternen zu drehen. Diese Zeitskale wird als Universal Time (UT1) definiert, wobei der Nullmeridian durch die Sternwarte von Greenwich führt (GMT, Greenwich Mean Time). Nach 1955 wurden cäsiumbasierte (später auch andere Isotope) atomare Uhren eingeführt, welche viel stabiler sind als die Zeitmessung basierend auf der Erdrotation. Die Internationale Atomzeit (TAI für französisch: Temps Atomique International) ist eine Zeitskala, die durch Mittelung und Skalierung der Ablesungen von mehr als 600 Atomuhren in etwa 80 Instituten ermittelt wird. Die TAI ist die Grundlage für die „Koordinierte Weltzeit UTC“, welche die heute gültige, 1972 eingeführte Weltzeit ist. Am 1.1.1958 wurde definiert, dass die TAI der UT1 angepasst werden soll. Diese Korrektur hält die UTC mit der scheinbaren Position von Sonne und Sternen in Einklang.
Da aber die Rotationsgeschwindigkeit der
Erde durch die Gezeitenkräfte des Mondes, durch Relativbewegungen zwischen dem
Erdmantel und Erdkern und nicht zuletzt durch den Klimawandel verlangsamt wird,
nimmt die Tageslänge zu, und die UTC geht gegenüber der TAI nach. Dieser
Unterschied wird durch bis zu zwei Schaltsekunden im Jahr
ausgeglichen. Derzeit gilt
UTC = TAI – 36s (Stand 2021).
Nun, je intensiver ich mich mit dieser Materie auseinandersetze, desto mehr merke ich, dass mein Wissen nicht ausreicht, um diese komplexen Zusammenhänge für den Laien (zähle mich mit) nachvollziehbar zusammenzufassen. Jedenfalls wurde mir bei der Recherche bewusst, dass eine einheitliche, exakte Zeitmessung sehr wichtig ist, um viele Prozesse in dieser extrem getakteten Welt stabil zu halten. Diese vermeintliche „temporale Stabilität“ scheint jedoch durch innere und äussere Faktoren (speziell Klimawandel) gefährdet zu sein.
Für die Herausgeber
Luigi Raio