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Sectionarbendefekte: ein wachsendes Problem! / Knochengesundheit bei Transpersonen / Wieviel LMWH ist genug in der Schwangerschaft? / Wie ­sicher sind intrauterine Manipulatoren in der laparoskopischen Chirurgie des Endometriumkarzinoms? / Trastuzumab Deruxtecan versus Trastu-zumab Emtansine in Patientinnen mit HER2-positivem, metastasiertem Brustkrebs / Lungenreifeinduktion ja, aber zum richtigen Zeitpunkt.

Sectionarbendefekte: ein wachsendes Problem!

Eine zunehmende Sectiohäufigkeit und die fast ubiquitäre Anwendung des Vaginalultraschalls haben die Aufmerksamkeit auf eine früher vernachlässigte Entität: nämlich des „Sectionarbendefekts“ (SND) gelenkt.

Bei der vorliegenden Metaanalyse richtete sich das Augenmerk auf eines der typischen Symptome beim SND: Blutungsanomalien (AUB). Eine umfassende Literaturrecherche erfasste Case control-, retro - und prospektive Kohortenstudien sowie randomisiert kontrollierte Studien (nur drei) und grössere Fallserien. Nur Studien, wo SND mit Blutungsstörungen assoziiert waren, wurden ausgewählt. Man fand 60 Studien zur Inzidenzberechnung, 35 zur Metaanalyse.

Resultate

Im Vergleich zu Kontrollen (Status nach Sectio ohne SND) hatten 24.5 % der Pat. mit SND AUB (atypische Blutungen). Bei Patientinnen, bei denen wegen Beschwerden eine Bildgebung erfolgte, war die Inzidenz von AUB bei SND 76.4%!

Die Mens dauerte bei Pat. mit SND und AUB durchschnittlich 13.4 Tage. Metrorrhagien bei dieser Gruppe betrafen die erste Zyklushälfte, sie dauerten durchschnittlich 6.8 Tage.

Die Zykluslänge (eine Studie) war unverändert.

Ausgedehnte Defekte (tiefe, Restmyometrium stark reduziert) waren assoziiert mit postmenstrueller Blutung und verlängerter Mensblutung.

Histologisch fand man (bei Patientinnen, die dann operiert wurden):

Fibrose

nekrotisches Gewebe

Endometriose/Adenomyose

entzündliche Infiltrate

Als Quintessenz stellte man ein typisches Blutungsmuster bei Patientinnen mit SND fest:

Menorrhagie (verlängerte Mensdauer) und frühzyklische Metrorrhagie (Murji A et al. Fertil. Steril. 2022; 118:758–66).

Kommentar

Was kann man sich daraus merken?

Bei Patientinnen nach einer Sectio sollte man bei obigem Blutungsmuster an einen Narbendefekt (SND) denken.

Allerdings ist dies nicht das einzige Symptom

Sekundäre Sterilität

Schmerzen während dem Zyklus

Sero- (Hämato-?) metra- mitt-zyklisch und später sollten uns ebenfalls an einen SND denken lassen und eine Bildgebung veranlassen.

Eine chirurgische Korrektur bei wesentlichen Symptomen (insbesondere auch bei Sterilität, wenn andere Faktoren ausgeschlossen sind) ist indiziert. Über die Operationstechnik haben wir schon berichtet (siehe Frauenheilkunde aktuell 3/2018, Seite 38,
www.frauenheilkunde-aktuell.ch/de/fachmagazin/
ausgaben/2018-03/frauenheilkunde-aktuell-2018-03.pdf).

Ein Wort zur Prophylaxe

Da Uteruswanddefekte nach einer Sectio so häufig sind, darf die Frage gestellt werden, ob die Sectiotechnik selbst mindestens zum Teil dafür verantwortlich ist (c.f. Narbenhernien!). Da die Sectioraten immer noch steigen, ist die Frage einer Prophylaxe bedeutsam.

