Sonoquiz Auflösung 01/24

Komplette Blasenmole bei dichorialer Geminischwangerschaft

Wir haben viele Antworten erhalten, welche aber nur partiell richtig waren. Ich betone das Wort „partiell“ speziell, da alle auf eine Blasenmole getippt haben. Das stimmt prinzipiell, aber in diesem Fall handelt es sich um eine Zwillingsschwangerschaft, wo sich der zweite Geminus gar nicht entwickelt hatte, sondern wir eine komplette Blasenmole neben einer normalen Plazenta hatten.

Wegen den somatischen Auffälligkeiten beim Co-­Zwilling erfolgte eine Chorionzottenbiopsie, welche einen unauffälligen Karyotyp und CGH Array zeigte. Innerhalb von drei Tagen kam es zu einem Anstieg des βHCGs auf 635‘700 U/L mit einer sonographisch progressiven Volumenzunahme der Blasenmole und diskreten Lösungszeichen der Plazenta. Zudem bestand eine hCG-induzierte Hyperthyreose. Initial war die Patientin asymptomatisch, im Verlauf kam es jedoch zu einer leichten vaginalen Blutung. Nach ausführlicher Diskussion über die Risiken und Chancen bei Fortführen der Schwangerschaft entschloss sie sich schlussendlich zu einer Beendigung. Die Saugcurettage wurde komplikationslos durchgeführt, intraoperativ zeigte sich das typische Bild einer Plazenta durchsetzt mit kleinen Zysten (Abb. 1). In der definitiven Histologie bestätigte sich unser Verdacht bei Nachweis von Gewebe zweier morphologisch und immunphänotypisch unterschiedlicher Chorionzotten. Bei den ­morphologisch auffälligen Zotten mit p57-Verlust waren die molekularen Ergebnisse vereinbar mit einer kompletten Blasenmole bzw. einer Triploidie. Bei den morphologisch unauffälligen Zotten mit erhaltener Expression für p57 handelte es sich um ein männliches Individuum ohne Hinweise auf eine Blasenmole. In den darauffolgenden wöchentlichen βHCG-Kontrollen kam es initial zu einer adäquaten Verringerung des βHCGs. 14 Wochen postoperativ zeigte jedoch ein Wiederanstieg des βHCGs über zwei konsekutive Werte auf 179 U/l mit der Diagnose einer postmolaren GTN (Gestational Trophoblastic Neoplasia) analog der FIGO-Kriterien (Grafik 1). Das daraufhin durchgeführte Staging ergab keine Hinweise auf Lungenmetastasen, sonographisch kein Hinweis auf Plazentareste. Bei einem FIGO-Stadium I und einem FIGO risk score von 0 entschieden wir uns, mit einer Monotherapie Methotrexat zu beginnen.

Zwillingsschwangerschaften mit kompletter Blasenmole und Koexistenz eines normalen Feten sind äusserst selten. Die Prävalenz beträgt 1:22 000–1:100 000. Die Fortführung der Schwangerschaft birgt ein hohes Risiko für geburtshilfliche Komplikationen (Blutung, Präeklampsie, Frühgeburtlichkeit, Abort, intrauteriner Fruchttod, Hyperthyreoidismus) (1, 2). In einer kürzlich publizierten, retrospektiven Studie aus Frankreich wurden 141 Fälle beschrieben (1). 108 Patientinnen entschieden, die Schwangerschaft fortzuführen. Von diesen kam es bei 37 % zu einem Spontanabort und bei 16 % zu einer Beendigung der Schwangerschaft aus mütterlicher Indikation. Die neonatale Überlebensrate am 8. postnatalen Tag betrug 36 % nach Ausschluss der Patientinnen mit elektiver Schwangerschaftsbeendigung (Grafik 2). Die Höhe des βHCGs korrelierte signifikant mit dem neonatalen Überleben. Zu den mütterlichen Komplikationen gehörten Präeklampsie in 18 (17 %) und postpartale Blutungen in 32 von 141 Fällen (23%). In einem Viertel der Fälle kam es im Verlauf zur Entwicklung einer postmolaren GTN mit der Notwendigkeit einer Chemotherapie. Aufgrund der Seltenheit der Erkrankung und der hohen geburtshilflichen Risiken sind eine ausführliche Aufklärung der Patientin mit gemeinsamer Entscheidungsfindung sowie eine engmaschige Betreuung durch ein spezialisiertes Team von zentraler Bedeutung.

Literatur
1. Hajri T et al. Multiple pregnancy with complete hydatidiform mole and coexisting normal fetus in a retrospective cohort of 141 patients. Am J Obstet Gynecol. 2024;230(3): 362.e1-362.e8. doi: 10.1016/j.ajog.2023.09.006
2. Sebire NJ et al. Outcome of twin pregnancies with complete hydatidiform mole and healthy co-twin. Lancet. 2002;359(9324): 2165–6. doi:10.1016/S0140-6736(02)09085-2
3. Lok C et al. Clinical Working Party of the EOTTD. Practical ­clinical guidelines of the EOTTD for treatment and referral of gestational trophoblastic disease. Eur J Cancer. 2020;130:228–240. doi:10.1016/j.ejca.2020.02.011

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