FHA Persönlich

Jetzt endlich: Wie mein innerer Schweinhund zu seinem Namen kam

Ich hatte es ja schon eine Weile angekündigt, nachdem ich Ihnen meinen vielzitierten inneren Schweinehund – Manfred – bereits vorgestellt hatte. Er begleitet mich auf Schritt und Tritt, jeden Tag.

Warum er denn nun Manfred heisst, ist eine eigene Geschichte aus meiner Studienzeit, und ich bin nicht sicher, ob man diese Story wirklich erzählen sollte, es gibt hier für mich aus heutiger Sicht einige ethische, tierschutzrechtliche und persönliche Unklarheiten und Unschärfen, die mit dieser Geschichte zu tun haben.

Klar ist für mich – heute! – ich billige das professorale und studentische Verhalten von damals nicht. Beides hat für mich persönliche Schwächen und Gemeinheiten.

Manchmal sehen Situationen aber anders aus, wenn man sie nach 35 Jahren nochmals beleuchtet, älter und –hoffentlich!! – auch weiser geworden ist und die Grenzen des guten Geschmacks deutlich klarer geworden sind.

Die Geschichte ist geschmacklos, respektlos und böse, und diese Adjektive treffen sowohl auf unseren Chemieprofessor – Vorname: Manfred – zu als auch auf die studentische Reaktion, an der ich, wie bereits erwähnt, keinesfalls beteiligt war, aber mein Gemütszustand durchaus seine Zustimmung gegeben hatte.

Der Chemiekurs der Vorklinik war berüchtigt, Durchfallquoten von 70–80 % waren die Regel, die Vorlesungen gefürchtet. Sollte es während der Vorlesung einem Studentlein einfallen, den Hörsaal verlassen zu müssen – natürlich nur aus GANZ wichtigen Gründen!, – wurde er oder sie auf lauteste und gelinde gesagt uncharmanteste Weise angeschrien, zusammengeschissen, in den Boden gestampft.

Im Kurs selbst konnte es einem passieren, mit der Pipette auf die Finger geschlagen zu bekommen, verlief ein Experiment nicht so, wie Herr Professor es sich vorstellte – aua! Es hielt sich das hartnäckige Gerücht, dass er MedizinerInnen prinzipiell hasste.

Wir können uns vorstellen, dass in der gesamten Vorklinik Angst und Schrecken herrschten, wurde das Wort „Chemie“ auch nur erwähnt, und heute denke ich, dass diese Situation zu dem, was dann passierte, geführt hat.

Nachdem bereits Generationen von StudentInnen chemisch traumatisiert worden waren, beschloss der Jahrgang über mir, aktiv zu werden. – Prinzipiell keine schlechte Idee, heute würde ich aber durchaus kommunikativere Vorschläge zur Entschärfung der Situation sehen.

Man trieb ein Schwein, dem man vorher „Manfred“ auf den Rücken geschrieben hatte, durch die allseits verhasste Chemievorlesung, das Schwein hatte extremen Stress, der Professor schrie, die Gemeinschaft der Studenten konnte kaum an sich halten.

Es folgte – wie könnte es anders sein – eine Chemieklausur, die sich gewaschen hatte, kaum jemand bestand, so …

Aus heutiger Sicht denke ich, dass man vorher miteinander hätte reden müssen, bevor Angst und Schrecken sich breit machten.

In seinem Buch „Prinzip Hoffnung“ schreibt Ernst Bloch: „Der Boden wankt, sie wissen nicht, warum und von was. Dieser ihr Zustand ist Angst. Wird er bestimmter, so ist es Furcht. Manchmal fliessen Angst und Furcht ineinander, weitet sich die Furcht zur Angst.“

Angst ist keine gute Lehr- und Lerngrundlage, und ich hoffe stark, dass sich derart rabiate Lehrmethoden heute nicht mehr finden lassen.

Die Angst vor den schrecklichen Chemiestunden führte dazu, dass die StudentInnen sich zu dieser Schweingeschichte herabgelassen haben, irgendwie eine Loose-loose-Situation, denke ich.

Es wäre schlauer gewesen – von beiden Seiten! –, miteinander zu reden statt die Situation weiter eskalieren zu lassen, aber so war es nun mal.

Jetzt wissen Sie endlich, woher mein Schweinehund seinen Namen hat.

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