Adnextumoren in der Schwangerschaft

Die Häufigkeit von Adnextumoren in der Schwangerschaft liegt bei 2 bis 20 Fälle pro 1000 Schwangerschaften, das heisst, 2- bis 20-mal häufiger als in der altersgleichen Allgemeinbevölkerung. Die meisten Befunde sind asymptomatisch und werden als Zufallsbefund während einem pränatalen Ultra-schall entdeckt. Die Mehrheit dieser Adnextumoren verschwinden wieder nach der Schwangerschaft, in sel-tenen Fälle, z. B. bei Torsion oder dringendem Verdacht auf Karzinom, muss jedoch operativ vorgegangen werden. Die beiliegende Zusammenfassung soll den Alltag erleichtern und helfen zu entscheiden, wann weitere Schritte unternommen werden müssen und wann eher der Verlauf beobachtet werden kann.

Häufigste Histologien der Adnexbefunde in der Schwangerschaft

Die Mehrheit der zufällig identifizierten Adnex­tumoren in der Schwangerschaft sind einfache Zysten < 5 cm. Mehr als 2/3 der 3,0 bis 5,0 cm messenden oder ultrasonographisch komplexe Merkmale aufweisenden Adnexbefunde bilden sich in den ersten sechs Wochen nach der Geburt spontan zurück. Bei den Adnextumoren, welche chirurgisch während der Schwangerschaft oder zum Zeitpunkt eines Kaiserschnittes entfernt wurden, handelt es sich in der Mehrheit der Fälle um Dermoidzysten (32%), gefolgt von serösen und muzinösen Zystadenomen (19%), Endometriomen (15 %, Abb. 1A und 1B) und funktionellen Zysten (12 %) (Tab. 1).

In 4 % der Fälle werden bilaterale Adnextumore beschrieben. Alle bis anhin veröffentlichten Fälle von bilateralen Adnexbefunden in der Schwangerschaft waren gutartig. Einige Adnexbefunde treten nur in der Schwangerschaft auf. Dazu gehören die Hyperreactio luteinalis und Luteome. Eine Hyperreactio luteinalis ist selten und zeigt sich als beidseitige Ovarialvergrößerung bis zu einer Grösse von 20 bis 30 cm. Histo­logisch handelt es sich um multiple, grosse Follikel­zysten und/oder Corpora lutea mit Stromaödem. Gewöhnlich kommt es zur Hyperreactio luteinalis im dritten Trimenon der Schwangerschaft, wahrscheinlich aufgrund Hyperstimulation der Ovarien durch Gonadotropine. Blutungen in die Zysten, Stieldrehungen und Rupturen können auftreten. Während funk­tionelle Veränderungen der Ovarien nach hormoneller Überstimulierung einkalkuliert und dementsprechend abwartend konservativ behandelt werden, stellen sporadisch auftretende, auf den ersten Blick nicht von malignen Ovarialtumoren abgrenzbare Fälle von Hyperreaction luteinalis in der normalen Schwangerschaft eine differenzialdiagnostische Herausforderung dar. Die Hyperreactio luteinalis bildet sich in der Regel spontan nach der Geburt wieder zurück. Luteome sind ebenfalls oft bilaterale gutartige Tumoren von luteinisierten Zellen, die in der späteren Schwangerschaft entstehen und sich nach der Geburt wieder spontan zurückbilden. Sie gehen bei 25 % der Patientinnen mit Hirsutismus oder Virilisierung einher. Wenn eine mütterliche Virilisierung auftritt, werden 60 bis 70 % der weiblichen Säuglinge auch mit Merkmalen der Virilisierung geboren.

Andere seltene Ursachen für Adnextumoren in der Schwangerschaft sind heterotope Schwangerschaften, die schätzungsweise in einer von 30 000 spontanen Schwangerschaften vorkommen, Borderline-Tumore (Abb. 2A und 2B) und Tubo-ovarial-Abszesse. Tubo-ovarial-Abszesse entstehen höchstwahrscheinlich durch Reaktivierung von kleinen vorbestehenden Restabszessen.

