News vom ASCO 2022 Vom 3. bis 7. Juni 2022 fand das diesjährige ASCO Annual Meeting in Chicago statt. Es gab inte-ressante Daten zum metastasierten Mammakarzinom, wobei insbesondere die Präsentation der Er-gebnisse der Destiny-Breast-04-Studie zu Standing Ovations führte. Neue Therapie für das HER2-low-metastasierte Mammakarzinom: Destiny-Breast-04-Studie (1)
In der Destiny-Breast-04-Studie wurden Patientinnen mit metastasiertem Mammakarzinom behandelt, die eine niedrige HER2-Expression aufwiesen. Dabei wurde „HER2-low“ definiert als Her2 1+ in der Immunhistochemie oder Her2 2+ (in der Immunhistochemie) plus HER2 FISH negativ. Die Mehrzahl der Patientinnen (89 %) hatte einen Hormonrezeptor (HR)-positiven Brustkrebs. Aber auch HR-negative Patientinnen wurden berücksichtigt.
Patientinnen hatten ein bis zwei vorangegangene Chemotherapien im metastasierten Setting. Patientinnen mit HR-positiver Erkrankung mussten therapie-refraktär gegenüber endokriner Therapie geworden sein.
Die Patientinnen erhielten entweder das Antibody-Drug-Konjugat Trastuzumab Deruxtecan (T-DXd) oder eine der folgenden Mono-Chemotherapien: Eribulin, Capecitabine, Gemcitabine, Nab-Paclitaxel oder Paclitaxel. T-DXd verbesserte das mediane progressionsfreie Überleben (PFS) um 4.8 Monate und das mediane Gesamtüberleben (OS) um 6.6 Monate verglichen mit Mono-Chemotherapie in dieser stark vorbehandelten Patientinnenpopulation.
Für die Subgruppe der Patientinnen mit HR-positiven Mammakarzinomen zeigte T-DXd ein vergleichbares Outcome (Abb. 1): medianes PFS lag bei 10.1 vs 5.4 Monaten (HR 0.51, 95% CI [0.40, 0.64]; P <.0001) und medianes OS lag bei 23.9 vs 17.5 Monaten (HR 0.64, 95% CI [0.48, 0.86]; P = .0028). Auch bei den HR-negativen Mammakarzinomen führte T-DXd zu einer signifikanten Verbesserung des Outcomes: das mediane PFS lag bei 8.5 vs 2.9 Monaten (HR 0.46, 95% CI [0.24, 0.89]) und es zeigte sich eine Verbesserung von 9.9 Monaten im medianen OS (18.2 vs 8.3; HR 0.48, 95% CI [0.24, 0.95]).
Damit ist T-DXd die erste Anti-HER2-Therapie, die eine signifikante und klinisch bedeutsame Verbesserung von progressionsfreiem Überleben (PFS) und Gesamtüberleben (OS) beim HER2-low-metastasierten Mammakarzinom zeigt. Diese Daten sind „practice changing“ und machen T-DXd zum neuen Therapiestandard. Ausserdem macht diese Studie bewusst, dass das HER2-low Mammakarzinom eine neue therapierelevante Subgruppe des Mammakarzinoms darstellt. Insbesondere ist triple-negativ nun nicht mehr triple-negativ. Mit den vorliegenden Daten der Destiny Breast 04 braucht es nun eine klarere Definition von HER2-low, um keiner Patientin diese effektive Therapie vorzuenthalten.
Beim diesjährigen ASCO wurden die Overall-Survival-(OS)-Daten der Phase-3-Studie PALOMA-2 vorgestellt. In dieser Studie erhielten Patientinnen mit metastasiertem ER-positivem/HER2-negativem Brustkrebs in der ersten Linie entweder Letrozol plus Palbociclib oder Letrozol plus Placebo. Diese Studie hatte bereits eine signifikante Verbesserung des PFS für die Kombination Letrozol/Palbociclib gezeigt und auf dem Boden der Phase-2-Studie PALOMA-1 wurde Palbociclib als erster CDK4/6-Inhibitor zugelassen für die Therapie des metastasierten ER+/HER2-Mammakarzinoms.
Nach einem medianen Follow-up von 90 Monaten zeigte sich zwar ein numerisch verlängertes OS unter Let/Palbociclib im Vergleich mit Let/Placebo, aber das Ergebnis war nicht signifikant. Dennoch: mit einem medianen OS von >50 Monaten zeigt sich eine substanzielle Verbesserung durch Hinzugabe von Palbociclib. Insbesondere scheinen Patientinnen zu profitieren, die ein krankheitsfreies Intervall von >12 Monaten hatten. In dieser Gruppe wurde ein medianes OS von 66 Monaten erreicht. Bemerkenswert ist es auch, dass 10 % der Patientinnen auch nach 7.5 Jahren Follow-up noch unter Therapie mit Palbociclib und Letrrozol sind. Die Interpretation der Langzeitergebnisse der PALOMA-2 ist leider erschwert, da v. a. im Placebo-Arm bei einem substanziellen Anteil der Patientinnen OS-Daten fehlen.
