Hypermenorrhoe – Eine Übersicht aktueller Therapieoptionen
Die Prävalenz der Hypermenorrhoe variiert je nach Altersgruppe und geografischer Region. Es wird angenommen, dass etwa 10–35 % der Frauen im reproduktiven Alter von dieser Störung betroffen sind. Valide Daten zur Prävalenz fehlen aufgrund unterschiedlicher Definitionen und unterschiedlicher respektive fehlender Datenerfassung. Die FIGO definiert die Hypermenorrhoe als übermäßige Menstruationsblutungen, die länger als sieben Tage anhalten oder durch eine Blutmenge von mehr als 80 ml pro Menstruationszyklus gekennzeichnet sind. Während die Blutungsdauer in der Praxis gut zu erheben ist, ist die Einschätzung der Blutungsmenge schon deutlich schwieriger. Ein Menstruationskalender mit der Menge verwendeter Hygieneprodukte kann bei der Einschätzung helfen. Die Blutung kann sowohl in ihrer Dauer als auch in ihrer Intensität variieren und zu erheblichen Beeinträchtigungen im Alltag führen. Spätestens ein chronischer Eisenmangel mit allfälliger Anämie ist ein untrügliches Zeichen für eine persistierende, schwere Hypermenorrhoe. Klinisch praktikabel bei leichteren Ausprägungen ist folgende Definition: eine Hypermenorrhoe ist das, was von der Patientin als solche empfunden wird. Wenn die Therapie nicht zur Sanierung einer hämoglobinrelevanten Blutungsquelle erfolgt, hat sie vor allem ein Ziel: die Verbesserung der Lebensqualität.
Die Ursachen für eine Hypermenorrhoe sind vielfältig und können physiologischer, anatomischer oder hormoneller Natur sein. Dazu gehören beispielsweise Myome, Polypen, eine Adenomyosis uteri interna, endokrinologische Ursachen (z. B. PCOS, perimenopausal), Blutgerinnungsstörungen und inflammatorische Erkrankungen. Ein erheblicher Anteil ist jedoch idiopathisch bedingt. Wichtig, vor allem bei perimenopausalen Patientinnen oder ausgeprägter Adipositas, ist auch der Ausschluss maligner oder prämaligner Läsionen (atypische Endometriumhyperplasie). Gerade in der Perimenopause werden erfahrungsgemäss auch schwangerschaftsassoziierte Blutungen (Aborte) immer wieder missinterpretiert, sie stellen eine wichtige Differenzialdiagnose dar. Bei bis zu 15 % der Frauen mit Hypermenorrhoe ohne fassbare organische Ursache findet sich eine Gerinnungsstörung, meist das Von-Willebrand-Jürgens-Syndrom. Bereits seit der Menarche bestehende starke Menstruationsblutungen, verbunden mit einer auffälligen Blutungsanamnese (Nachblutung nach kleineren chirurgischen Eingriffen, Epistaxis), sollten zu einer entsprechenden Diagnostik veranlassen.
Die Diagnose von Hypermenorrhoe umfasst die gezielte Anamnese, eine gynäkologische Untersuchung inklusive vaginalem Ultraschall. Auf weitere bildgebende Verfahren oder Labortests kann häufig verzichtet werden, die Bestimmungen von Blutbild und Ferritin können neben einem Schwangerschaftstest jedoch nützlich sein. Die Behandlung richtet sich naturgemäss nach der identifizierten Ursache und vor allem nach den persönlichen Präferenzen der Patientin.
Hormonelle Therapieansätze: Die endokrinen Behandlungsansätze sind vielfältig. Orale Kontrazeptiva, Gestagene (Östrogene)oder Gonadotropin-Releasing-Hormon(GnRH)-Analoga können die Menstruationsblutung regulieren und reduzieren.