Ungefähr 2 % der Adnextumoren in der Schwangerschaft sind maligne. Eine kalifornische Studie über fünf Millionen Patientinnen identifizierte – anhand Krankenhausakten – 87 Fälle von malignen Ovarialtumoren in der Schwangerschaft (51 % epitheliale Tumore, 39 % Keimzelltumore und 9 % Pseudomyxoma peritonei).

In dieser Arbeit waren Epithelialtumoren am häufigsten vertreten (seröse Karzinome, gefolgt von muzinösen, endometrioiden und klarzellige Karzinome). Bei den Keimzelltumoren waren Dysgerminome am häufigsten, gefolgt von malignen Teratomen und endodermalen Sinustumoren.

Die meisten Ovarialkarzinome (64%–81%), welche während einer Schwangerschaft diagnostiziert werden, entsprechen Frühstadien, die meisten Fälle werden im Stadium IA erkannt und weisen ein niedriges Grading auf. Entsprechend ist die Prognose eines in der Schwangerschaft diagnostizierten Ovarialkarzinoms besser als außerhalb der Schwangerschaft.

Diagnostik

Die Diagnostik erfolgt, wie bei Adnextumoren ausserhalb einer Schwangerschaft, vorwiegend mittels Sonographie. Die ultrasonographischen Merkmale von Adnextumoren in der Schwangerschaft sind ähnlich denen, die außerhalb der Schwangerschaft beobachtet werden. Bei den schwangerschaftsassoziierten Tumoren ist die Hyperreactio luteinalis gekennzeichnet durch vergrößerte Ovarien mit vielen peripheren dünnwandigen Zysten. Luteome können im Ultraschall Neoplasmen imitieren und erscheinen als ­heterogene, unregelmäßige feste Massen.

Eine 2021 veröffentlichte Meta-Analyse von Studien zur Bewertung der Wertigkeit des Ultraschalls in der Detektion von malignen Tumoren in der Schwangerschaft berichtete über eine gepoolte Sensitivität von 64 % (95 % CI: 30%–88%), eine Spezifität von 88 % (95 % CI: 64%–97%), eine positive Likelihood Ratio von 5,6 (95 % CI: 1,2–25,4) und eine negative Likelihood Ratio von 0,4 (95 % CI: 0,15–1,00) bei insgesamt 559 Adnextumoren, von denen 46 (8 %) maligne waren [Gaughran JE et al., Cureus, 2021; 13:e19079].

Die bekannten Ultraschall-Scoring-Systeme zur ­Dignitätsvorhersage wurden bei nicht schwangeren Patientinnen validiert (Sassone, Lerner, International Ovarialtumor-Analyse [IOTA], Simple Rules und die IOTA-Bewertung von verschiedenen Neoplasien in der adneXa [ADNEX]).

Mehrere dieser Ultraschall-Scoring-Systeme wurden jedoch auch bei schwangeren Frauen untersucht. Eine kürzlich durchgeführte Studie mit 153 Patientinnen, darunter zwölf Frauen mit malignem Tumor, an einem einzigen Zentrum konnte zeigen, dass die IOTA Simple Rules eine Sensitivität von 92 % und eine Spezifität von 69 % für die Vorhersage von Malignität bei schwangeren Patientinnen aufweist [Rabiej-Wronska E et al., Gynek Pol, 2022].

