Wussten Sie schon

Chlorhexidin und Povidon-Iod gleich wirksam / Verwandlung von kolorektalen Krebszellen in gesunde Zellen / Calciumarme Ernährung: Risiko für Präeklampsie? / Neoadjuvante Chemotherapie beim Ovarialkarzinom erhöht das Risiko einer venösen Thromboembolie / Körperliche Aktivität schützt vor Nierensteinen / M. Chrohn und AMH / Langfristige Luftverschmutzung und venöse Thrombo-embolie / Oxytocin und Plazentarphase / Vorteile für Mirabegron (Betmiga) / Doxorubicin und Trabectedin bei fortgeschrittenem Leiomyosarkom wirksam / Endometriose und Eisenmangel / Kombination Antikörpertherapie nicht besser als Chemotherapie bei fortgeschrittenem Endometriumkarzinom / GLP1-Rezeptor-Agonisten bei Alkoholkranken

… dass es keinen signifikanten Unterschied in der Rate postoperativer Infektionen zwischen vaginaler Antisepsis mit Chlorhexidin und Povidon-Iod bei Hysterektomien gibt?

Eine systematische Übersichtsarbeit und Meta-Analyse analysierte zehn Studien mit insgesamt 9618 Patientinnen, die entweder mit Povidon-Iod oder Chlorhexidin-Gluconat vaginal antiseptisch vorbereitet wurden. Während die Rate chirurgischer Wundinfek­tionen in beiden Gruppen ähnlich war (Odds Ratio 1,22; 95 % CI 0,91–1,63), wiesen intraoperative Vaginalkulturen unter Chlorhexidin eine signifikant geringere Keimbelastung auf (Odds Ratio 0,10; 95 % CI 0,04–0,27). Hinsichtlich postoperativer Harnwegsinfektionen zeigte sich keine klare Tendenz, es wurden keine ­schweren Nebenwirkungen für Chlorhexidin beobachtet. Chlorhexidin ist eine sichere Alternative zu Povidon-Iod (Rozycki, SK et al., Am J Obstet Gynecol (2025): doi.org/10.1016/j.ajog.2024.12.031).

Michael D. Mueller

... dass es gelungen ist, undifferenzierte kolorektale Krebszellen in gesunde Zellen zurückzuverwandeln?

Ein südkoreanisches Forscherteam entwickelte BENEIN, ein rechnerisches Tool, um diejenigen Gene festzustellen ,die für die Entdifferenzierung von Krebszellen verantwortlich sind. Diese Gene wurden aus den Daten von 4522 gesunden Kolonzellen während ihres Ausdifferenzierungsprozesses (aus Stammzellen) ­eruiert.
So fand man drei für die Kolonzellausdifferenzierung verantwortlichen „Master-Gene“: MYB, HDAC2 und FOXA2. Mit der Entfernung dieser Gene gelang bei Mäusen die Rückverwandlung von Kolorektalkarzinomzellen in gesunde (Gong, J-R et al., Adv. Sci. 2025; 12:2402132).
Diese Methode wurde ebenfalls bei der Differenzierung von gewissen Hirnzellen bei Mäusen erfolgreich angewendet. Die BENEIN-Methode soll es möglich machen, die Schlüsselgene zur Regulation der Zelldifferenzierung systematisch zu identifizieren und dann bei der Rückdifferenzierung zu verwenden (Blockierung).

Kommentar
Dieser Approach ist völlig neu. Alle bisherigen Krebstherapien haben das Ziel, Krebszellen auf
die eine oder andere Weise zu eliminieren. Hier hingegen werden Krebszellen in „normale“ differenzierte umprogrammiert. Falls dies in der Zukunft praktikabel sein sollte ,wäre dies absolut revolutionär.

Michael K. Hohl

… dass eine calciumarme Ernährung alleine das Risiko einer Präeklampsie nicht erhöht?

(Archevo A et al., BJOG: 2025; 0:1–10)

Kommentar
Die Frau Archevo hat sich offenbar dem Calcium gewidmet. Sie hat vor Kurzem auch eine andere Arbeit publiziert über die Calciumsupplementation als prophylaktische Massnahme, das Risiko einer Prä­eklampsie zu senken. Auch dort konnte sie zeigen, dass mehr Calcium das Risiko nicht senkt. Seither sind wir bei Frauen mit Zustand nach Präeklampsie von der Empfehlung 1 g tgl. auf 500 mg zurückgegangen. Auch in dieser Studie konnte sie den Zusammenhang ­zwischen suboptimaler Calciumeinnahme und hypertensiven Komplikationen deutlich relativieren.

Luigi Raio

… dass Patientinnen mit Eierstockkrebs während der neoadjuvanten Chemotherapie (NACT) ein hohes Risiko für venöse Thromboembolien (VTE) haben?

