Integrative Onkologie in der Gynäkologie
Die Integrative Onkologie gewinnt in der Onkologie zunehmend an Bedeutung. Besonders Patientinnen mit gynäkologischen Krebserkrankungen sehen sich mit speziellen Herausforderungen konfrontiert. Dabei geht es nicht nur um die körperlichen Aspekte der Krankheit, sondern auch um die Auswirkungen auf die weibliche Identität, Fruchtbarkeit, Sexualität sowie um Nebenwirkungen wie Fatigue, Hitzewallungen, Schmerzen, Schlafstörungen oder Angstzustände. Hier setzt die Integrative Onkologie mit einem ganzheitlichen, multimodalen Konzept zur Behandlung von Nebenwirkungen und Verbesserung der Lebensqualität an.
Die klassische Schulmedizin wird durch Verfahren der Integrativen Onkologie ergänzt. Diese stellen in keiner Weise eine Alternative zur schulmedizinischen Behandlung dar, sondern verfolgen einen integrativen Ansatz.
Die Leitlinien (1) empfehlen, dass alle Patientinnen frühestmöglich und im Verlauf regelmäßig zum Interesse an komplementärmedizinischen Maßnahmen befragt und ggf. auf verlässliche Informationsquellen verwiesen werden. Patientinnen, die den Wunsch nach komplementärer Behandlung äußern, sollten an KollegInnen mit entsprechender Zusatzausbildung verwiesen werden.
Der Erkenntnisgewinn komplementärer und integrativer Therapiemethoden beruht zum Teil auf Studien, die wissenschaftlich nicht vollständig anerkannt sind. Daher sind Teile der integrativen Behandlung evidenzinformiert. Die Sicherheit der Patientinnen steht bei allen Behandlungen an erster Stelle. Die Attraktivität der integrativen Medizin liegt nicht nur in der objektiven Wirksamkeit vieler Therapieverfahren, sondern auch darin, dass viele Patientinnen den Wunsch haben, selbst aktiv zu werden, um gut durch die Krebstherapie zu kommen und wieder gesund zu werden. Hier besteht eine große Chance, durch Lebensstilveränderungen in den Bereichen Bewegung, Ernährung und Entspannung positive Effekte zu erzielen, die auch über die Zeit der Krebstherapie hinaus bestehen bleiben.
Dieser Artikel soll Einblick in die Bereiche der Integrativen Onkologie geben und deren Herausforderungen sowie Grenzen darlegen.
Die Integrative Onkologie ist definiert als eine multidisziplinäre, patientenfokussierte Behandlungsweise. Ihr Ziel besteht darin, Gesundheit, Lebensqualität sowie klinisches Outcome zu optimieren und Patienten in die Krebstherapie aktiv einzubeziehen (2).
Das integrative Konzept besteht darin, Verfahren der evidenzbasierten konventionellen Medizin mit komplementärmedizinischen Therapien zu kombinieren. Zu diesen gehören beispielsweise die Anthroposophische Medizin, Homöopathie, Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) und klassische Naturheilverfahren sowie die Mind-and-Body-Medizin. Auch Erkenntnisse aus der Sport- und Ernährungsmedizin (welche teils zu den klassischen Naturheilverfahren gehören) fließen in das multimodale Behandlungskonzept mit ein.
Seit 2021 existiert die S3-Leitlinie zur Komplementärmedizin in der Behandlung onkologischer Patienten (3). Eine überarbeitete Version wurde im Frühling dieses Jahres veröffentlicht. Die Leitlinie dient als Grundlage und Wegweiser für die integrative Behandlung onkologischer Patientinnen.
Etwa ein Drittel aller gynäkologischen Patientinnen, die sich in einer systemischen Therapie befinden, nehmen zusätzlich komplementärmedizinische Präparate ein (4). Hierzu gehören Vitamin- und Mineralstoffpräparate, Heiltees, Phytotherapie und die Misteltherapie. Dies birgt eine potenzielle Gefahr von unbeachteten Kontraindikationen und Interaktionen.
Daher empfehlen die Leitlinien, dass Ärzte grundsätzlich bei Patientinnen nachfragen sollten, welche komplementären Therapien in Anspruch genommen werden. Eine sachkundige Beratung über komplementäre Therapien durch den Arzt ist unabdingbar. Zudem sollten Interaktionsprüfungen eingesetzt werden, um den Patientinnen, insbesondere während einer Chemotherapie, mögliche Komplikationen zu ersparen.