Gerade in der Perimenopause ist die sogenannte medikamentöse Kürettage, bestehend aus der Gabe von Norethisteron 3×5 mg über 10 Tage, ein verbreitetes und probates Mittel, eine akute Blutung zu stoppen. Als dauerhafte Therapie ist diese jedoch vor allem aufgrund systemischer Gestagen-Effekte nicht geeignet. Eine Anwendung über 2–3 Zyklen hat jedoch häufig einen guten Effekt, in dessen Folge dann auf ein niedriger dosiertes Präparat umgestellt werden kann. Gerade bei rezidivierenden Hypermenorrhoen in der Perimenopause kann auch die Gabe einer sequenziellen Hormonersatztherapie sinnvoll sein.
Prämenopausal kann mit gewöhnlichen kombinierten oralen Kontrazeptiva (KOK) eine Reduktion der Blutungsstärke um bis zu 50 % erreicht werden. Gerade für junge Patientinnen stellen KOK daher eine günstige Option dar, allenfalls auch im Langzyklus (off-label). Ältere Patientinnen oder Patientinnen mit anderen Kontraindikationen für KOK können mittels POP (progestin-only-pill) therapiert werden. Mit dieser lässt sich in etwa 20 % eine Amenorrhoe erreichen, das Auftreten von Zwischenblutungen verleidet jedoch einigen Patientinnen diese Option.
Levonorgestrelhaltige IUD (LNG-IUD, 52 mg) werden seit vielen Jahren mit Erfolg zur Behandlung der Hypermenorrhoe eingesetzt und sind auch hierfür zugelassen. In Studien zeigt sich eine Amenorrhoerate von bis zu 25 % nach drei Jahren. Zu beachten ist die Expulsionsrate von 2–3 %, die bei Vorliegen von Myomen erheblich höher liegt (bis zu 10%). Grundsätzlich ist die Anwendung bei Patientinnen mit Myomen aber möglich und auch hinsichtlich der Blutungsreduktion häufig effektiv. Das Volumen von Myomen kann sich nach der aktuellen Datenlage unter LNG-IUD stabilisieren oder verringern, es wurden jedoch auch deutliche Volumenzunahmen beschrieben, wobei unklar ist, ob dies einem stimulierenden Effekt des LNG zuzuschreiben ist. Die möglichen Nebenwirkungen wie Gewichtszunahme, Stimmungsveränderungen, Ovarialzysten, Kopfschmerzen oder Infektionen müssen im Vorfeld mit der Patientin diskutiert werden.
Die neueste medikamentöse Therapieoption der myombedingten Hypermenorrhoe ist die Gabe des oralen GnRH-Analogons Relugolix. Durch die Kombination mit E3 und Norethisteron im Sinne einer hormonellen Add-back Therapie ist die Verträglichkeit deutlich besser als die herkömmlicher GnRH-Analoga. In 70 % der Fälle lässt sich eine Blutungsreduktion von mindestens 50 % erreichen. Die Anwendung ist auf zwei Jahre beschränkt, was vor allem einer unzureichenden Datenlage zur Knochengesundheit unter Langzeitanwendung zuzuschreiben ist. Auch zur Vorbereitung einer operativen Sanierung kann diese Therapie in einigen Fällen sinnvoll sein.
Nichtsteroidale entzündungshemmende Medikamente (NSAIDs) und Antifibrinolytika: NSAIDs können ebenfalls eingesetzt werden, um die Blutungsmenge zu reduzieren. Die im Endometrium gebildeten Prostaglandine spielen unter anderem für die Kontraktion der Spiralarterien eine Rolle, die Hemmung der Prostaglandinsynthese mittels NSAIDs kann so zu einer Blutungsreduktion führen. Je nach Studie wurde eine Reduktion der Blutungsstärke von 25 bis 50 % beschrieben. Dieser Ansatz wird im klinischen Alltag relativ selten verfolgt, vor allem auch, weil die dauerhafte Einnahme von NSAIDs in der Regel nicht gewünscht und auch mit Risiken assoziiert ist. Weitaus häufiger kommt die orale Gabe von Tranexamsäure zum Einsatz. 3×1 g Tranexamsäure per os, gegeben während den Blutungstagen, kann ebenfalls zu einer signifikanten Reduktion der Blutungsstärke (ca. 50 %) führen. Die Verträglichkeit des Präparates ist gut, die potenzielle Thrombogenität von Tranexamsäure ist allerdings bei der Verordnung und Aufklärung zu beachten.