Eine retrospektive Kohortenstudie untersuchte 304 Patientinnen mit Ovarial-, Tuben- oder primärem Peritonealkarzinom, die zwischen 2011 und 2022 eine NACT erhielten. Dabei entwickelten 24 % eine VTE, wobei Lungenembolien mit 75 % die häufigste Form darstellten. Besonders auffällig war, dass die Khorana-Scores, ein etabliertes Risikomodell für VTE, das Thromboserisiko in dieser Patientengruppe nicht zuverlässig vorhersagten. Lediglich ein niedriger Albuminwert und der Verzicht auf Paclitaxel waren mit einem erhöhten Risiko assoziiert. Die Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit spezifischer Risikomodelle für Patientinnen mit Ovarialkarzinom und zeigen, dass eine Thromboembolieprophylaxe bei diesen Patientinnen unerlässlich ist (Ward,A et al., Eur J Obstet Gynecol Reprod Biol 2025 ; 305 :292–7).

Michael D. Mueller

… dass moderate körperliche ­Aktivität vor Nierensteinen schützt?

Eine chinesische Studie fand eine signifikante Reduktion von Nierensteinen bei moderater täglicher Aktivität von 30 bis 60 Minuten (OR 0.804, 95 % CI 0.700–0.923), allerdings keine weitere Reduktion bei höherer Intensität der körperlichen Aktivität oder längerer Dauer (Xiao Y Wang J Yin S Tang Y Cui J Yang Z Huang K Wang J Bay Y, Association between physical activityand the prevalence of kidney stones in American adultes, Urology 2024; 189: 9–18 

Annette Kuhn

… dass Patientinnen mit M. Crohn nicht grundsätzlich eine eingeschränkte ovarielle Reserve haben?

In einer Metaanalyse wurden Daten aus 48 Studien zu diesem Thema ausgewertet. Es zeigte sich, dass Patientinnen mit M. Crohn gegenüber Kontrollen kein signifikant niedrigeres AMH aufwiesen. Weder eine stattgehabte Operation noch die medikamentöse Behandlung waren mit niedrigeren AMH-Spiegeln assoziiert. Eine aktive Erkrankung und eine perianale Manifestation des M. Crohn scheinen dagegen mit einer niedrigeren ovariellen Reserve assoziiert zu sein (Foulon A et al., Acta Obst et Gyn Scand 2024; 103[9]:1714–24).

Martin Heubner

… dass langfristige Luftverschmutzung das Risiko für venöse Thromboembolien (VTE) signifikant erhöht?

Eine prospektive Kohortenstudie mit 6651 Teilnehmenden aus sechs US-Großstädten untersuchte über 17 Jahre den Zusammenhang zwischen chronischer Luftverschmutzung und VTE-Risiko. Erhöhte Konzentrationen von Feinstaub (PM2,5), Stickstoffdioxid (NO2) und Stickoxiden (NO2) waren mit einer erhöhten VTE-Inzidenz ­assoziiert. Pro 3,6 µg/m³ höherer PM2,5-Konzentration stieg das Risiko um 39 %, während NO2 und NO2 sogar stärkere Effekte zeigten. Ozon war hingegen nicht signifikant mit VTE verbunden. Die Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit globaler Maßnahmen zur Reduzierung der Luftverschmutzung, um thromboembolische Erkrankungen zu verringern (Lutsey P et al., Blood 2025, DOI: 10.1182/blood.2024026399]. (Abb. 1)

Michael D. Mueller

…dass eine höhere Oxytocinkonzentration in der Plazentarphase das Risiko von postpartalen Hämorrhagien (PPH) oder sekundäre Massnahmen, diese zu behandeln, senkt?

(Ashley ES et al., AJOG 2025)

Kommentar
Ich weiss nicht so recht, was ich dazu sagen soll. Die Kollegen haben eine hohe Dosierung (80 IU/500 ml in 1–4 h) vs. niedrigere Dosierung (10–30 IU/500–1000 ml in 1–4 h) verglichen. Das Risiko einer PPH war deutlich niedriger mit der höheren Dosierung. Soweit so gut. Das eigentlich Interessante hier ist die Tatsache, dass in den sechs Zentren, welche in dieser randomisierten Studie mitgemacht hatten, sechs verschiedene Schemata zugelassen waren (siehe Tabelle). Diese Studie war eine Nachuntersuchung einer randomisierten Arbeit, welche das aktive Pressen in der Austreibungsphase versus exspektativem Vorgehen untersuchte. Die WHO und eigentlich auch die ACOG empfehlen 10 IU unabhängig vom Geburtsmodus. Nur eine der sechs Kliniken war konform den Empfehlungen. Einige gaben eine Infusion über 4 h. Nun, das zeigt wieder mal, dass viele geburtshilfliche Praktiken nicht den heutigen, rigorosen ethischen und klinischen Bedingungen standhalten würden.

(Abb. 2)

Luigi Raio

… dass Mirabegron (Betmiga ® ) wirksamer als Tolterodin und ­Placebo ist und weniger Nebenwirkungen als Oxybutinin hat?

Ein kürzlich publizierter systematischer Review hat 28 randomisierte Studien mit 27 481 PatientInnen analysiert und ist zu o.g. Schluss gekommen (Dey A, Georgiadis G, Umezurke J, Yuan Y, Farag F, N’Dow J, Omar MI, Mamoukakis C; Mirabegron vs placebo and other treatment modalities in the treatment of patients with overactive bladder syndrome: a systemativ review Eur Urol Focus. 2024; 28:SS2405–4569

Annette Kuhn

… dass die Kombination aus Doxorubicin und Trabectedin als Erstlinientherapie bei metastasiertem oder nicht operablem ­Leiomyosarkom die Überlebensrate signifikant verbessert?