Körperliche Aktivität wirkt sich positiv auf die Lebensqualität, das Wohlbefinden und die Behandlungsergebnisse aus. Die Leitlinien empfehlen sportliche Aktivität unter und nach Abschluss der Krebstherapie. Folgende Elemente sollten die Trainingsanleitungen enthalten: Ausdauertraining, Krafttraining, Koordinationstraining und Beweglichkeitstraining. Das Ziel ist es, mindestens 150 min moderate oder 75 min anstrengende körperlicher Aktivität pro Woche so früh wie möglich nach der Diagnose wieder zu erreichen oder aufrechtzuerhalten (5).
Insbesondere zur Bewegungstherapie der cancer related fatigue liegt eine sehr gute Evidenz vor (6). Die S3-Leitlinie zur Komplementärmedizin in der Behandlung von onkologischen Patienten (5) bewertet Sport bei fatigue mit einer „Soll“-Empfehlung (Level of evidence A).
Die sportliche Betätigung hat aber auch nachgewiesene Effekte auf die Mortalität. Metaanalysen zeigen, dass insbesondere nach einer Brustkrebsdiagnose das Mortalitätsrisiko gesenkt werden kann. Cariolou et. al. (7) konnten im Rahmen einer grossen Metaanalyse eine Senkung der Gesamtmortalität um 48 % sowie der brustkrebsspezifischen Mortalität um 38 % durch regelmässige sportliche Betätigung (20 MET-Stunden pro Woche) nach einer Mammakarzinombehandlung zeigen. Diese Zahlen sprechen für sich und dürfen Patientinnen nicht vorenthalten werden. Im Rahmen einer komplementärmedizinischen Sprechstunde kann in enger Zusammenarbeit mit Physiotherapeuten und Sportmedizinern ein individuelles Bewegungskonzept erarbeitet werden.
Onkologische Patientinnen sind häufig in Bezug auf eine gesunde, der Grunderkrankung angepasste Ernährung verunsichert und möchten in dieser Hinsicht alles richtig machen. Sie werden zudem oft mit einer Vielzahl an Ernährungstipps und Ratschlägen überflutet. Bislang existiert keine Diät, die nachweislich gegen Krebs wirkt. Viele der auf dem Markt angebotenen sogenannten „Krebsdiäten“ bergen jedoch das Risiko einer Mangelernährung.
Im Rahmen der komplementärmedizinischen Sprechstunde können die Vorteile einer ausgewogenen, pflanzenbasierten und ballaststoffreichen Ernährung thematisiert werden. Zudem kann auf den erhöhten Proteinbedarf onkologischer Patientinnen eingegangen werden. Lebensqualität und Genuss sollten weiterhin im Mittelpunkt stehen.
Bei Gefahr einer Mangelernährung oder bei speziellen Fragestellungen sollte die Ernährungsberatung frühzeitig in die Behandlung einbezogen werden.
Therapeutisches Fasten zur Verringerung der Nebenwirkungen einer Chemotherapie sollte zum aktuellen Zeitpunkt nur geeigneten Patientinnen im Rahmen von Studien empfohlen werden.
Die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) ist ein ganzheitliches Medizinsystem, das auf der Philosophie beruht, dass Körper, Geist und Umwelt in einem harmonischen Gleichgewicht stehen müssen, um Gesundheit zu erhalten. Sie umfasst eine Vielzahl von Therapieansätzen, die sich über Jahrtausende entwickelt haben. Zu den wichtigsten Therapieformen gehören Akupunktur, Akupressur, Kräutermedizin sowie Bewegungstherapien wie Qigong und Tai Chi.
Akupunktur wird unter anderem zur Behandlung von Arthralgien, Tumorschmerzen, PNP-Schmerzen, krebsbedingter Müdigkeit (cancer-related fatigue) und zur Verbesserung der allgemeinen Lebensqualität eingesetzt. In der S3-Leitlinie für Komplementärmedizin in der Behandlung onkologischer Patienten wird Akupunktur mit einem „1a“-Level of Evidence für die oben genannten Indikationen bewertet.
Die Akupressur bei chemotherapieassoziierter Übelkeit wird ebenfalls mit einem „1a“-Level of Evidence bewertet. Sie kann von der Patientin selbst durchgeführt werden, wodurch die Selbstwirksamkeit gestärkt wird. Auch zur Verbesserung der krebsbedingten Müdigkeit kann der Patientin ein Akupressurschema beigebracht werden, welches das multimodale Behandlungskonzept ergänzt (8).
