Wussten Sie schon...

Überlebensvorteil mit endokriner Erhaltungstherapie bei low-grade Ovarialkarzinom? / Antibiotische Prophylaxe und frühe neonatale intestinale Mikrobiome? / Bessere Orgasmusfähigkeit mit Beckenbodentherapie / Unfaire Onlinebewertungen / Vorteile von Hyaluronsäure-Gel nach operativer Hysteroskopie / Sensitivität der SNL bei EOC/Olivenölgenuss und Demenz / Yoga und Muskelrelaxation bei PMS / Frühgeburten aufgrund der Erderwärmung / Assoziation zwischen postpartaler Inkontinenz und Depression / Überlebens-vorteil bei serösem Ovarialkarzinom im Frühstadium durch Lymphadenektomie

… dass endokrine Erhaltungstherapien für Patientinnen mit low-grade Ovarialkarzinom mit einem signifikanten Überlebensvorteil assoziiert sind?

Das low-grade Ovarialkarzinom ist eine seltene Erkrankung und wie bei vielen seltenen Tumorerkrankungen ist die Datenlage zum optimalen Management unbefriedigend. Verschiedene Studien konnten bereits einen Vorteil für die endokrine Therapie (bei Hormonrezeptor-Positivität) dieser Erkrankung zeigen. Eine retrospektive Multicenter-Studie von 450 Patientinnen mit fortgeschrittenem Tumorstadium (FIGO III/IV) zeigten im 10-Jahres-Verlauf einen Benefit von immerhin 10 % (75 % versus 65 %) für das Gesamtüberleben (Barakzai SK et al., Gyn Onc 2024; 190:119–23).

Kommentar
Gerade für seltene Tumorentitäten wie das low-grade Ovarialkarzinom liefern retrospektive Datenanalysen wie diese einen wichtigen Beitrag zur Therapieoptimierung.

Martin Heubner

… dass die antibiotische Prophylaxe vor oder nach Abnabelung kaum einen Einfluss hat auf das frühe neonatale intestinale Mikrobiom?

(Sinha et al., Cell Host & Microbe 2024; 32, 1444–54)

Kommentar
Bei der hohen Sectiofrequenz in den industrialisierten und steigend auch in den Entwicklungsländern sind Massnahmen welche das Risiko für Wundinfektionen senkt wichtig. Dazu gehört die antibiotische Prophylaxe. Metaanalysen von randomisierten Studien zeigen, dass eine antibiotische Prophylaxe vor Abnabelung bzw. bei Operationsbeginn mit einer signifikant niedrigeren maternalen Infektmorbidität assoziiert ist als nach Abnabelung. Die aktuelle Studie trägt weiter dazu bei, unsere Angst das Kind unnötig Antibiotika zu exponieren, zu senken. Wichtiger beim Mikrobiom ist wieder einmal das Stillen welches in der erwähnten Studie einen wichtigeren Effekt zeigte als die potenziell negative Antibiotikaexposition.

Luigi Raio

… dass Beckenbodentherapie die Orgasmusfähigkeit positiv beeinflusst?

Ein kürzlich erschienener Systematic Review, der randomisierte Studien – immerhin 21! – im Hinblick auf die Änderung der Sexualfunktion unter Beckenbodentherapie untersucht hat, kommt zu dem Schluss, dass sich die Sexualfunktion inklusive Orgasmusfähigkeit signifikant unter Beckenbodentherapie verbessert. Vielleicht ist das ein Argument in der Sprechstunde, die Patientinnen weiterhin für die konservative Therapie zu motivieren! (Die Autoren geben allerdings zu, dass der Evidenzgrad schwach ist …) (Homsi Jorge C. et al Am J Obstet-Gynecol 2024;15:61).

Annette Kuhn

… dass man etwas gegen unfaire Onlinebewertungen machen kann?

Haben Sie sich auch schon über unfaire Patientenbewertungen geärgert? Diese sind da und bleiben da. Aber man kann etwas dagegen tun: Gegenreaktion durch positive Feedbacks. Man kann zufriedene Paare um Beurteilung bitten. In den USA gibt es dafür sogar Apps und automatisierte Systeme wie „Dear Doc“, „Rater 8“ und „Loyal Health“. Man meint, dass es sogar von Vorteil sein könnte, eine anonyme Anfrage an die Patientinnen zu richten. Kommt offenbar oft besser an als eine ­persönliche Anfrage. 
Allgemein ist die Ansicht, dass es von Vorteil sei, möglichst viele Bewertungen zu erhalten (medscape, 27.03.2024).

