Die überaktive Blase: Was gibt es Neues?1
Die Ätiologie der überaktiven Blase ist heterogen, deswegen ist auch der Therapieansatz nicht immer ganz einfach.
Entzündliche Prozesse wie rezidivierende Harnwegsinfektionen, neurogene Ursachen wie typischerweise MS, eine Obstruktion, eine Alterung der Harnblase und seltener auch Tumoren werden hier als ursächlich gefunden. Ein grosser Teil der Patientinnen, die wir sehen, hat jedoch keinen spezifischen Grund und wird als idiopathische überaktive Blase klassifiziert. (Abb. 1)
Auch Atrophie, Tumore des äusseren Genitale (Obstruktion) und Lichen sclerosus können zu solchen Blasenstörungen führen und sollten ausgeschlossen werden.
Die überaktive Blase gehört zu den Blasenspeicherstörungen. Sie zeichnet sich durch einen plötzlich auftretenden, dringenden Harndrang aus, obwohl die Harnblase nur wenig gefüllt ist. Dieser Harndrang kann mit oder ohne Inkontinenz auftreten.
Die überaktive Blase wird meist über eine Ausschlussdiagnose festgestellt. Eine häufige Miktion mit nur geringen Mengen Urin, die Trinkhäufigkeit und die Trinkmengen können über ein Anamnesegespräch erste Hinweise geben. Ein Miktionstagebuch kann hierbei Aufschluss über die funktionelle Harnblasenkapazität, die Trinkmenge und die Art des Getrunkenen geben.
Als weitere Basisdiagnostik empfiehlt sich eine Medikamentenanamnese, eine urogynäkologische klinische Untersuchung und eine Urindiagnostik zum Ausschluss eines Harnwegsinfektes oder einer Bakteriurie und eine sonografische Restharnbestimmung.
Als weiterführende Diagnostik bei beispielsweise Therapieresistenz oder begleitender Hämaturie sind die Zystoskopie mit Zytologie und gegebenenfalls die Urodynamik.
Therapie
Die Therapie der überaktiven Blase ist in erster Linie konservativ , wenn diese operativ versagt.
1 Linie -> Verhaltensänderungen/Verhaltenstherapie
2 Linie -> Medikamentöse Behandlung
3 Linie -> Operative Behandlung
(Abb. 2)
Erstlinientherapie
1. Beckenbodentraining
zur Linderung des Harndrangs
2. Verhaltenstherapie
(Raucherentwöhnung, Gewichtsabnahme)*
3. Blasentraining
4. Behandlung
der vulvovaginalen Atrophie; meist bereits in Kombination mit
Medikamentöser Therapie
Beta-3-Adrenergika (Mirabegron®) und Antimuskarinika (Vesicare®, Emselex®, Vesoxx®) sind die wichtigsten Optionen (siehe Tabelle 1).
Propiverin ist in zwei Dosierungen erhältlich und hat blasenrelaxierende und blasenentspannende Wirkungen. Die Datenlage ist hier gut für eine Verbesserung der Blasenkapazität und Reduktion der Drangprobleme.
Die Kombination von Anticholinergika (z. B. Vesicare®) und Betamimetika (Mirabegron®) ist möglich und führt gemäss Studien zu einer Wirkungsverstärkung bei ähnlichem Nebenwirkungsprofil.
Wichtige Kontraindikationen von Anticholinergika:
Engwinkelglaukom, unbehandelte Harnretention oder Überlaufblase, schwere intestinale Obstruktion oder atonische Darmwand, Myasthenia Gravis, Tachykardie, schwere Herzinsuffizienz
Wichtige Kontraindikationen von Betmiga®:
Schwere, nicht behandelte Hypertonie (systolischer Blutdruck ≥180 mmHg und/oder diastolischer Blutdruck ≥110 mmHg)
Verordnung mit Vorsicht: Patienten mit anamnestisch bekannter QT-Verlängerung oder unter Einnahme von bekanntermaßen das QT-Intervall verlängernden Arzneimitteln (z.B Escitalopram)
Antimuskarinika und Demenz
Es hat sich folgendes Therapieschema bewährt: Abb. 3
Also – was gibt es Neues?
– Propiverine ist in zwei verschiedenen Dosen für Erwachsene verfügbar und kann auftitriert werden
– Die Kombination von Anticholinergika mit Betamimetika (Mirabegron®) führt zu einer Wirkverstärkung bei ähnlichem Nebenwirkungsprofil
Literatur
Bei der Autorin erhältlich