Endometriumablation: Die minimalinvasive Resektion/Destruktion des Endometriums stellt für viele Patientinnen aufgrund des minimales Traumas, der ambulanten Durchführbarkeit ohne nennenswerte Rekonvaleszenzzeit und der Möglichkeit des Verzichts auf längerfristige Hormongaben eine attraktive Therapieoption dar. Mittlerweile gibt es unterschiedliche automatisierte Ablationssysteme, die eine verlässliche, einfache und zeiteffiziente Ablation erlauben. In der Effektivität unterscheiden sich diese nicht von der manuellen Ablation mittels bipolarer Schlinge oder Rollerball. Letztere Technik erfordert aber ein grösseres technisches Know-how und mehr OP-Zeit. Die Patientinnenzufriedenheit ist mit bis zu 95 % (nach einem Jahr) hoch. Die Amenorrhoerate beträgt je nach Studie 15–70 %, die Versagerrate bis zu 15 %. Risiken für das Versagen der Methode sind ein Alter <45 J., eine Parität >4 und eine bestehende Dysmenorrhoe. Diese ist als Suggestivparameter für eine Adenomyosis uteri zu sehen. Gerade die Kombination des Symptoms Dysmenorrhoe mit sonomorphologischen Kriterien für eine Adenomyosis uteri interna sollte daher Anlass geben, die Indikation für eine EMT-Ablation kritisch zu hinterfragen oder zumindest die Patientin über ein erhöhtes Versagensrisiko aufzuklären. Insgesamt wird die längerfristige Hysterektomierate nach Endometriumablation mit 15–20 % angegeben.
Radiofrequenz-Ablation von Myomen: Beim Uterus myomatosus findet zunehmend die transzervikale Hochfrequenzablation von Myomen Anwendung. Bei dieser werden mittels intrakavitärer Sonographie die Myome dargestellt und ultraschallgesteuert mit Elektroden sondiert. Durch die Applikation von hochfrequentem monopolarem Strom kommt es zur Gewebeerwärmung und Degeneration. Insbesondere zur hysteroskopischen Resektion bei Typ1/Typ2-Myomen (FIGO-Klassifikation s. Abbildung 1) kann die ultraschallgesteuerte Radiofrequenzablation eine Alternativoption darstellen. Sie birgt den Vorteil, dass sie ebenfalls minimalinvasiv transzervikal durchgeführt, das Endometrium im Vergleich zur Resektion aber weitgehend geschont wird. Hierdurch können intrauterine Adhäsionen vermieden werden, was vor allem bei Patientinnen mit nicht abgeschlossener Familienplanung ein wichtiger Faktor ist. Die Technik kann im Bedarfsfall auch wiederholt zur Anwendung kommen. Sinnvoll zu behandeln sind unserer Erfahrung nach mit dieser Technik vor allem cavumnah gelegene, nicht zu grosse (idealerweise bis 4 cm durchmessende) Myome. Myome der FIGO-Typen 1, 2, 3, 2–5 sind für das Verfahren geeignet. Der Effekt im Sinne einer Blutungsreduktion setzt typischerweise unmittelbar nach der Behandlung ein, während eine Volumenabnahme des Myoms in aller Regel erst nach einigen Monaten zu beobachten ist.