Die MAINTAIN-Studie ist die erste randomisierte Studie, die den klinischen Nutzen von CDK4/6-Inhibitoren „beyond progression“ untersuchte. In der Studie wurden 120 Patientinnen (davon ein Mann) mit HR-positivem/HER2-negativem metastasiertem Brustkrebs untersucht, die unter einer endokrinen Therapie in Kombination mit einem CDK4/6-Inhibitor progredient waren. Sie erhielten einen Wechsel der endokrinen Therapie (entweder auf Fulvestrant oder Exemestan) mit oder ohne Ribociclib. 99 Patientinnen (83 %) erhielten Fulvestrant und 20 Patientinnen (17 %) Exemestan. Bezüglich vorangegangener CDK4/6-Inhibitoren: 100 Patientinnen (84 %) hatten vorgängig Palbociclib und 13 Patientinnen (11 %) hatten Ribociclib. Zwei Patientinnen (2 %) hatten Abemaciclib und vier Patientinnen (3 %) hatten Palbociclib plus einen weiteren CDK4/6-Inhibitor erhalten. Nach einem medianen Follow-up von 18.2 Monaten lag das mediane PFS für Patientinnen in der Ribociclib-Gruppe bei 5.29 Monaten (95% CI [3.25, 8.12 Monate]) verglichen mit 2.76 Monaten (95% CI [2.66, 3.25 Monate]) für Patientinnen in der Placebogruppe (HR 0.57; P = .004).
Zusammenfassend führten also die weitere Gabe eines CDK4/6-Inhibitors, in diesem Fall Ribociclib, plus ein Wechsel der endokrinen Therapie zu einer signifikanten Verbesserung des PFS im Vergleich zum alleinigen Wechsel der endokrinen Therapie (plus Placebo). Die meisten Patientinnen hatten vorgängig bereits Palbociclib erhalten. Das Sicherheitsprofil von Ribociclib und endokriner Therapie – insbesondere auch unter Berücksichtigung der Nebenwirkung einer QT-Zeit-Verlängerung durch Ribociclib – war gut handhabbar und es zeigten sich keine neuen Sicherheitssignale.
In der randomisierten Phase-3-Studie TROPICS-02 wurde Sacituzumab Govitecan (SG) versus Therapie nach Wahl des Behandlers (treatment of physisian’s choice, TPC) untersucht bei Patientinnen mit HR-positivem/HER2-negativem metastasiertem Brustkrebs.
Die Substanz Sacituzumab Govitecan – ein Anti-Trop-2-Antikörper-Wirkstoff-Konjugat – zeigte bereits in der Phase-3-ASCENT-Studie einen signifikanten Vorteil sowohl für das progressionsfreie als auch für das Gesamtüberleben bei Patientinnen mit TNBC, die bereits mindestens zwei Therapielinien erhalten haben, davon mindestens eine im metastasierten Setting.
543 Patientinnen mit stark vorbehandeltem HR+/HER2-metastasiertem Mammakarzinom wurden in die Studie eingeschlossen. Alle Patientinnen mussten mindestens eine endokrine Therapie und einen CDK4/6-Inhibitor erhalten haben und mussten mit zwei bis vier Chemotherapielinien im metastasierten Setting behandelt worden sein. Die Zeit von der initialen Metastasierung bis zur Randomisation in die Studie betrug ca. vier Jahre.
Die Patientinnen erhielten entweder Sacituzumab Govitecan oder Capecitabine, Eribulin, Vinorelbine oder Gemcitabine. Der primäre Endpunkt war das PFS, welches für Sacituzumab Govitecan bei 5.5 Monaten lag im Vergleich zu 4.0 Monaten mit Standardchemotherapie (HR = 0.66; P = .0003). Damit war das PFS signifikant länger, klinisch übersetzte sich dies jedoch nur in 1.5 Monaten Verlängerung. Trotz allem waren nach einem Jahr noch dreimal so viele Patientinnen progressionsfrei unter SG (21 % vs. 7%). Insgesamt zeigte SG einen Benefit in verschiedenen Aspekten der Quality of Life, und das Sicherheitsprofil der Substanz war gut handhabbar.
In der NRG-BR002-Studie (5) wurde untersucht, ob zusätzlich zur Standard-of-Care-Chemotherapie eine stereotaktische Radiotherapie (SBRT) und/oder chirurgische Resektion (SR) bei neu diagnostizierter oligometastatischer Erkrankung einen Benefit bringt. Als Oligometastasierung wurden maximal vier Metastasen definiert. In dieser Studie zeigte die zusätzlich gezielte lokale Therapie von Metastasen mittels SBRT oder SR kein Signal für ein verbessertes PFS oder einen Unterschied im OS. Insgesamt hatten die Patientinnen mit oligometastasiertem Mammakarzinom ein langes PFS (Abb. 2) und OS. Sowohl mit als auch ohne zusätzlich Lokaltherapie kam es bei 40 % der Patientinnen ausserhalb der therapierten Metastasen zu neuen Metastasenlokalisationen. Die Studie wurde als Phase-2 begonnen und wird auf dem Boden der Daten nicht zu einer Phase-3-Studie ausgeweitet. Für die Praxis bedeutet dass, das die lokale Therapie bei oligometastasierten Patientinnen nur bei Symptomatik angewendet werden sollte. Insbesondere die HR+, oligometastasierten Patientinnen haben mit den heute zur Verfügung stehenden Therapien lange PFS- und OS-Zeiten.
Literatur