In einer ausgezeichneten Übersichtsarbeit (Veroort A.J.M.W. et al.: Hum. Reprod. 2015;30: 2695–702) stellen die Autoren der Universitätsklinik Amsterdam drei einleuchtende Hypothesen auf, die für die häufigen Nischenbildungen nach Sectio verantwortlich sein könnten.

1. Zu tief gesetzte Uterotomie bei Sectio

Kommentar

Uterotomie immer mindestens zwei Zentimeter kranial der sehr guten Landmarke „Blasenumschlagfalte“ ­setzen.

1. Inkompletter Wundverschluss wegen einschichtiger Nahttechnik und nicht in die Naht einbezogenem Endometrium.

Kommentar

Erste Schicht Einzelnähte weitausgreifend, Endometrium mitfassen, zweite Schicht nur Perimetrium fortlaufend „auf Stoss".

2. Nichtperitonisation (fördert Adhäsionsbildung!)

Kommentar

Eine Peritonisation ist so einfach und logisch zur Adhäsionsprophylaxe (Evidenz vorhanden).

Michael K. Hohl

Knochengesundheit bei Transpersonen

Transpersonen sind Personen, bei denen die Geschlechtsidentität nicht mit dem bei der Geburt zugeteilten Geschlecht übereinstimmt. Endokrine und operative Interventionen können bei der Transition zum Zuge kommen, die Sexualhormone spielen eine grosse Rolle beim Knochenstoffwechsel. Der folgende Artikel beantwortet die Frage, inwiefern Transpersonen hinsichtlich der Knochengesundheit besondere Beachtung finden sollten.

Bei Transfrauen besteht die angleichende Hormontherapie in der Regel aus Östrogenen und einer An­drogenblockade, bis eine Entfernung der Gonaden stattgefunden hat, und Transmänner erhalten eine Testosterontherapie. Adoleszenten erhalten zur ­Pubertätsblockade GnRH-Agonisten und – bei fortbestehender Dysphorie – eine angleichende Hormontherapie.

Geschlechtshormone spielen für die Knochengesundheit eine sehr wichtige Rolle, und geschlechtsspezifische Unterschiede bestehen. Beispielsweise gibt es während der männlichen Pubertät ein radiales Wachstum mit Kortexverdickung der langen Röhrenknochen sowie der periostalen Ausdehnungen. In der späteren Pubertät verändert sich auch die grössere trabekuläre Dicke und das trabekuläre Knochenvolumen erhöht sich bei Jungen im Vergleich zu den Mädchen.

Nach dem Erreichen der Peak Knochenmasse, rückgängigen Sexsteroiden bei den Männern und der Menopause bei den Frauen erfährt der Knochen eine Strukturänderung, was zu verminderter Trabekulierung , Knochendichte und kortikalem Dünnerwerden führt.

Drastische Veränderungen wie antihormonale Therapien bei onkologischen Erkrankungen können den Knochenmetabolismus negativ beeinflussen und das Frakturrisiko erhöhen.

Bei Transpersonen können Phasen von hormoneller Unter- oder Überversorgung passieren, und der generelle Einfluss auf die Knochendichte ist möglich.

Die vorliegende Studie fasst Studiendaten zusammen und ist für alle, die sich mit Knochendichte befassen, ein spannendes und sehr informatives Paper und sehr empfehlenswert!

Kommentar

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die aktuelle Evidenz feststellt, dass bei erwachsenen Transpersonen kurz- und langfristige hormonelle Veränderungen bei guter Compliance keinen negativen Einfluss auf die Knochendichte haben.

Trotzdem müssen wir insbesondere bei Transfrauen umsichtig sein und eine tiefe Knochendichte und Osteoporose erkennen und behandeln. 18 % der Transfrauen präsentieren sich mit Osteoporose, und eine niedrige Knochendichte wird in bis zu 40 % der Transfrauen nach langfristiger Substitutionstherapie beobachtet.

Bei Adoleszenten kann die GnRH-Gabe zumindest temporär die Knochenentwicklung stören, was aber bei konsekutiver HRT wieder aufgeholt wird.