Uterusarterienembolisation (UAE): Die radiologisch-interventionelle Embolisation der Uterusarterien kann ebenfalls zu einer Verringerung der Menstruationsblutung führen, Hauptindikation ist der Uterus myomatosus. Neben einem Effekt auf die Blutungsstärke ist auch eine Reduktion des Uterusvolumens bei grossem Uterus myomatosus zu erwarten. In der ersten postinterventionellen Phase treten in der Regel ausgeprägte Ischämieschmerzen auf, die aber in der Regel analgetisch gut beherrscht werden können. Die Hysterektomierate nach dieser Intervention liegt nach fünf Jahren bei 28 %, nach zehn Jahren bei 35 %. Die Methode ist daher vor allem für perimenopausale Patientinnen geeignet. Auch vorbereitend auf eine operative Sanierung kann die Embolisation sinnvoll sein, um das Uterusvolumen zu reduzieren und eine Blutungsanämie präoperativ ausgleichen zu können. Wenige Daten liegen zur Anwendung bei Adenomyosis uteri vor. Auch hier kann die Methode zu einer Blutungsreduktion und teils auch zu einer Besserung von Dysmenorrhoe führen.
MR-gesteuerter fokussierter Ultraschall (MRgFUS): Der Vollständigkeit halber sei auch die Behandlung von Myomen mittels fokussiertem Ultraschall unter MRI-Kontrolle erwähnt. Diese ist technisch sehr aufwendig und nur an wenigen Zentren verfügbar. Die Methode ist ebenfalls effektiv, jedoch mit einer Re-Interventionsrate von etwa 30 % assoziiert. Im direkten Vergleich unter Studienbedingungen zeigte sich die Uterusarterienembolisation als effektiveres Verfahren.
Myomenukleation: Bei bestehendem Uterus myomatosus kann die Myomenukleation mittels Laparoskopie oder Hysteroskopie eine gute Therapieoption darstellen. Bei intrakavitären Myomen (FIGO-Typ 0, 1, 2, Klassifikation s. Abbildung) sind die Erfolgsquoten einer hysteroskopischen Resektion hoch. Sowohl die hysteroskopische als auch die laparoskopische Operation führen bei über 80 % der Patientinnen zu einer Symptomverbesserung bei Hypermenorrhoe.
Re-Interventionsraten bei interventionellen oder uteruserhaltenden operativen Massnahmen: Es ist wichtig, sich bei der Beratung von Patientinnen über Re-Interventionsraten nach uteruserhaltenden Massnahmen bewusst zu sein. Valide Daten liegen insbesondere für die Behandlung des Uterus myomatosus vor (s. Tabelle). Die Reintervention stellt im überwiegenden Teil der Fälle die Hysterektomie dar.
Hysterektomie – die ultima ratio: Wenn konservative oder interventionelle Maßnahmen nicht ausreichend, sinnvoll anwendbar oder von der Patientin gewünscht sind, ist die Hysterektomie der zwar invasivste, aber auch effektivste Therapieansatz. Die suprazervikale Hysterektomie unterscheidet sich in ihren Erfolgs-/Zufriedenheitsquoten hierbei nicht von der totalen Hysterektomie. Beide Methoden können daher mit der Patientin diskutiert werden. Dass die suprazervikale Hysterektomie hinsichtlich späterer urogynäkologischer Morbiditäten (Harninkontinenz, Deszensus genitalis) oder der Qualität des Sexuallebens vorteilhaft ist, ist zwar immer wieder postuliert worden (und wird es zum Teil noch immer), die vorliegenden Studiendaten sprechen jedoch bislang dagegen. Als Vorteil der suprazervikalen Hysterektomie kann die etwas kürzere Schonzeit nach der OP hinsichtlich körperlicher Belastung angenommen werden, Nachteile sind das erforderliche intraoperative Morcellieren (bei minimalinvasiver Operation), ein mögliches menstruelles Spotting und die Notwendigkeit des Fortführens zytologischer Krebsfrüherkennungsuntersuchungen. Minimalinvasive Operationsverfahren (vaginal, laparoskopisch) sind bei der Hysterektomie aufgrund der geringeren Morbidität und der schnelleren Rekonvaleszenz unbedingt zu bevorzugen.
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