Qigong ist eine Kombination aus langsamen, fließenden Bewegungen, Atemübungen und Meditation. Diese Praktiken dienen unter anderem dem Stressabbau und werden im Bereich der Mind-Body-Medizin angewendet.
Die chinesische Kräutermedizin ist eine Form der Phytotherapie, bei der Pflanzen, Mineralien und tierische Substanzen in Form von Tees, Pulvern, Tabletten oder Dekokten verwendet werden. Besonders bei der chinesischen Kräutermedizin muss auf mögliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten geachtet werden.
Die Phytotherapie gehört zu den ältesten Heilmethoden der Menschheitsgeschichte und ist ein Teil der klassischen Naturheilverfahren. Das Interesse der Patientinnen zur Behandlung mit pflanzlichen Heilmitteln nimmt stetig zu. Pflanzen haben für die meisten modernen Arzneimittel die Grundsubstanz geliefert oder Modell gestanden. Es ist wichtig zu betonen, dass es sich bei Phytotherapeutika naturgemäß um Vielstoffgemische handelt. Die Kombination verschiedener Wirkstoffe in einer Pflanze führt zu Synergieeffekten.
Zur Behandlung onkologischer Patientinnen werden vor allem die Traubensilberkerze bei Hitzewallungen, Ginseng bei Fatigue, Ingwer als Antiemetikum und Mistel zur Verbesserung der Lebensqualität eingesetzt.
Beim Einsatz von Phytotherapeutika sind eine sachkundige Beratung sowie Interaktionsprüfungen unerlässlich. Beispielsweise hat Ingwer neben seiner antiemetischen Wirkung auch eine antikoagulative Wirkung.
Der Name „Homöopathie“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet „ähnliches Leiden“. Die Homöopathie ist eine ganzheitliche Behandlungsmethode, der Zustand von Körper, Geist und Seele berücksichtigt.
Begründet wurde die homöopathische Behandlungsmethode vom deutschen Arzt Samuel Hahnemann (1755–1843). Sein Prinzip des „similia similibus curentur“ (Ähnliches soll durch Ähnliches geheilt werden) geht davon aus, dass bestimmte Substanzen, dem Menschen verabreicht, Erscheinungen hervorrufen, die Krankheitsbildern ähnlich sind. Man wählt also ein Arzneimittel aus, dessen Arzneimittelbild (das durch Arzneimittelprüfungen an gesunden Versuchspersonen gewonnen wurde) dem Krankheitszustand des Patienten am ähnlichsten ist. Die Ausgangssubstanzen homöopathischer Arzneien kommen vor allem aus dem Pflanzen- und Tierreich oder bestehen aus Mineralien.
Homöopathische Arzneimittel werden vom Patienten in Form von Globuli oder Tropfen eingenommen. Ein homöopathisches Einzelmittel enthält ausschließlich EINE arzneilich wirksame Substanz. Homöopathische Mittel werden nicht injiziert und auch Mittel in Salbenform sind nach den Gesetzen der klassischen Homöopathie nicht vorgesehen.
Homöopathische Arzneimittel werden in verschiedenen Potenzierungsgraden verabreicht. Ausschlaggebend für den Erfolg der Behandlung ist in erster Linie die Gabe des passenden Mittels, in zweiter Hinsicht die gewählte Potenz. Es gibt bewährte Indikationen, z. B. der Einsatz von Arnika nach Verletzungen und Operationen. Diese bewährten Indikationen sind jedoch Ausnahmen, wie der Einsatz von Komplexmitteln, welche aus einem Vielgemisch verschiedener, in der Regel potenzierter homöopathisch hergestellter Substanzen bestehen.
Eine
vergleichende prospektive Beobachtungsstudie an Patienten mit unterschiedlichen
onkologischen Diagnosen in Deutschland verglich onkologische Therapie plus
zusätzliche homöopathische Therapie (259 Patienten) versus konventionelle
Therapie alleine (380 Patienten). Die homöopathisch behandelte Gruppe
zeigte eine bessere Lebensqualität (9).
In
Bezug auf Wechselwirkungen mit allopathischer Medikation oder Nebenwirkungen
unter einer homöopathischen Therapie kann davon ausgegangen werden, dass
Homöopathika, die in C- bzw. höheren D-Potenzen verabreicht werden, keine
Wechselwirkungen verursachen.
Die anthroposophische Medizin wurde begründet durch die gemeinsame Arbeit der Allgemein- und Frauenärztin Ita Wegmann und Rudolf Steiner, dem Begründer der Anthroposophie.
