Der Spezielle Fall - Ovarielles Myelom

Eine 41-jährige Patientin stellte sich mit Miktionsbeschwerden in der regulären gynäkologischen Sprechstunde vor. Im transvaginalen Ultraschall konnte eine glatt begrenzte, gut perfundierte, homogene Struktur von 98 × 77 × 87 mm vom linken Ovar ausgehend dargestellt werden. Der Uterus, das Endometrium sowie das rechte Ovar präsentierten sonographisch unauffällig.

Die letzte gynäkologische Kontrolle lag mehrere Jahre zurück. Die Patientin wurde einmal per Sectio caesarea entbunden, sie menstruiert mit einem regelmässigen Zyklus von 28 Tagen ohne Dysmenorrhö. Die sonstige Anamnese blande. Bei unklarem soliden Adnexbefund wurde eine laparoskopische Adnexektomie durchgeführt. Die präoperative MRI-Untersuchung des Beckens bestätigte eine 10 cm grosse, vorwiegend solide und eher benigne Raumforderung, welche vermutlich vom linken Ovar ausgeht, z. B. einem Fibrothecom oder einem Brennertumor entsprechend. Die Lymphknoten waren nicht vergrössert. Die Routineblutanalysen (kleines Blutbild, Gerinnung und Elektrolyte) sowie das CA-125 waren unauffällig.

Intraoperativ zeigte sich eine vom linken Ovar ausgehende glattbegrenzte Struktur, welche per Minilaparotomie geborgen wurde. Der postoperative Verlauf gestaltete sich problemlos.

Überraschenderweise zeigten sich in der Histologie Infiltrate einer myeloblastären Proliferation. Der Immunphänotyp passte zu einem sogenannten myeloischen Sarkom, respektive einer extramedullären Manifestation einer akuten myeloischen Leukämie entsprechend.

Hierauf erfolgte die Überweisung der Patientin an ein onkologisch-hämatologisch universitäres Zentrum, in welchem erweiterte Blutanalysen sowie eine Knochenmarksbiopsie und ein PET-CT durchgeführt wurden. Weder in der Knochenmarksbiopsie noch in den Blutanalysen konnten Blasten nachgewiesen werden. In einem direkt postoperativ durchgeführten PET-CT zeigte sich eine schwach vermehrte metabolische Aktivität der rechten Adnexe und des Endometriums ohne weitere metabolisch aktive Herde. Im Verlaufs-PET-MRI zwei Monate postoperativ war diese metabolische Aktivität komplett regredient. Der Patientin wurde eine Chemotherapie einem AML-Regime sowie autologe Stammzelltransplantation empfohlen. Dies wird von der Patientin aktuell abgelehnt und sie wünscht ein exspektatives Vorgehen. Zum aktuellen Zeitpunkt (sechs Monate nach Diagnose) sind die Blutanalysen der Patientin weiterhin unauffällig.

Myeloische Sarkome, auch Chlorome genannt, sind seltene solide extramedulläre Tumoren von immaturen myeloiden Zellen. Die seltene Kondition ist meist mit einer AML assoziiert. Weniger als ein Prozent aller Leukämien präsentieren sich in dieser extramedullären Form. Die Tumoren können gleichzeitig mit einer Knochenmarksinfiltration auftreten, jedoch dieser auch vorhergehen oder erste Zeichen eines Rezidivs sein [1].

Isolierte myeloische Sarkome lassen sich meist paraossär (Orbita, Wirbelkörper, Rippen) nachweisen, jedoch präsentiert die Literatur auch seltenere Lokationen wie im Intestinum, im Mediastinum, im Urogenitaltrakt, im ZNS oder in der Subkutis. Die Klinik ist somit sehr variabel und von der Lokalisation abhängig.

Myeloische Sarkome im weiblichen Genitaltrakt sind extrem rar und wurden in den Ovarien, der Vagina und der Cervix uteri beschrieben. Patientinnen mit vaginaler oder uteriner Lokalisation präsentieren sich meist mit vaginalen Blutungen oder Blutungsstörungen. Bei Patientinnen mit ovariellen Chloromen stehen klinisch Unterbauchmerzen im Vordergrund. In der Literatur wurden genitale Formen des myeloischen Sarkomes bei Frauen im Alter von 16 bis 76 Jahren beschrieben [2].

Die Prognose eines myeloischen Sarkoms ist schlecht, das mediane Überleben wird mit 14–25 Monaten angegeben. Eine frühe Diagnose sowie ein sofortiger Therapiebeginn sollten umgesetzt werden, bevor die Krankheit zu einer AML fortschreitet, um so die Prognose zu verbessern.

Therapeutisch kommen Chemotherapien zum Einsatz, die Regime ähneln den bei der AML eingesetzten. Haematopoietische Stammzelltranplantationen zeigen vielversprechende Resultate, vor allem bei Patienten, bei welchen durch eine Chemotherapie eine komplette Remission erreicht wurde [3].

Literatur

1.   Almond LM, Charalampakis M, Ford SJ, Gourevitch D, Desai A.: Myeloid Sarcoma: Presentation, Diagnosis, and Treatment. Clin Lymphoma Myeloma Leuk. 2017 May; 17(5):263–267; doi: 10.1016/j.clml.2017.02.027.

2.   Yu Y, Qin X, Yan S, Wang W, Sun Y, Zhang M.: Non-leukemic myeloid sarcoma involving the vulva, vagina, and cervix: a case report and literature review. Onco Targets Ther. 2015;8:3707–13. Published 2015 Dec; 10. doi: 10.2147/OTT.S92815

3.   Tsimberidou AM, Kantarjian HM, Wen S, et al.: Myeloid sarcoma is associated with superior event-free survival and overall survival compared with acute myeloid leukemia. Cancer. 2008; 113(6):1370–8

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