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Ausgewählte Highlights vom San Antonio Breast Cancer Symposium (SABCS) 2023

Vom 5. bis 9. Dezember 2023 fand das 46. San Antonio Breast Cancer Symposium (SABCS) statt. Circa 10 000 Teilnehmende aus Klinik und Wissenschaft sowie Patientinnenvertreterinnen aus aller Welt kamen zusammen, um sich auszutauschen und die neuesten Studiendaten zu erfahren.

Lokale und lokoregionäre Therapie

Über die letzten Jahre ist das Interesse an chirurgischen Studien stark gewachsen, sodass die evidenz-basierte Therapie auch in diesem Teilbereich der Brustkrebsbehandlung erfreulicherweise immer mehr Raum einnimmt. Auch in diesem Jahr gab es interessante neue Erkenntnisse:

ICARO Study (EUBREAST 14 OPBC05 ICARO) In diesem globalen retrospektiven Studiendesign haben Giacomo Montagna und Walter Weber untersucht, wie das Outcome von Patientinnen ist, bei denen nach neoadjuvanter Chemotherapie noch isolierte Tumorzellen in den Lymphknoten nachweisbar waren. Ausgangspunkt der Studie war, dass es unbekannt ist, wie häufig bei Patientinnen mit isolierten Tumorzellen (ITC) weitere positive Lymphknoten gefunden werden. Damit ist auch der Nutzen der Axilladissektion (ALND) unklar. Dies hat zu Folge, dass es keine standardisierte Therapie bezüglich der axillären Lymphknoten bei diesen Patientinnen gibt. In der ICARO-Studie wurden 412 Patientinnen betrachtet, die nach neoadjuvanter Chemotherapie eine Sentinellymphonodektomie (SLNE) oder Targeted Axillary Dissection (TAD) erhielten. Bei 35.4 % der Patientinnen mit ITCs wurde eine komplettierende ALND durchgeführt, bei 64.6 % der Patientinnen nicht. In der ALND-Gruppe wurden bei 43/146 Patientinnen (29.5 %) zusätzliche positive Lymphknoten gefunden. Dabei handelte es sich in 11/146 (7.5 %) um Makrometastasen, in 9/146 (6.2 %) um Mikrometastasen und in 23/146 (15.8 %) um ITCs.

Die 5-Jahres-Raten für axilläre Rezidive, lokoregionäre Rezidive und invasive Rezidive (lokoregionär und Fernmetastasen) in der gesamten Kohorte betrugen 2.7 % (95 % CI 1.2–5.4), 2.8 % (95 % CI 1.2–5.4) bzw. 16 % (95 % CI 11–21). Es gab für keinen der drei Endpunkte einen statistisch signifikanten Unterschied zwischen den Patientinnen, die eine ALND bekamen und denen ohne komplettierende ALND (2.2 % vs. 3.1 %, p = 0.6), (2.6 % vs. 3.0 %, p = 0.4) bzw. (14 % vs. 18 %, p = 0.12).

Fazit: Die Wahrscheinlichkeit, bei Patientinnen mit ITCs nach neoadjuvanter Chemotherapie weitere positive Lymphknoten zu finden, ist geringer als bei Patientinnen mit Mikro-und Makrometastasen. Axilläre Rezidive sind – auch bei Verzicht auf eine komplettierende ALND – selten. Daher scheint bei isolierten Tumorzellen im Lymphknoten nach einer neoadjuvanten Chemotherapie eine standardmässige Axilladissektion nicht indiziert.