Bei der anthroposophischen Medizin handelt es sich um eine Erweiterung der Heilkunst, die in keiner Weise in Opposition zur Schulmedizin steht. Die Anwendung der Heilmittel erfolgt aber nicht wie in der klassischen Homöopathie über das Similumprinzip, sondern aufgrund des Wesensbildes, das sich aus einem Krankheitsprozess ergibt. Die eingesetzten Heilmittel (Pflanzen, Mineralien, Metalle) unterstützen die Selbstheilungskräfte des Patienten und werden gewählt gemäß den Zusammenhängen zwischen menschlichen Organen bzw. Prozessen und Heilmitteln. Das wohl bekannteste anthroposophische Heilmittel ist die Mistel, jedoch sind äußere Anwendungen, Heileurythmie, künstlerische Therapien, rhythmische Massagen und die Biografie-Arbeit neben den klassischen medikamentösen Therapieverfahren wichtige Säulen in der Behandlung der Patienten.
Misteltherapie
Eine große Anzahl onkologischer Patientinnen erhält im Verlauf ihrer Erkrankung eine Misteltherapie. Sie gehört in der Schweiz und in Deutschland zu den am meist verordneten komplementärmedizinischen Krebsmedikamenten. Hauptsächlich findet sie Anwendung zur Verbesserung der Lebensqualität und zur Verminderung systemtherapeutisch bedingter Nebenwirkungen (10).
In der Leitlinie der Society for Integrative Oncology (SIO) ist die subkutane Misteltherapie zur Verbesserung der Lebensqualität mit der Empfehlung Grad C angezeigt (Greenlee et al. 2017). Im Juni 2018 wurde diese Leitlinie durch die amerikanische Krebsgesellschaft (ASCO) übernommen und anerkannt (Lymann et al. 2018). Diese Empfehlung bedeutet, dass die Mistel für die Verbesserung der Lebensqualität bei Brustkrebs verwendet werden kann. Die AGO-Kommission Mamma vergab 2023 erneut für den Einsatz der Misteltherapie zur Verbesserung der Lebensqualität unter Systemtherapie eine „Kann“-Empfehlung (Oxford LoE 1a, Oxford GR B, AGO-Empfehlung „+/−“).
Zu den unerwünschten Ereignissen gehören bei zu hoher Dosierung überschießende lokale Reaktionen an der Injektionsstelle und grippeartige Symptome wie Fieber, Schüttelfrost, leichte gastrointestinale Beschwerden und Kopfschmerzen. Zudem kann es bei der Misteltherapiegabe zu einer allergischen Reaktion kommen.
Mistelpräparate sind bei Fieber, Entzündungen und Autoimmunerkrankungen oder Überempfindlichkeit gegenüber einem der Bestandteile zu meiden.
Die
orthomolekulare Medizin, heute auch oft als Mikronährstofftherapie bezeichnet,
findet zunehmend Bedeutung als Begleittherapie konventioneller
Behandlungskonzepte. Dabei werden Mikronährstoffe wie Vitamine, Mineralstoffe
und Spurenelemente – bei defizitärer Versorgung – substituiert.
Die
größte Evidenz für den Einsatz von Mikronährstoffen in der Onkologie liegt für
Selen und Vitamin D vor.
Tumorpatienten weisen häufig einen Vitamin-D-Mangel auf. In Studien wurde bei bis zu 70 % der Krebspatienten eine Unterversorgung mit Vitamin D diagnostiziert, wenn der Vitamin-D-Mangel anhand des 25-Hydroxy-Vitamin-D3-Serumspiegels (Calcidiol <75 nmol/l) festgelegt wurde (11).
In einer Meta-Analyse von 2014 wurde der Einfluss des 25-OH-D-Status auf die Überlebensrate bei Brustkrebspatientinnen ermittelt. Ein normaler 25-OH-D-Status zur Zeit der Brustkrebsdiagnose war mit einem besseren Krankheitsverlauf verbunden. Patientinnen in der Gruppe mit der besten Versorgung an Vitamin D (25-OH-D: ca. 30 ng/ml) hatten eine um 44 % geringere Sterblichkeitsrate im Vergleich zu Frauen mit Vitamin-D-Mangel (25-OH-D: ca. 17 ng/ml) (11).
Eine unkontrollierte Substitution von Vitamin D ist nicht empfehlenswert, lediglich bei nachgewiesenem Mangel sollte bedarfsgerecht substituiert werden.