Michael K. Hohl

… dass Hyaluronsäure-Gel nach operativer Hysteroskopie Adhäsionen vorbeugen und die Fertilität verbessern kann?

Einige Studien hatten auf einen möglichen Vorteil hingedeutet, eine Metaanalyse mit über 2300 Patientinnen belegt nun deutlich, dass das Risiko intrauteriner Adhäsionen durch die Anwendung von Hyaluronsäure-Gel um die Hälfte verringert werden und in Folge die Schwangerschaftsraten um etwa ein Viertel gegenüber der Nichtverwendung verbessert werden können (Luo Y et al., AJOG 2024; 231: 36–50).

Martin Heubner

… dass die Sensitivität der Sentinellymphknoten Biopsie (SLN) beim frühen epithelialen Ovarialkarzinom (EOC) tief ist?

In einer multizentrischen, prospektiven Phase-II-Studie wurde bei 169 Patientinnen mit frühem EOC eine SLN-Biopsie mit anschliessender pelviner und paraaortaler Lymphadenektomie durchgeführt. Bei 70 Patientinnen konnte kein SLN nachgewiesen werden (65 hatten definitiv histologisch negative Lymphknoten, bei fünf wurden Lymphknotenmetastasen nachgewiesen). Bei 99 (58,6 %) Patientinnen wurde mindestens ein Sentinel-Lymphknoten erfolgreich identifiziert (84 hatten in der ­definitiven Histologie negative Lymphknoten, bei 15 wurden Lymphknotenmetastasen nachgewiesen, 11 davon hatten positive SLN, davon wurden sieben Lymphknotenmetastasen nur durch ein Ultra-Staging-Protokoll identifiziert). Bei vier (26,7 %) Patientinnen mit lymphknoten-positiver Erkrankung war der SLN negativ (Sensitivität 73,3 % und Spezifität 100,0%).
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass in dieser multizentrischen Studie der Nachweis von SLN bei EOC im Frühstadium nicht die erwartete Sensitivität erreichte. Bei jeder vierten Patientin könnte eine metastatische Lymphomerkrankung vorliegen, die durch die Sentinel-Lymphknoten-Biopsie nicht erkannt worden wäre. Dennoch wurden 35,0 % der nodal-positiven Patientinnen nur durch ein SLN-Ultra-Staging-Protokoll entdeckt, sodass die SLN-Exzision im frühen OEC trotzdem einen Mehrwert darstellen könnte (Nero C et al., Eur J Cancer 2024; 196, 113435).

Michael D. Mueller

… dass Olivenölgenuss tatsächlich das Risiko, an Demenz zu sterben, senkt?

Eine kürzlich im JAMA publizierte Studie , in der ein Register mit über 93 000 Personen analysiert wurde, zeigte, dass der regelmässige Genuss von Olivenöl tatsächlich das Risiko, an einer mit Demenz verbundenen Erkrankung zu sterben, senken kann – wer hätte das gedacht?

Allerdings muss ich zugeben, nicht so wahnsinnig überrascht gewesen zu sein, weil wahrscheinlich Personen, die auf eine gesunde Ernährung achten, auch sonst eher einen gesünderen Lebensstil pflegen als andere (Tessier, A.J. et al PhDJAMA Network Open. 2024; 7:e2410021).

Annette Kuhn

... dass Yoga und progressive Muskelrelaxation (PMR) ein prämenstruelles Syndrom (PMS) signifikant verbessern können ?

In einer randomisierten, kontrollierten Studie wurde der Einfluss von Yoga und progressiver Muskelrelaxation (auch Jaacobsonsche Technik –nach ihrem Erfinder – genannt), bei der sukzessive bei verschiedenen Muskelgruppen eine Anspannung einer bewussten Relaxation folgt und ihre Wirkung auf das PMS und die damit verbundene Depression, Angst und Stress geprüft. 68 Studentinnen wurden in vier Gruppen unterteilt: Yoga (Y), Muskelrelaxation (PMR), Y+PMR und Kontrollen. PMS-Score und Depressiom, Anxiety und Stresscore waren die Messkriterien.
Die Y + PMR-Gruppe hatte signifikant niedrigere PMS-Scores als die anderen Gruppen. Depression, Anxiety und Stress-Scores waren signifikant niedriger in der Y-, PMR- sowie PMR + Y-Gruppe im Vergleich zu Kontrollen (Abic, A. et al., Women and Health 2024; 64: 3).

