Glücklich ist – wer vergisst …
… was doch nicht zu ändern ist“, heisst es im berühmten Lied aus der Operette „Die Fledermaus“ von Johann Strauss. Neue Hirnforschungen zeigen nun, dass es nicht nur weise ist, gewisse Dinge zu vergessen, sondern nützlich, ja notwendig!Das Vergessen hat eine sehr grosse Bedeutung für das Funktionieren des Hirns ausnahmslos aller Tiere , von der Fruchtfliege (Drosophila) bis zum Menschen. In der Hirnforschung stand alles andere im Vordergrund, bis vor etwa zehn Jahren die Bedeutung des Vergessens erkannt wurde, wie in einem lesenswerten Essay in „Nature“: „The Importance of Forgetting“ (Gravits L, Nature 2019; 571:S12–14) dargelegt wurde.
Das Vergessen ist ein essenzieller
Prozess, der wichtige Funktionen erfüllt:
Vergessen ist also kein Defizit, sondern ein aktiver Vorgang zur Verbesserung der kognitiven Leistung. Wenn wir uns darüber ärgern, dass wir uns zum Beispiel Namen so schlecht merken können, und vermuten, das seien Anzeichen einer beginnenden Demenz, macht es mehr Sinn, dies als ein Beispiel zu sehen, wie das schlaue Hirn sich vor Überlastung schützt. Abstrakte Dinge wie Namen und Zahlen sind nun mal die Dinge, die in der Kognition nicht besonders bevorzugt werden. Durch Mnemotechniken – zum Beispiel Verknüpfen der Namen mit Gesichtern und Ereignissen – können wir dieses Ärgernis bekämpfen.
Neue Forschung zeigt, dass bei degenerativen Prozessen wie zum Beispiel Morbus Alzheimer wahrscheinlich der normale Prozess des Vergessens Amok läuft und man an dieser Funktion des Hirns ansetzen sollte, um wissenschaftlich weiterzukommen.
Wenn Sie nun unser neues Heft lesen, sind wir uns bewusst, dass Sie vieles gleich wieder vergessen, weil es vielleicht nicht nützlich erscheint oder Sie nicht interessiert. Je mehr Sie behalten, desto besser haben wir den „Nerv“ getroffen.
Also unter diesem Aspekt – viel Spass beim Lesen und Behalten!
Für
die Herausgeber
Prof.
Michael K. Hohl