Wussten Sie schon...

Akupunktur bei Endometriose wirkt nachhaltig / Gefahr: Hunde an der Lei-ne!/Rauchen und Myome / M. Parkinson und körperliche Aktivität / Sakrale Neuromodulation/Hormonsubstitution bei Genderdysphorie / Vaginales Progesteron bei Zwillingsschwangerschaften

… dass eine Akupunkturbehandlung Endometrioseschmerzen linderte, aber leider nicht nachhaltig?

In einer multizentrischen, randomisierten, placebokontrollierten Studie aus der Volksrepublik China wurden an 20- bis 40-jährigen Frauen, die an einer Endo­metriose und Schmerzen litten, entweder eine Woche vor Mens­beginn eine 30-minütige Akupunktur dreimal pro Woche durchgeführt – während der Mens erfolgten tägliche Therapien. Die Patientinnen wurden dann nach drei Monaten wieder evaluiert.

Resultate:
106 Frauen erhielten eine „echte“ oder „sham-Akupunktur“ während 12 Wochen. Der VAS -Score war nach echter „Akupunktur“ signifikant, tiefer jedoch nicht mehr am Ende der Beobachtungsphase, 12 Wochen nach Therapieende (Shuang P. et al., Fertil. ­Steril. 2023; 119:815).

Kommentar
Das Plus der Studie ist die Standardisierung der Akupunkturtechnik . Interessant war, dass bei „falscher Akupunktur“ (andere Punkte als in der klassischen Therapie vorgesehen) auch die CA-125-Spiegel (Entzündungsmarker) sich senkten.
Eine Akupunkturbehandlung ist aufwendig und nicht billig und ­leider hält die Wirkung nicht an. Akupunktur kann eine Alternative für einige Patientinnen sein, aber für die allgemeine Praxis ist sie nicht effizient genug (d. h. zu aufwendig und zu wenig nachhaltig).

Michael K. Hohl

… dass Hunde spazieren zu führen gefährlich sein kann?

Epidemiologen in den USA stellten fest (National Electronic Injury Surveillance System) (NEISS), dass Verletzungen mit angeleinten Hunden in den letzten Jahren um das Vierfache (!) angestiegen sind. 75 % der Verletzten waren Frauen und Erwachsene zwischen 40 und 64 Jahren (47 %). 51 % hatten Verletzungen der ­oberen Extremität, 55 % hatten Stürze durch Ziehen an der Leine.
Die drei häufigsten Verletzungen waren: Fingerfrakturen, Hirntraumen (Commotio, aber auch Contusio!) und Schulterverletzungen, vor allem bei älteren Hundebesitzern (Maxson R. et al., Med. Sci Sports Exerc. 2023; doi:10.1249/MSS 000 000 000 000 3184).

Kommentar
In den USA besitzen 55 % der Haushalte mindestens einen Hund. Auch in der Schweiz haben seit der Covid-Epidemie immer mehr Leute Hunde.
Ich fand diesen Artikel interessant, weil ich in letzter Zeit öfters Loki (Abb. 1), den jungen, kräftigen, ungestümen Hund unserer jüngeren Tochter ausführte. Schon ein paarmal – wenn er viel früher als ich Hunde in der Ferne erspäht hatte – riss er schlagartig an der Leine: Mamma mia! Die ältere Besitzerin des uns begegnenden Hundes zeigte mir ihre Fingerfraktur (durch Reissen an der Leine).
Obwohl Loki ein toller Hund ist und viel Spass macht, hat der Hund unserer älteren Tochter, Vari, (Abb. 2), diesbezüglich eindeutige Vorteile.
Darüber hinaus bedenkenswert: Die Autoren empfehlen dieses Hundeproblem (Reissen an der Leine) in der Sprechstunde zu thematisieren: Ein sinnvoller Ansatz!

Michael K. Hohl

… dass Raucherinnen seltener Myome haben?