In einer multizentrischen Studie mit 236 Patientinnen wurden verschiedene Scores verglichen (Sassone, ­Lerner, IOTA ADNEX Modell) und es konnte gezeigt werden, dass das Sassone-Modell mit einer Sensitivität von 69 % und einer Spezifität von 85 % den anderen Scores überlegen war [Lee SJ et al., Gynecol Oncol, 2021]. Das IOTA ADNEX-Modell integriert in seiner Risikoberechnung das Alter der Patientin, das Serum-CA-125 und das Vorhandensein von Aszites, alles Merkmale, die bei Schwangeren möglicherweise nicht die gleiche klinische Relevanz haben. Obwohl die Sonographie häufig ausreichende Informationen über die potenzielle Dignität liefert, kann – in seltenen Fällen – eine Magnetresonanztomographie (MRT) als sekundäre Bildgebungsmethode hilfreich sein; zum Beispiel bei nicht auszuschliessenden gastrointestinalen Prozessen (Appendizitis, Morbus Crohn), bei komplexen Tuboovarial-Abszessen, bei hämorrhagischen Myomen oder bei Myomdegeneration. Bei starkem Malignomverdacht kann eine MRT auch nützlich sein, um das Ausmaß der Krankheit während der Schwangerschaft zu definieren [Lee JH et al., J Clin Med, 2020]. Eine T2-gewichtete oder noch besser eine diffusionsgewichtete Bildgebung sind wertvolle Techniken für die Charakterisierung von Flüssigkeit, Entzündungen, Abszessen und Tumoren im kleinen Becken, ohne dass ein Kontrastmittel auf Gadoliniumbasis injiziert werden muss (Bedenken hinsichtlich Fötussicherheit). Obwohl die Computertomographie (CT) in der Schwangerschaft eingesetzt werden kann, führt ihre Anwendung zu einer fetalen Strahlenbelastung (2,5 bis 50,0 mGy für CT Pelvimetrie) [Committee Opinion, Obstet Gynecol, 2017]. Nur wenige Studien (Fallberichte und kleine Serien) haben die 18F-FDG-Positron Emissions-Tomographie (PET) in der Schwangerschaft untersucht. Die geschätzte fetale Strahlenbelastung liegt bei 1–12 mGy [Parpinel G et al., J Clin Med, 2022].

Tumormarker sind bei schwangeren Patientinnen weniger zuverlässig. Studien über Normalwerte in der Schwangerschaft haben unterschiedliche, manchmal widersprüchliche Ergebnisse gezeigt. Im Allgemeinen kann der Tumormarker CA-125 in einer unauffälligen Schwangerschaft erhöht sein, während CEA, Inhibin B, Antimüller-Hormone und Laktatdehydrogenase (LDH) meist in der Norm bleiben. Das LDH ist bei einem HELLP-Syndrom erhöht. CA-125-Erhöhungen sind ab dem ersten Trimester zu erwarten, wobei die Mittelwerte zwischen 19 bis 85 U/mL und einem maximal berichteten Wert von 550 U/mL liegen [Han SM et al., BMC Med, 2012]. Im zweiten und dritten Trimenon liegt das CA-125 meist im Norm­bereich, kann aber auch bei gesunden Frauen erhöht bleiben, mit Höchstwerten um 70 U/ml im zweiten und 2420 U/mL im dritten Trimenon [Han SM et al., BMC Med. 2012]. Das Alphafetoprotein ist während einer Schwangerschaft meist erhöht.

Therapie

Ungefähr 70 % der zufällig entdeckten Adnextumoren in der Schwangerschaft lösen sich spontan auf. Es besteht jedoch eine inverse Korrelation zwischen der spontanen Regressionsrate und der Größe bzw. der Komplexität der Befunde. Bei Schwangeren mit einer Adnexmasse und akuten Unterbauchschmerzen muss an eine Torsion gedacht werden. Die Zysten sind dann meist >10 cm, 38%–60 % der schwangeren Patientinnen mit Torsion weisen einen normalen Dopplerfluss auf. Wie bei nicht schwangeren Patientinnen ist die Torsion ein Notfall und erfordert eine sofortige chirurgische Behandlung, wenn sie erkannt wird.

