Der spezielle Fall - Ein unkonventioneller Adnexbefund

Eine 61-jährige Patientin stellt sich wegen diffuser rezidivierender Unterbauchbeschwerden beim niedergelassenen Frauenarzt vor. Ultrasonographisch zeigt sich ein zystischer Adnexbefund. Zu-nächst wird die Verlaufskontrolle vereinbart. Da der Befund grössenprogredient ist, erfolgt die Zu-weisung ans Spital. In der Vorgeschichte besteht der Status nach laparoskopischer Hysterektomie sine Adnexe beidseits vor 12 Jahren. Neben eher mässig ausgeprägten diffusen Unterbauch-schmerzen bestehen keine weiteren Symptome.

Bei der ultrasonographischen Untersuchung stellt sich retrouterin ein länglich ovulärer zystischer Befund von 50 × 35 × 90 mm3 Durchmesser dar (Abb. 1). Dieser imponiert grösstenteils zystisch echoleer, basal jedoch mit semiliquidem Inhalt, der sich bei Bewegung mit der Sonde mobil zeigt (DD Mukus/Zelldetritus). Keine papillären Binnenstrukturen. Wenig freie Flüssigkeit im Douglasraum. Klinisch ist der Befund am ehesten vom rechten Ovar ausgehend, das linke Ovar ist nicht darstellbar. Mit der Patientin wird die Laparoskopie mit Adnexektomie beidseits und Vorgehen nach Befund vereinbart.

Bei der Laparoskopie stellt sich folgender Situs dar: das Peritoneum ist allseits glatt und spiegelnd, die Adnexe beidseits sind altersatroph unauffällig. Wenig Aszites, welcher zur zytologischen Untersuchung asserviert wird. Retrouterin stellt sich ein derber mobiler Tumor dar, der bereits auf den ersten Blick eher dem Darm zuzuordnen ist (Abb. 2). Bei genauerer Inspektion stellt sich als Tumorstiel eine sehr schmale Appendix vermiformis dar, sodass der Tumor sicher der Appendix zuzuordnen ist (Abb. 3). Es erfolgt die laparoskopische Appendektomie und Adnexektomie im Bergebeutel (Abb. 4). Die Patientin wird beschwerdefrei am zweiten postoperativen Tag entlassen.

Histopathologische Diagnose: Low-grade muzinöse Neoplasie (LAMN) der Appendix.

Die Patientin wurde in der Tumorkonferenz für gas­trointestinale Tumore besprochen, es wurde die Nachsorge sowie die Durchführung einer kompletten Koloskopie im Intervall besprochen.

Kommentar:

Ein unerwarteter intraoperativer Befund und eine ungewöhnliche Diagnose! Neoplasien der Appendix gehören zu den sehr seltenen Tumorentitäten. Low-grade muzinöse Neoplasien haben nach chirurgischer Entfernung eine gute Prognose, sofern noch keine peritoneale Ausbreitung erfolgt ist. Im Fall einer peritonealen Aussaat kann die gefürchtete peritoneale muzinöse Karzinomatose mit Schleimbildung entstehen, die therapeutisch eine grosse Herausforderung darstellt.

Literatur

  1. Shaib WL et al., Appendiceal Mucinous Neoplasms: Diagnosis and Management. The Oncologist 2017; 22:1107–16
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