SENOMAC Trial: In dieser internationalen, randomisierten Studie von Jana De Boniface et al. wurden 2766 Patientinnen (davon zehn Patienten) mit T1-3 cN0-Tumoren und bis zu zwei positiven Sentinel-Lymphknoten (SN) randomisiert. Sie erhielten entweder eine Axilladissektion oder nur die SLNE. Sowohl brusterhaltende Operationen als auch Mastektomien waren möglich. Fast 90 % erhielten eine adjuvante Radiotherapie einschliesslich nodaler Bestrahlung, nahezu alle erhielten eine adjuvante Systemtherapie. Das mediane Follow-up lag bei 37.1 Monaten.
Bei 34.1 % in der Gruppe mit ALND wurden zusätzliche positive Lymphknoten in non-Sentinels detektiert. Ingesamt wurden 104 Rezidive berichtet, 54 (4.5 %) im ALND-Arm und 50 (3.7 %) in der SLNE-Gruppe. Davon betrafen elf Rezidive die ipsilaterale Axilla (5 [0.4 %] und 6 [0.5 %]). Es zeigte sich kein Unterschied im rezidiv-freien Überleben (88.7 vs. 89.7 %).

Fazit: Die non-inferiority des Verzichts auf eine Axilladissektion wurde in dieser ersten Analyse bestätigt. Allerdings ist ein längeres Follow-up essenziell, da in der Studie ein hoher Anteil an luminalen Mammakarzinomen eingeschlossen wurde, welche auch noch viele Jahre nach Erstdiagnose zu Rezidiven führen können.

Erste Ergebnisse der NRG Oncology/NSABP B-51/RTOG 1304: (Mamounas E et al.): Lokoregionäre Bestrahlung bei Patientinnen mit histologisch nachgewiesener axillärer Metastasierung bei Diagnose, die nach neoadjuvanter Chemotherapie nodal-negativ waren.

In dieser randomisierten Phase-III-Studie sollte untersucht werden, ob die lokoregionäre Bestrahlung (regional nodal irradiation, RNI) – zusätzlich zu Post-Mastektomie-Bestrahlung bzw. Brustbestrahlung nach brusterhaltender Operation – das rezidivfreie Intervall signifikant verbessert bei cN+-Patientinnen, die nach neoadjuvanter Chemotherapie zu ypN0 konvertierten.

1641 Patientinnen wurden randomisiert, das mediane Follow-up lag bei 59.5 Monaten. Es zeigte sich kein signifikanter Benefit der zusätzlichen lokoregionären Bestrahlung (rezidivfreies Überleben nach fünf Jahren: 91.8 % in der Gruppe ohne „RNI“ und 92.7 % mit „RNI“ (HR = 0.88, 95 %CI 0.60–1.29; p = 0.51).

Fazit: Bei Patientinnen mit bioptisch nachgewiesenem cN+-Status, der nach neoadjuvanter Chemotherapie zu einem ypN0-Status umgewandelt wurde, führte die zusätzliche RNI nach Mastektomie bzw. nach brusterhaltender Operation zu keiner signifikanten Verbesserung von rezidivfreiem Intervall, DFS oder OS. Die Nachbeobachtung ist mit fünf Jahren noch relativ kurz und muss im Hinblick auf späte Rezidive weiter fortgesetzt werden.

Neues/Updates vom frühen Mammakarzinom:

KATHERINE (Phase-III-Studie: adjuvant T-DM1 vs. Trastuzumab bei residuellem invasivem HER2-positivem frühem Brustkrebs nach neoadjuvanter Chemotherapie und HER2-gerichteter Therapie; Loibl et al.). Beim diesjährigen SABCS wurden die finale iDFS-Analyse sowie die aktualisierte Overall Survival (OS)-Analyse mit einem medianen F/U von 8.7 Jahren vorgestellt. Die 7-Jahres-iDFS-Raten stiegen von 67.1 % mit Trastuzumab auf 80.8 % mit T-DM1. Das 7-Jahres-OS verbesserte sich signifikant von 84.4 % mit Trastuzumab auf 89.1 % mit T-DM1.

Fazit: T-DM1 ist die erste postneoadjuvante Therapie, die bei Patientinnen mit HER2-positivem Brustkrebs im Frühstadium und einem invasiven Tumorrest nach neoadjuvanter Therapie eine signifikant verbesserte Überlebensrate zeigt.