In einer Studie wurden über 1200 Frauen (23–34 Jahre) über einen Zeitraum von bis zu zehn Jahren mittels Ultraschall untersucht. Patientinnen mit Raucheranamnese entwickelten im Verlauf um ein Drittel seltener Myome, bei Nikotinkonsum ≥15 Jahre sogar um die Hälfte weniger. Dennoch sollten wir wohl keine Zigaretten als Primärprophylaxe empfehlen … (Wesselink AK et al., AJOG 2023).

Martin L. Heubner

… dass Frauen durch körperliche Aktivität ihr Risiko, an M. Parkinson zu erkranken, deutlich senken können?

In einer Studie mit fast 100.000 Patientinnen zeigte sich eine ­Risikoreduktion von 25 % durch höhere körperliche Aktivität. Die mediane Beobachtungszeit betrug 17 Jahre (Portugal B et al., Neurology 2023).

Martin L. Heubner

… dass Rückenoperationen, Operationen wegen Inkontinenz und die Dauer der Beschwerden keinen Einfluss auf den Erfolg der sakralen Neuromodulation haben?

Die sakrale Neuromodulation ist eine wirksame Second-line-Therapieoption, wenn Medikamente nicht den gewünschten Erfolg gebracht haben und wird am ­häufigsten bei der überaktiven Blase angewendet.
Ein systematischer Review hat gezeigt, dass frühere Rücken­operationen, affektive Störungen, Operationen wegen Urininkontinenz und Dauer der Beschwerden keinen Einfluss auf den Erfolg haben, wohl aber eine verminderte Detrusorkontraktilität (Jairam R et al., Urol Int 2022; 106:323–43

Annette Kuhn

… dass die geschlechtsangleichende Hormonsubstitution bei Personen mit Genderdsyphorie die psychische Situation deutlich stabilisiert?

In dieser Studie wurden 315 Transgender- und non-binäre Personen zwischen 12 und 20 zwei Jahre lang unter Beginn der Hormon­therapie untersucht. Es fanden sich eine Stabilisierung der psychischen Situation und grössere Zufriedenheit mit dem eigenen äusseren Erscheinungsbild (Chen D et al., N Engl J Med 2023, 19; 388:240–50. doi: 10.1056/NEJMoa2206297).

Annette Kuhn

… dass die vaginale Applikation von Progesteron nur bei Zwillingen mit einer Zervix <30 mm und <25 mm das Risiko für eine Früh­geburt <34 Wochen zu reduzieren scheint?

(Conde-Agudelo A et al., AJOG 2023, https://doi.org/10.1016/j.ajog.2023.05.010)

Kommentar
Wieso „scheint“? Eben, weil es nur eine Metaanalyse ist und keine eigentliche Studie. Wir müssen etwas aufpassen, dass wir unsere Entscheidungen nicht zu sehr auf solche Analysen von Analysen basieren. Jedenfalls ist der Erstautor ­dieser Metaanalyse ein sehr engagierter Kollege, welcher viele Massnahmen, das Risiko einer Früh­geburt zu reduzieren, untersucht und darüber publiziert hat. Es gab schon eine kleinere systematische Übersichtsarbeit zu diesem Thema, ­welche auch zeigen konnte, dass bei kurzer Zervix (<25 mm) prophylaktisches, vaginales Progesteron einen gewissen Effekt gezeigt hat. Man fand da auch eine Dosisab­hängigkeit, d. h. dass mit 400 µg Utrogestan dieser Effekt besser war. Nun, in dieser Metanalyse konnte gezeigt werden, dass die Progesterondosierung doch keine Rolle spielt. Lediglich die Zervixlänge als Indikation für die Behandlung war mit einem positiven Effekt assoziiert. Progesteron sollte bei einem unselektioniertem Kollektiv nicht gegeben werden. Weder die Chorionizität noch der Zustand nach einer Frühgeburt sind gute Indikationen für Utrogestan bei Mehrlingen.

Luigi Raio

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