Die Basis der Mindfulness-Based Stress Reduction (MBSR) ist ein Mehrkomponenten-Programm mit den Bereichen Stressmanagement, gesunde Ernährung, Bewegung und Entspannung. Das integrative Konzept ermöglicht es, auf diesen verschiedenen Ebenen, ergänzt durch verhaltenstherapeutische Ansätze, dauerhafte Impulse zur Lebensgestaltung zu geben.
Die achtsamkeitsbasierte Stressreduktion (Mindfulness-Based Stress Reduction, MBSR) nach Jon Kabat-Zinn basiert auf einem 8-Wochen-Programm mit insgesamt 24 Stunden in der Gruppe und 45 Minuten täglicher Übung zu Hause. Im Fokus des Programms steht das Prinzip der Achtsamkeit, der bewussten Wahrnehmung und Akzeptanz von Körperempfindungen, Gedanken und Gefühlen. Essenzieller Bestandteil des Programms ist neben den praktischen Übungen auch die Übertragung des Erlernten in den Alltag. Mit MBM-Methoden sollen langfristig die Eigenaktivität des einzelnen Menschen und die Nutzung seiner individuellen Ressourcen im Gesundungsprozess gestärkt werden. Die Patientin wird unterstützt, das eigene Verhalten und das Lebensumfeld gesundheitsfördernd zu gestalten.
Im Zusammenhang mit einer onkologischen Erkrankung zeigte die Anwendung von „Mindfulness-based stress reduction Training“ (MBSR) nach Jon Kabat-Zinn positive Effekte auf stressbedingte körperliche Symptome und psychische Belastungen wie Depressivität und Angst. Parallel steigt die Lebensqualität der Patienten (12, 13).
Weitere Entspannungsverfahren wie Meditation, Hypnose, Autogenes Training, Atemtherapie, Qigong, Progressive Muskelrelaxation, naturgestützte Therapien und weitere werden in der Mind-and-Body Medizin angewendet.
Therapeutische Körperwickel (TBW) gehören zu der Familie der Hydrotherapien und sind Bestandteile der anthroposophischen als auch der naturheilkundlichen Medizin (Kneipp-Therapie). TBW werden zur empirischen Medizin gezählt aufgrund fehlender randomisierter Daten. Bei den Wickeln werden Wärme- und Entspannungstherapie miteinander kombiniert mit dem Ziel, Fatigue zu reduzieren, Ängste zu lindern und der Patientin ein angenehmes Körpergefühl zu vermitteln. In der Regel dauern TWB 60 Minuten und bestehen aus einer 30-minütigen Anwendungsphase und einer 30-minütigen Ruhephase. Wichtig sind die genaue Anleitung und Durchführung der Wickel durch geschulte Krankenpfleger/-innen, die die Wickelapplikation ambulant oder stationär durchführen und die Patienten anleiten, damit die TBW zu Hause selbstständig durchgeführt werden können.
In einer 2020 publizierten Studie mit 144 Patientinnen mit Mamma- oder gynäkologischen Karzinomen mit insgesamt 623 durchgeführten ambulanten TBW zeigten Schmidt et al. bei 76 % der Patientinnen eine signifikante Verbesserung ihres Allgemeinbefindens. 94 % der Patientinnen bewerteten die TBW als subjektiven Erfolg (14).
Die Integrative Onkologie kombiniert schulmedizinische und
komplementärmedizinische Ansätze, um die Lebensqualität zu verbessern sowie
Nebenwirkungen zu lindern. Diese evidenzinformierte Behandlung stellt keine
Alternative zur Schulmedizin dar. Die Behandlung bezieht sich auf die Zeit vor
und während der Krebsbehandlung sowie über diese hinaus.
Sie berücksichtigt sowohl körperliche als auch
psychosoziale Aspekte der Erkrankten. Die Patientin wird als aktive
Teilnehmerin der Behandlung gesehen und soll durch das integrative
Behandlungskonzept in ihrer Selbstwirksamkeit gestärkt werden.
Es wird empfohlen, Patientinnen regelmäßig zu
komplementären Therapien zu befragen und mögliche Wechselwirkungen mit der schulmedizinischen
Behandlung zu prüfen. Patientinnen mit Wunsch nach integrativer Therapie
sollten unterstützt und ebenso geeignete Therapiemethoden proaktiv
angeboten werden. Ausbildung und Forschung auf dem Felde der integrativen
Medizin sollten vorangetrieben werden.
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