Regelmässige Überprüfung der Knochendichte wird empfohlen.

Literatur

  1. Verroken·C, Collet S, Lapauw B, T’Sjoen G. Osteoporosis and Bone Health in Transgender Individuals Calcifed Tissue International 2022;110: 615–23

Annette Kuhn

Wieviel LMWH ist genug in der Schwangerschaft?

Der Zustand nach tiefer Venenthrombose (TVT) speziell in der Schwangerschaft birgt ein hohes Risiko für ein Rezidiv. Das hat damit zu tun, dass sich in der Schwangerschaft die Gerinnung verändert (hyperkoagulabler Zustand), die Venenflussgeschwindigkeit durch die periphere Vasodilatation v. a. in den unteren Extremitäten abnimmt und der wachsende Uterus die Zirkulation noch zusätzlich behindert. Eine TVT in der Schwangerschaft ist mit einer hohen Morbidität und im Falle einer Lungenembolie auch mit Mortalität assoziiert. Deswegen sollten Frauen mit Zustand nach TVT zur Prävention während der Schwangerschaft und für sechs Wochen nach der Geburt ein niedermolekulares Heparin erhalten. Offensichtlich war es unklar, welche Dosierung optimal ist.

Dieser Frage ist eine internationale Arbeitsgruppe nachgegangen (Bistervels IM et al. Lancet 2022; Nov 19:400 (10365):1777–87). Patientinnen wurden aus 70 Spitälern in neun Ländern (Niederlande, Frankreich, Irland, Belgien, Norwegen, Dänemark, Kanada, USA und Russland) rekrutiert und randomisiert nach gewichtsadaptierter oder einer fixen Dosierung des LMWH (Tabelle 1). Bei der fixen Dosierung wurde trotzdem ab 100 kg Körpergewicht mehr LMWH verabreicht.

Es wurden ingesamt 1110 Frauen mit Zustand nach TVT eingeschlossen. Eine TVT wurde in 2.4 % nachgewiesen, 0.9 % während der Schwangerschaft und in 1.5 % postpartum. Es wurden keine statistisch signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen gefunden. Die Prävalenz von bekannten Thrombophilien war ebenfalls nicht unterschiedlich (25.6 vs. 26.8%). Blutungskomplikationen wurden in 43 (4.1 %) Frauen beschrieben, ebenfalls ohne Unterschiede zwischen den Gruppen.

Gemäss den Autoren und den Resultaten reicht eine fixe Dosierung eines niedermolekularen Heparins bei Frauen mit Zustand nach TVT aus zur Prävention eines thromboembolischen Geschehens. Das Rezidivrisiko einer TVT scheint postpartal nur wenig und nicht signifikant höher zu sein. Etwas mehr post­partale Lungenembolien wurden in der Gruppe mit Standarddosierung gefunden (1/555 vs 7/555). Dieser Unterschied war ebenfalls nicht signifikant. Die Studie war aber nicht ausgelegt, die Inzidenz von Lungen­embolien zu untersuchen.

Luigi Raio

Tab. 1. Für die Studie verwendete LMWH-Präparate und Dosierungen
Tab. 1. Für die Studie verwendete LMWH-Präparate und Dosierungen

Wie sicher sind intrauterine Manipulatoren in der laparoskopischen Chirurgie des Endometriumkarzinoms?

Die minimalinvasive Operation ist unbestrittener Standard in der chirurgischen Therapie des Endome­triumkarzinoms im Frühstadium. Mehrere Studien konnten nachweisen, dass dieser Operationszugang keinen Einfluss auf das onkologische Outcome hat, aber im Gegenzug zu einer geringeren Morbidität führt im Vergleich zur Laparotomie. Allerdings gibt es wenig Evidenz über die onkologische Sicherheit von intrauterinen Manipulatoren bei der Endometriumkarzinom-Chirurgie.