Ein chirurgisches Vorgehen wird bei Tumoren > 10 cm nach dem ersten Trimenon oder bei Malignitätsverdacht empfohlen [Montes de Oca MK et al., Obstet & Gynecol Surv, 2021]. Eine elektive Operation ist auch während einer Schwangerschaft sicherer als eine ­Notoperation. So konnte in einer Meta-Analyse mit 67 111 Schwangeren gezeigt werden, dass eine Notoperation mit einer höheren fetalen Mortalität (5 % gegenüber 1 %) und mehr Frühgeburten (12 % vs. 4%), verglichen mit einer elektiven Adnexoperation, assoziiert war [Cusimano MC et al., Ann Surg, 2021]. Die bekannten Vorteile eines laparoskopischen Vorgehens im Vergleich zu einer konventionellen Laparotomie konnten auch bei Schwangeren nachgewiesen werden, sodass die Eingriffe, wenn immer möglich, laparos­kopisch durchgeführt werden sollten. Während laparoskopischen Operationen konnten keine signifikanten Veränderungen des mütterlichen PaCO2 oder pH gemessen werden [Bhavani-Shankar K et al., Anesthesiology. 2000]. Auch wenn neuere Studien zeigen, dass das Gestationsalter nicht mit den potenziellen, unerwünschten Nebenwirkungen korreliert, liegt der optimale Zeitpunkt einer notwendigen Operation in der Schwangerschaft zwischen der 16. und der 20. Woche.

Wird bei einer Laparoskopie ein Ovarialkarzinom bioptisch gesichert, ist das weitere Vorgehen abhängig von der Biologie des Tumors, dem Wunsch der Patientin, der Schwangerschaftswoche und dem Allgemeinzustand der Patientin (Abb. 3A, 3B und 3C). Eine neoadjuvante Chemotherapie kann ab dem zweiten Trimenon begonnen werden und der Zeitpunkt der definitiven Chirurgie dem Zustand und Reife des Föten adaptiert werden. Die Vorteile einer Verzögerung der Behandlung müssen gegen das ­mütterliche Risiko abgewogen werden. Einige Studien haben einen Zusammenhang zwischen Chemotherapie-Exposition und Wachstumsretardierung des Neugeborenen zeigen können, während andere Studien keine erhöhte Inzidenz unerwünschter Wirkungen gefunden haben [Pei Y et al., Oncol Ther, 2022]. Insgesamt gibt es nur wenige Studien, bei welchen die Wirkung einer Chemotherapie bei schwangeren Patientinnen untersucht wurde (Kohortenstudien und Fallserien) und die langfristigen Auswirkungen einer vorgeburtlichen Chemotherapie-Exposition sind weiterhin unbekannt. Bei nicht schwangeren Patientinnen mit Ovarialkarzinom ist jede Verzögerung der Chemotherapie mit einem schlechteren Gesamtüberleben verbunden. Meist muss ein Zeitfenster von drei Wochen zwischen dem letzten Zyklus der Chemotherapie und der Entbindung eingehalten werden (Erholung des mütterlichen und fetalen ­Knochenmarks) [Aman F et al., Ann Oncol, 2019]. Das Stillen während der Chemotherapie wird nicht empfohlen.

Zusammenfassung

Die Diagnose von Adnextumoren in der Schwangerschaft ist häufiger geworden, da Ersttrimester-Ultraschalluntersuchungen zur Routine gehören, speziell auch im ersten Trimenon. Die meisten Adnextumoren in der Schwangerschaft sind einfache Zysten mit einer Größe von <5 cm. Diese können beobachtet werden und bilden sich meistens spontan wieder zurück. Die Sonographie bleibt das wichtigste diagnostische Instrument bei der Abklärung von Adnextumoren. Der Entscheid, während einer Schwangerschaft zu operieren, basiert vor allem auf der klinischen Erfahrung, dem Gestationsalter und einer onkologischen Risiko-Nutzen Abwägung. Entscheidet man sich zur Operation, sollte diese, wenn immer möglich, laparoskopisch und vor der 20. Woche ­erfolgen.

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