Eine Phase-3-Studie untersuchte 150 Patientinnen und Patienten mit Leiomyosarkom und verglich Doxorubicin-Monotherapie mit einer Kombinationstherapie aus Doxorubicin und Trabectedin, gefolgt von einer Trabectedin-Erhaltungstherapie. Die Ergebnisse zeigten eine mediane Gesamtüberlebenszeit von 33 Monaten in der Kombinationsgruppe gegenüber 24 Monaten in der Monotherapiegruppe. Ebenso verdoppelte sich das progressionsfreie Überleben auf 12 Monate. Trotz einer höheren Rate an Nebenwirkungen unter der Kombinationstherapie waren diese handhabbar. Die Studie untermauert die Überlegenheit der Kombinationsstrategie als neue Standardtherapie (Pautier P et al. N Engl J Med 2024 ; 391:789–99).

Michael D. Mueller

… dass Patientinnen mit Endometriose häufig einen Eisenmangel aufweisen?

In einer Studie wurden 251 Pa-tientinnen mit der Diagnose Endometriose auf einen bestehenden Eisenmangel untersucht, zusätzlich wurde ein Blutbild erstellt. Etwas über 50 % der ­Patientinnen wiesen einen Eisenmangel auf, knapp 14 % sogar eine Eisenmangelanämie. Interessanterweise zeigten auch knapp die Hälfte der Patientinnen einen Eisenmangel, die anamnestisch nicht an einer Hypermenorrhoe litten. Der Eisenmangel schlug sich klinisch auch in einer messbar ausgeprägteren Fatigue nieder (Goldberg HA et al., Int J Obst & Gyn 2024; 168[3]:1321–7).

Fazit
Bei den vielfältigen Problemen, die es bei Patientinnen mit Endometriose zu beachten gilt, sollte auch Augenmerk auf die Eisenversorgung gelegt werden.

Martin Heubner

… dass die Kombination aus Lenvatinib und Pembrolizumab in der Erstlinientherapie von fortgeschrittenem Endometriumkarzinom keine signifikante Überlegenheit gegenüber einer Standard-Chemotherapie zeigt?

Die Phase-III-Studie ENGOT-en9/LEAP-001 untersuchte 842 Patientinnen mit inoperablem oder rezidivierendem Endometriumkarzinom und verglich Lenvatinib plus Pembrolizumab mit der Standard-Chemotherapie (Carboplatin und Paclitaxel). Während das progressionsfreie Überleben in der Gesamtpopulation mit 12,5 Monaten in der Immuntherapiegruppe geringfügig höher war als in der Chemotherapiegruppe (10,2 Monate), zeigte sich bei Patientinnen mit mismatch-reparatur-proficienten (pMMR) Tumoren kein Vorteil (9,6 vs. 10,2 Monate; HR 0,99). Auch das Gesamtüberleben unterschied sich nicht signifikant (30,9 vs. 29,4 Monate; HR 1,02). Hingegen profitierten Patientinnen mit mismatch-reparatur-defizienten (dMMR) Tumoren von der Kombinationstherapie (progressionsfreies Überleben 31,8 vs. 9,0 Monate; HR 0,61). Die Nebenwirkungsrate war in der Immuntherapiegruppe höher (Marth C. et al.; J Clin Oncol 2024; doi.org/10.1200/JCO-24-01326).

Michael D. Mueller

… dass GLP1-Rezeptor-Agonisten (z. B. Ozempic, Wegovy etc.) bei Alkoholikern den Alkoholkonsum und das Verlangen nach Alkohol reduzierten?

In einem kleinen Phase 2, doppeltblinden, placebokontrollierten, neun Wochen dauernden Versuch wurden 48 Patienten mit Alkoholkrankheit (Alcohol Use Disorder, AUD) randomisiert. Die Probanden erhielten 0,25 mg Semaglutide/Woche für 4 Wochen, 0,5 mg während 4 Wochen und 1,0 mg während einer Woche oder Placebo.
Der Alkoholkonsum wurde unter Laborbedingungen getestet. Ausserdem wurde der Alkoholkonsum und das Verlangen (Craving) regelmässig ambulant erfasst.
Der Alkoholkonsum zeigte einen mittleren bis starken Rückgang (–0,48-CI-0,85 bis 0,11). Ausserdem sank die Anzahl Drinks/Tag und das Craving (–0,39). Bei der Subgruppe von Rauchern führte Semaglutide auch zu einer starken Abnahme der Anzahl gerauchter Zigaretten pro Tag (0,10-95%-CI-0,16-0,03) (Hendershot, CS et al.; JAMA Psychiatry 2025, Feb 12; doi: 10.1001/jamapsychiatry.2024.4784).

Kommentar
Was GLP1-Rezeptor-Agonisten alles können! (Gewicht, Diabetes, Hypertonie). Eine Wunderdroge??

Michael K. Hohl

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