Diese prospektive multizentrische Studie aus der Schweiz hat 124 Patientinnen mit Endometriumkarzinom eingeschlossen, welche eine laparoskopische Stag­ing-Operation mit intrauterinem Uterusmanipulator erhalten haben. Es wurden zu drei unterschiedlichen Zeitpunkten abdominale Spülzytologien abgenommen: zu Beginn der Operation, nach Einlage des Manipulators und nach Verschluss der Kolpotomie. 98 Patientinnen hatten negative Spülzytologien (Gruppe 1), während bei 26 Patientinnen mindestens eine Spülzytologie positiv war (Gruppe 2): bei 16 Patientinnen war die Zytologie bereits zu Beginn der Operation positiv (Gruppe 2a), während 10 Patientinnen zu Beginn eine negative Zytologie hatten, welche während der Operation konvertierte (Gruppe 2b). Nach einem durchschnittlichen Follow-up von zehn Jahren zeigte Gruppe 2b eine signifikant höhere Rezidivrate von 60 %, verglichen mit Gruppe 2a (25 %) und Gruppe 1 (9 %, p< .001). Weiter zeigte Gruppe 1 das beste rezidivfreie und Gesamtüberleben, gefolgt von Gruppe 2a, und Patientinnen der Gruppe 2b hatten das schlechteste onkologische Outcome (p = .002 and p = .053) [Siegenthaler F et al. Ann Surg Oncol 2022).

Kommentar

Die minimalinvasive Chirurgie ist nach den Ergebnissen prospektiver randomisierter Studien, die ihre onkologische Sicherheit belegen, nach wie vor der Standard in der Behandlung des Endometriumkarzinoms. Demgegenüber bleibt die Verwendung von intrauterinen Manipulatoren bei der operativen Therapie des Endometriumkarzinoms umstritten.

In dieser multizentrischen, prospektiven Studie wurden die Auswirkungen der intrauterinen Manipulation auf die peritoneale Zytologie und das onkologische Outcome untersucht. Es zeigte sich bei 8,1 % der Patientinnen eine positive Konversion der Zytologie im Rahmen der minimalinvasiven Operation und eine signifikante Korrelation zwischen der Rezidivrate und der Peritonealzytologie: Patientinnen mit konvertierter Peritonealzytologie zeigten die schlechtesten onkologischen Ergebnisse.

Diese Studie liefert wichtige Erkenntnisse zum Verständnis der Auswirkungen des Einsatzes von intrauterinen Manipulatoren auf das onkologische Outcome bei diesen Patientinnen: Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Einsatz von intrauterinen Manipulatoren zu einer positiven Konversion der Peritonealzytologie führen kann, was wiederum die Rezidivrate erhöht. Die intrauterin Manipulation kann zu Traumata und Entzündungen führen und durch den erhöhten intrauterinen Druck können Tumorzellen die myometriale Barriere überwinden und sich im Blut- und Lymphkreislauf ausbreiten.

Gemäss den Ergebnissen dieser Studie sollten wir in Betracht ziehen, in der Chirurgie des Endometriumkarzinoms auf intrauterine Manipulatoren zu verzichten. Dies gilt insbesondere nach den unerwarteten Ergebnissen der LACC-Studie (Laparoscopic Approach to Cervical Cancer), in der die Verwendung eines Uterusmanipulators als einer der möglichen Faktoren für das schlechte onkologische Outcome beschrieben wurde. Zur Bestätigung dieser Ergebnisse sind jedoch größere multizentrische randomisierte Studien erforderlich [­Franziska Siegenthaler].

Michael D. Mueller

Trastuzumab Deruxtecan versus Trastuzumab Emtansine in Patientinnen mit HER2-positivem, metastasiertem Brustkrebs: Update der Resultate der DESTINY-Breast03 Studie, einer randomisierten Open-label-Phase-3-Studie

In einer Interimanalyse der DESTINY-Breast-03-Studie wurde bereits eine signifikante Verbesserung des progressionsfreien Überlebens (PFS) gezeigt für die Substanz Trastuzumab Deruxtecan (T-DXd) versus Trastuzumab Emtansine (T-DM1) bei Patientinnen mit HER2-positivem metastatischem Brustkrebs. In dieser Studie wurden Effizienz und Sicherheit der beiden Substanzen T-DXd versus T-DM1 verglichen.