NATALEE(Phase-III-Studie: Adjuvant Ribociclib + endokrine Therapie versus endokrine Therapie allein bei Patientinnen mit Hormonrezeptor-positivem/HER2-negativem frühem Brustkrebs; Hortobagyi et al.)
In der NATALEE-Studie erhielten 5101 prä-/postmenopausale Frauen und Männer mit HR-positiven/HER2-negativem frühem Mammakarzinom mit intermediärem oder hohem Risiko entweder nur die endokrine Therapie oder zusätzlich drei Jahre den CDK4/6-Inhibitor Ribociclib. Die abschliessende iDFS-Analyse zeigt weiterhin eine statistisch signifikante Verbesserung des iDFS für Ribociclib plus Aromataseinhibitor (AI) gegenüber AI allein (90.7 % vs. 87.6). 78.3 % der Patientinnen waren zum Zeitpunkt des Daten-Cutoffs nicht mehr unter Ribociclib-Therapie (42.8 % hatten diese beendet und 33 % hatten die Therapie vorzeitig abgebrochen). Der iDFS-Vorteil war in allen wichtigen vordefinierten Untergruppen konsistent. Der im Abstract beschriebene Benefit für Ribociclib plus AI auch bei Patientinnen mit nodal-negativer Erkrankung im Stadium II oder III zeigt jedoch ein weites Konfidenzintervall (HR 0.723; 95 % CI 0.412–1.268).

Fazit: Es lässt sich ein absoluter Benefit für das invasive krankheitsfreie Überleben von 3.1 % nach drei Jahren in der Ribociclib-plus-AI-Gruppe zeigen. Die Daten für das Gesamtüberleben sind noch nicht matur.

Metastasiertes Mammakarzinom

INAVO120 (Phase-III-Studie: Inavolisib oder Placebo in Kombination mit Palbociclib und Fulvestrant bei Patientinnen mit PIK3CA-mutiertem, hormonrezeptor-positivem, HER2-negativem, lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Brustkrebs; Jhaveri et al.)

Es handelt sich um eine randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Phase-III-Studie. Dabei wurde ein neuer hochwirksamer und selektiver PI3K-alpha-Inhibitor, Inavolisib, bei Patientinnen mit PIK3CA-mutiertem, Hormonrezeptor-positivem, HER2-negativem, lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Brustkrebs untersucht. Die Studie wurde bei Patientinnen durchgeführt, bei denen während oder innerhalb von zwölf Monaten nach Abschluss einer adjuvanten endokrinen Therapie Metastasen aufgetreten waren. Die Studie hatte also eine Anreicherung von Patientinnen mit schlechter Prognose.
Die Patientinnen erhielten entweder Inavolisib oder Placebo in Kombination mit Palbociclib und Fulvestrant. Insgesamt wurden 325 Patientinnen in die Studie aufgenommen. Die erste Datenanalyse zeigt eine statistisch signifikante und klinisch bedeutsame Verbesserung des medianen PFS durch den Zusatz von Inavolisib von 7.3 Monaten im Kontrollarm auf 15 Monate im Inavolisib-Arm. Die Hazard Ratio betrug 0.43 mit einem p <0.0001.
Nach 18 Monaten waren 46.1 % der Patienten in der Dreiergruppe progressionsfrei, verglichen mit 21.1 % in der Placebogruppe. Die vorläufige Overall Survival (OS)-Analyse zeigt einen Trend zugunsten eines Vorteils des Inavolisib-Tripletts. Das mediane OS betrug in der Placebo-Gruppe 31 Monate. Das mediane OS im Inavolisib-Arm wurde noch nicht erreicht (HR 0.64).
Das Sicherheitsprofil der beiden Arme war vergleichbar. Allerdings muss man auf die typischen Nebenwirkungen von PI3K-Inhibitoren achten: Stomatitis, Hyperglykämie, Durchfall und Hautausschlag. Diese traten in der Inavolisib-Gruppe häufiger auf.

Fazit: Es zeigt sich, dass Inavolisib die endokrine Resistenz bei einer Subgruppe von hochaggressiven, metastasierten Mammakarzinomen überwinden kann und zu einem klinisch bedeutsamem PFS- Benefit führt.