Kommentar
Eine sinnvolle Ergänzung oder Alternative zur medikamentösen Therapie. Eine weitere Option ist auch ein aerobes Training (ebenfalls dokumentiert durch eine randomisierte Studie: El Lithy et al., J. Obstet Gynecol 2015; doi:10.3109/01443615, 2014.960823).

Michael K. Hohl

… dass mit der zunehmenden Erderwärmung die Frühgeburtenrate ansteigen wird und dass hitzebeeinflussende Massnahmen wie mehr Grünflächen in Städten diesen Prozess bremsen können?

(Ye T et al., JAMA Pediatr. 2024;178: 376–83)

Kommentar
Diese Studie wurde in Australien durchgeführt und die Grünflächen in verschiedenen Städten wurden u.a. mit Satellitenbildern berechnet. Es wurde eine inverse Korrelation gefunden zwischen diesen Parametern. Diese Studie freut mich, da wir unsere Städteplaner/Politiker in die Verantwortung nehmen können. Mehr Grünflächen in urbanen Gebieten senkt die Tages- und auch die Nachttemperaturen und somit auch die Frühgeburtlichkeit.

Luigi Raio

… dass es eine Assoziation ­zwischen postpartaler Inkontinenz und Depression gibt?

Die postpartale Depression ist häufig, die Gründe multifaktoriell. In einer grossen Metaanalyse wurde nun gezielt eine mögliche Assoziation mit Harninkontinenz analysiert. Insbesondere eine über sechs Monate post partum bestehende Harninkontinenz war deutlich (HR 1.53) mit postpartaler Depression assoziiert (Gallego-Gomez C et al., AJOG 2024; 231: 296–307).

Martin Heubner

… dass bei Patientinnen mit serösem Ovarialkarzinom im Frühstadium die Lymphadenektomie mit einem Überlebensvorteil verbunden ist?

Der onkologische Verlauf von 586 Patientinnen mit epithelialem Ovarialkarzinom (EOC) im Frühstadium wurde retrospektiv analysiert, 77,3 % (n = 453) erhielten eine Lymphadenektomie. Nach dem chirurgischen Staging wurde bei 14 (3,1 %) von 453 Patientinnen aufgrund des Vorhandenseins von Lymphknotenmetastasen ein Upstaging durchgeführt. Insgesamt wurde kein signifikanter Unterschied beim 5-Jahres-­Rezidiv-freien Überleben (DFS, 88,9 % vs. 83,4 %, p = 0,203) und 5-Jahres-Gesamtüberleben (OS, 97,2 % vs. 97,7 %, p = 0,895) zwischen der Gruppe mit und ohne Lymphadenektomie festgestellt. Bei einer Untergruppenanalyse wies die Lymphadenektomie-Gruppe mit seröser Histologie jedoch höhere 5-Jahres-DFS-Raten auf als die Gruppe ohne Lymphadenektomie (86,5 % gegenüber 74,4 %, p = 0,048; bereinigte Hazard Ratio = 0,281; 95 % Konfidenzintervall = 0,107–0,735; p = 0,010) (Yang EJ et al., J Gynecol Oncol 2024; 35:e75).

Michael D. Mueller

… dass es ein Hilfsmittel zur ­Einbringung von Substanzen in die Blase gibt, mit der sich Katheterisierungen vermeiden lassen?

Rezidivierende Harnwegsinfektionen können eine therapeutische Herausforderung darstellen, und manchmal verwenden wir als Drittmitteltherapien verschiedene Instillationen in die Harnblase.
Das Einbringen der Substanzen hat den Vorteil, eine hohe Substratmenge an den Ort des Geschehens einzubringen, erfordert aber leider den meist selbst ausgeführten oder durch Fachpersonal unternommen Katheterismus. Bei rezidivierenden Harnwegsinfekten oder Bladder Pain Syndrome (BPS/IC) können dies beispielsweise Hyaluronsäure mit Chondroitinsulfat, DMSO oder Heparingemische sein. Der Ialuadapter® (IBSA) kann hier helfen, Katheterismus zu vermeiden, weil er einfach nur auf die Harnröhre aufgesetzt wird.
Auch nicht-antibiotische Strategien sollten auf Evidenz basieren, welche im Artikel im Einzelnen beleuchtet werden (Ponthoven, R. Insights 2023, 17: 126–37).

Annette Kuhn

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