In diese Open-label randomisierte, multizentrische Phase-3-Studie wurden Patientinnen mit HER2-positivem, nicht operablem oder metastasiertem Brustkrebs, welcher zuvor mit Trastuzumab und einem Taxan behandelt wurde, eingeschlossen. Die Patientinnen wurden in einem 1:1-Design randomisiert und erhielten entweder T-DXd oder T-DM1 alle drei Wochen. Der primäre Endpunkt war das PFS (durch verblindeten, unabhängigen, zentralen Review). Sekundärer Endpunkt war das Gesamtüberleben (overall survival; OS). Zwischen Juli 2018 und Juni 2020 wurden 699 Patientinnen gescreent und 524 wurden randomisiert zu T-DXd (n = 261) oder T-DM1 (n = 263). Das mediane PFS lag bei 28.8 Monaten (95 % CI 22.4–37.9) mit T-DXd und 6.8 Monaten (5.6–8.2) mit T-DM1 (hazard ratio [HR] 0.33 [95 % CI 0.26–0.43]; nominal p <0·0001). Das mediane OS wurde zum Zeitpunkt der vorgeplanten Analyse noch in keiner Gruppe erreicht. Es zeigten sich 72 (28 %) Overall-Survival-Ereignisse in der T-DXd-Gruppe und 97 (37 %) OS-Ereignisse in der T-DM1-Gruppe (HR 0.64; 95 % CI 0.47–0.87]; p = 0.0037). Die Anzahl von Nebenwirkungen mit Grad 3 oder grösser war vergleichbar zwischen T-DXd und T-DM1 (145 [56%] Patientinnen versus 135 [52%] Patientinnen). Medikamenten-assoziierte interstitielle Lungenkrankheit oder Pneumonitis trat bei 39 (15 %) Patientinnen unter T-DXd auf verglichen mit acht (3 %) Patientinnen unter T-DM1 (in keiner Gruppe traten Grad-4- oder Grad-5-Ereignisse auf).

Kommentar

T-DXd zeigte eine signifikante Verbesserung des Gesamtüberlebens versus T-DM1 bei Patientinnen mit HER2-positivem metastasiertem Brustkrebs. Des Weiteren zeigte T-DXd das längste berichtete mediane PFS. Damit wird T-DXd als neuer Standard in der Zweitlinienbehandlung des HER2-positiven Mammakarzinoms bestätigt. Das Nebenwirkungsprofil von T-DXd war auch bei längerer Therapiezeit handhabbar. Auf dem Boden der ersten PFS-Analyse dieser Studie wurde das Antibody-Drug-Konjugat Trastuzumab Deruxtecan bereits in der Zweitlinientherapie des HER2-positiven Mammakarzinoms nach vorangegangener Therapie mit Trastuzumab und einem Taxan zugelassen. Diese nun vorliegende vorgeplante Analyse bestätigt den deutlichen Vorteil des Einsatzes von T-DXd in diesem Setting. Das PFS war ca. viermal so lang mit T-DXd im Vergleich mit T-DM1. Obwohl in beiden Gruppen das mediane Overall-Survival noch nicht erreicht war, zeigt die aktuelle Analyse bereits jetzt einen signifikanten Benefit vom Einsatz des T-DXd. Wichtig ist es, beim Einsatz von T-DXd proaktiv auf das Auftreten von interstitieller Lungenkrankheit bzw. Pneumonitis zu achten, da dies eine problematische Nebenwirkung ist, wenn sie nicht rechtzeitig erkannt und konsequent behandelt wird.