MONARCH3 (Abemaciclib plus Aromataseinhinhibitor in postmenopausalen Patientinnen mit hormonrezeptor–positivem, HER2-negativem fortgeschrittenem oder metastasiertem Mammakarzinom; Goetz et al.)

Auf dem SABCS 2023 wurde die finale Gesamtüberlebens-Analyse der MONARCH3-Studie vorgestellt. In dieser Studie wurde Abemaciclib plus AI mit AI allein als Erstlinie bei postmenopausalen Patientinnen mit Hormonrezeptor-positivem, HER2-negativem fortgeschrittenem oder metastasiertem Brustkrebs verglichen. Die Monarch3-Studie hat bereits einen signifikanten PFS-Vorteil durch den Zusatz von Abemaciclib gezeigt und ist in dieser Indikation zugelassen. Jetzt wurde die vordefinierte endgültige Gesamtüberlebensanalyse vorgelegt. Nach einer Nachbeobachtungszeit von acht Jahren hatten Frauen, die Abemaciclib und einen AI einnahmen, ein medianes Gesamtüberleben von mehr als 5.5 Jahren – eine Verbesserung von 13.1 Monaten im Vergleich zur Kontrollgruppe. In anderen Zahlen ausgedrückt: 66.8 Monate mit Abemaciclib/AI und 53.7 Monate in der AI-Gruppe (HR 0.804, p = 0.0664). Es gab also einen numerisch längeren OS-Nutzen, der jedoch statistisch nicht signifikant war. Der OS-Vorteil wurde in allen Subgruppen beobachtet. Bei Patientinnen mit viszeraler Erkrankung betrug der Unterschied im OS fast 15 Monate.
Das aktualisierte PFS zeigt, dass nach sechs Jahren noch 23,3 % der Patienten im Abemaciclib-Arm progressionsfrei waren, verglichen mit 4,3 % in der AI-Gruppe.

Fazit: Obwohl die statistische Signifikanz für das Gesamtüberleben nicht erreicht wurde, gibt es einen klinisch bedeutsamen Unterschied zugunsten von Abemaciclib plus AI. Dieser betrug 13 Monate in der Gesamt-Population und sogar fast 15 Monate bei Frauen mit viszeraler Metastasierung.

Abschliessend möchte ich noch kurz auf die Daten aus der KEYLYNK-009-Studie eingehen. Dabei handelt es sich um eine randomisierte, offene Phase-II-Studie. In dieser Studie wurden die Wirksamkeit und Sicherheit einer Erhaltungstherapie mit Pembrolizumab plus Olaparib vs. Pembrolizumab plus Chemotherapie bei Patientinnen mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem TNBC untersucht, die nach einer Erstlinien-Induktion mit Pembrolizumab und platinbasierter Chemotherapie einen klinischen Nutzen zeigten. 271 Patientinnen wurden randomisiert, unabhängig vom BRCA-Status.
Das PFS in der Erhaltungsphase war in den beiden Armen fast identisch: 5.5 Monate im Pembro/Olaparib-Arm vs. 5.6 Monate im Pembro/Chemo-Arm. Auch das Overall Survival war nahezu identisch.
In der Untergruppe der Patientinnen mit einer somatischen BRCA-Mutation gab es sogar eine numerische Verbesserung des PFS bei den Patientinnen, die Olaparib erhielten: 12.4 Monate vs. 8.4 Monate. Ausserdem wurde im Pembro/Olaparib-Arm eine geringere Inzidenz von unerwünschten Ereignissen beobachtet als im Pembro/Chemo-Arm.

Fazit: Diese Studie zeigt, dass bei Patientinnen, bei denen die Induktionstherapie mit Pembrolizumab und Chemotherapie eine Wirkung zeigt, eine Erhaltungstherapie mit Pembrolizumab/ Olaparib eine ähnliche Effizienz bei geringerer Toxizität aufweist. Daher kann sie für diese Patientengruppe eine Option darstellen.

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