Unilaterale zerebellare Hypoplasie
Wenn man rein deskriptiv bleiben will, so sieht man eine asymmetrische und vergrösserte Cisterna magna mit Asymmetrie auch der Kleinhirnhemisphären. Die Falx cerebri hinten ist etwas nach links verlagert und der Vermis cerebelli scheint ebenfalls nicht mittig zu liegen, sondern mit der Hauptmasse rechts. Biometrisch ist der TCD <P10 und die CM >P90, der Vermisumfang <P10 bei normalem Volumen (eigene Normkurven) (1, 2) (Abb. 1). Die häufigsten Pathologien der hinteren Schädelgrube sind meist symmetrischer Natur (Megacisterna magna, Blakezyste, Dandy-Walker-Malformation, Rhombencephalosynapsis etc.). Asymmetrische Pathologien sind z. B. Tumoren (meist Teratome), Arachnoidalzysten, Thrombosen in einem Sinus transversum oder im Sinus confluens, auch Torcula Herophilii genannt, oder andere Gefässtumoren.
Die unilaterale zerebellare Hypoplasie ist eine seltene Pathologie der hinteren Schädelgrube, welche ebenfalls charakterisiert ist durch eine variable Asymmetrie der Kleinhirnhemisphären. In der Literatur wurden bisher weniger als 50 pränatal diagnostizierte Fälle beschrieben. (3–5) Die Ursache ist noch weitgehend unklar. Die vorherrschende Meinung stützt sich auf pränatale und auch postnatale Beobachtungen, welche für vaskuläre Insulte unterschiedlicher Ätiologie sprechen. Diese führen zu Störungen der zerebellaren Entwicklung. Unser Fall scheint diese vaskuläre Genese zu unterstützen, da mit 20 Wochen die hintere Schädelgrube und insbesondere die Kleinhirnanatomie als normal imponiert hatten (Abb. 2). Daneben sehen wir auch in den 3D-gerenderten Farbdopplerbildern eine Asymmetrie auch der Angioarchitektur. Es fällt v. a. ein kaum darstellbarer Sinus transversus auf der hypoplastischen Seite (links) auf, während auf der „normalen“ Seite dieser kräftig ausgebildet ist. Der Circulus arteriosus Willisii mit den abgehenden Arterien auch Richtung hintere Schädelgrube erscheint symmetrisch (Abb. 3). Die morphologischen Befunde konnten im MRI bestätigt werden (Abb. 1), wobei keine Hinweise für Blutungen gefunden wurden. Die makrozerebrale Anatomie war zeitentsprechend und die Liquorräume waren – ausser im Bereiche der hinteren Schädelgrube – nicht erweitert.
Die Frau ist noch schwanger. Es haben mehrere Gespräche stattgefunden zusammen mit den Neuropädiatern. Die Prognose ist schwierig vorherzusagen und wird gemäss Literatur von verschiedenen Faktoren beeinflusst wie zusätzliche Fehlbildungen, insbesondere zerebrale. Es kann auch mit Herz- und Augenfehlbildungen wie beim sog. PHACE(S)-Syndrom assoziiert sein. Hieran ist insbesondere bei segmentalen Hämangiomen der unteren Gesichtshälfte zu denken. Das Akronym bedeutet die Assoziation von Posterior fossa brain malformations, Hemangioma, Arterial anomalies, Coarctatio aortae beziehungsweise cardiac anomalies, Eye anomalies und Sternal clefts/supraumbilical raphe. (6) Prognostisch als günstig zu werten ist das Vorhandensein eines normalen Vermis. (5)
Literatur
1. Spinelli M, et
al., Ultrasound Int Open. 2016 Nov; 2(4):E124–8. doi: 10.1055/s-0042-119952. PMID: 27921094; PMCID:
PMC5134824.
2. Spinelli M, et
al., Fetal Diagn Ther. 2019; 46(4):223–30. doi: 10.1159/000494721. Epub 2018 Dec 5. PMID: 30517923.
3. Massoud M et al.,
Ultrasound Obstet Gynecol. 2014; 44(4): 447–54. doi: 10.1002/uog.13217. PMID:
24185815.
4. Ding Y et al.,
Chinese J Med Ultrasound. 2022; 19, 8–16.
5. Poretti A et al.,
Dev Med Child Neurol. 2010; 52(8):718–24. doi:
10.1111/j.1469-8749.2009.03522.x. Epub 2009 Oct 23. PMID: 19863638.
6. Orphanet:
PHACE-Syndrom