Cornelia Leo

Literatur

  1. Hurvitz SA et al. Lancet. Dec 2022; doi: https://doi.org/10.1016/S0140-6736(22)02420-5

Lungenreifeinduktion ja, aber zum richtigen Zeitpunkt

Die Lungenreifeinduktion mit Steroiden in Fällen von drohender Frühgeburt zwischen 24 und 34 Wochen hat sich so richtig erst 1994, d. h. mehr als 20 Jahre nach den Studien von Liggins und Howe 1972 (1), als eine der wichtigsten, evidenzbasierten Interventionen nicht nur zur Reduktion von Atemproblemen beim frühgeborenen Kind, sondern auch zur Prävention von Hirnblutungen, einer nekrotisierenden Darmproblematik und letztendlich der Mortalität herauskristallisiert. Seither ist eine Unmenge von Studien erschienen, welche diesen Sachverhalt weiter portiert haben. Praktisch alle internationalen geburtshilflichen und pädiatrischen/neonatologischen Gesellschaften haben diese Strategie in ihren Weisungen aufgenommen. Man war derart euphorisch, dass in den initialen Jahren und vor nicht allzu langer Zeit repetitive Gaben bzw. Steroide auch nach 34 Wochen oder gar vor einer elektiven Sectio ab 37 Wochen diskutiert und durchgeführt wurden. Ich bin auf ein Editorial von Vidaeff AC et al. (2) gestossen, welches genau diese Entwicklung kritisch hinterfragt. Dieses Editorial ist auf der Basis eines Statements der amerikanischen Gesellschaft für materno-fetale Medizin (SMFM) entstanden.

Das optimale Fenster zur Verabreichung von Stero­iden (Beta- oder Dexamethason) ist 24 h bis 7 Tage vor einer Frühgeburt (24 bis 34 Schwangerschafts­wochen). Die Rate an Kindern, welche Steroide erhielten vor der Frühgeburt, blieb initial niedrig. Erst nach 2013 führte man in den USA – als eine Art Bench­marking – den prozentuellen Anteil der frühgeborenen Kinder, welche eine LRI erhielten, ein. Der Anteil der gereiften Kinder ist in der Folge auf über 97 % angestiegen. Jedoch ist die Rate an Reifung im optimalen Zeitfenster tief geblieben. Lediglich 34 % lagen im Zielbereich und 52 % gebaren >2 Wochen später. Eine andere Studie zeigte, dass >45 % der Fälle, welche eine LRI erhielten, am Termin gebären (4, 5). Um die ­Steroidgabe etwas kritischer zu indizieren, hat die sog. Joint Commission eine neue Metrik vorgeschlagen, welche als Qualitätskriterium einer Geburtsklinik ebenfalls die Rate an Fällen, welche Steroide erhielten, aber letztendlich am Termin gebären, erfasst. Dies könnte dazu führen, dass einerseits das Outcome der frühgeborenen Kinder durch Optimierung der Gabe verbessert wird und andererseits die falsch Positiven gesenkt werden durch kritischere klinische Beurteilung, um eine unnötige Steroidexposition zu reduzieren. Die verschiedenen Szenarien sind in Tabelle 1 zusammengefasst. In diese Gruppe gehören z. B. die vielen Fälle von „prophylaktischer“ Lungenreife, Schwangere mit Kontraktionen, aber langer Zervix oder einem negativem Fibronectintest. Bin gespannt, ob diese „neue“ Metrik auch bei uns Fuss fassen wird.

Literaturangaben

  1. Liggins GC, Howe RN. Pediatrics 1972;50:515-25
  2. Vidaeff AC et al. Am J Obstet Gynecol 2022
  3. Hamm RF et al. SMFM Special Statement, smfm.org
  4. Razaz N el al. Obstet Gynecol 2015;125:1377-84
  5. Räikkönen K et al. JAMA 2020;323:1924-33

Luigi Raio

Tab. 1. Fünf verschiedene Szenarien der LRI vor früher, vorzeitiger Geburt (<34 Wochen; aus Ref [3]
Tab. 1. Fünf verschiedene Szenarien der LRI vor früher, vorzeitiger Geburt (<34 Wochen; aus Ref [3]
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