Senologie up to date - Adjuvante endokrine Therapie des Mammakarzinoms: Aktueller Stand

Beim hormonrezeptor-positiven frühen Mammakarzinom reduziert die fünfjährige endokrine Therapie das lokoregionäre Rezidivrisiko, das Fernmetastasierungsrisiko, das Risiko für einen kontralateralen Brustkrebs sowie das Risiko für brustkrebs-assoziierten Tod und verbessert damit signifikant das Gesamtüberleben.

In einer Metaanalyse der Early Breast Cancer Trialist Cooperative Group (EBCTCG) aus dem Jahr 2011 wurden alle Studien zusammengefasst, die fünf Jahre Tamoxifen versus keine endokrine Therapie untersucht hatten: die Rezidivrate nach 15 Jahren war in der Tamoxifengruppe circa 40 % geringer als in der Kontrollgruppe. Auch die brustkrebs-assoziierte Mortalität war nach 15 Jahren ca. 30 % geringer als in der Kontrollgruppe. Damit konnte ein anhaltender protektiver Tamoxifen-Effekt auch noch zehn Jahre nach Beendigung der Therapie nachgewiesen werden [1].

Verschiedene Studien haben anschliessend untersucht, inwiefern der Einsatz von Aromataseinhibitoren (AI) zu einer weiteren Verbesserung der Prognose führt. Alle diese klinischen Studien zeigten einen Vorteil für den Einsatz von Aromataseinhibitoren in Bezug auf die Senkung des Rezidivrisikos. Eine weitere Metaanalyse der EBCTCG aus dem Jahr 2015 hat diese Studien zusammengefasst [2]. Es wurden individuelle Daten von 31 920 postmenopausalen Patientinnen mit HR-positivem Mammakarzinom analysiert, die in den entsprechenden randomisierten Trials rekrutiert waren: Dabei wurden drei Therapiestrategien analysiert: fünf Jahre Aromataseinhibitor vs. fünf Jahre Tamoxifen; fünf Jahre Aromataseinhibitor vs. zwei bis drei Jahre Tamoxifen gefolgt von Aromataseinhibitor bis Jahr 5 und zwei bis drei Jahre Tamoxifen gefolgt von Aromataseinhibitor bis Jahr 5 vs. fünf Jahre Tamoxifen. Die Aromataseinhibitoren reduzierten die Rezidivrate um ca. 30 % im Vergleich mit Tamoxifen während der fünfjährigen Therapiephase. Nach Beendigung der Therapie war die Senkung des Rezidivrisikos in den Jahren 5–9 sowohl nach Tamoxifen- als auch nach AI-Einnahme etwa gleich.

Die genannte Metaanalyse hat auch gezeigt, dass die fünfjährige Einnahme eines Aromatasehemmers die Zehn-Jahres-Brustkrebs-assoziierte Mortalität um 15 % reduziert im Vergleich mit fünfjähriger Tamoxifeneinnahme. Im Vergleich mit keiner endokrinen Therapie liegt die Reduktion damit bei 40 %. Die nachgewiesene Effizienz dieser endokrinen Therapiestrategien hat dazu geführt, dass der heutige Standard in der Regel immer einen Aromataseinhibitor beinhaltet. Ausnahme sind sicherlich die kleinen, low-risk-Mammakarzinome, die weiterhin mit Tamoxifen gut therapiert sind.

Frauen mit hormonrezeptor-positivem Mammakarzinom behalten für Jahre bis Jahrzehnte ein nicht unerhebliches Risiko für ein spätes Rezidiv bzw. eine Fernmetastasierung. Diese Tatsache beflügelt schon seit Langem die Diskussion um die Verlängerung der endokrinen Therapie über fünf Jahre hinaus.

In einer sehr spannenden Analyse von Pan et al. aus dem Jahr 2017 schauten die Autoren nach dem Rezidivrisiko fünf bis zwanzig Jahre nach Erstdiagnose [3]. Alle in die Metaanalyse aufgenommenen Patientinnen waren nach der fünfjährigen endokrinen Therapie rezidivfrei. Das Rezidivrisiko bis zum zwanzigsten Jahr nach der Diagnose korrelierte stark mit Tumorgrösse, Nodalstatus und Tumorgrading des Primärtumors. Bei Patientinnen mit T1-Stadium lag das Fernmetastasierungsrisiko bei 13 %, wenn kein Lymphknotenbefall vorlag (T1N0), bei 20 % im Fall von N1-3 und bei 34 % bei N4-9.

Für Frauen mit T2-Stadium lag das Risiko bei 19 % für T2N0, bei 26 % für T2N1-3 und bei 41 % bei T2N4-9. Auch das Risiko zu versterben war auf gleiche Weise vom TN-Stadium abhängig.  Tabelle 1 fasst die verschiedenen Studien zusammen, die die erweiterte endokrine Therapie untersucht haben (aus van Hellemond et al. Curr. Treat. Options in Oncol. [2018] 19:26).

Die meisten Trials zeigten eine signifikante Verbesserung des rezidivfreien Überlebens. Jedoch konnte nur im ATLAS-Trial auch eine signifikante Verbesserung des Gesamtüberlebens gezeigt werden. In dieser Studie erhielten Patientinnen mit HR-positivem Mammakarzinom entweder fünf oder zehn Jahre Tamoxifen.

Auf dem letzten San Antonio Breast Cancer Symposium wurde eine weitere Metaanalyse zur Thematik der erweiterten endokrinen Therapie vorgestellt (Richard Gray et al., SABCS 2018). Es wurden Daten von zwölf randomisierten Studien mit insgesamt über 24 912 Patientinnen ausgewertet, die eine verlängerte endokrine Therapie erhalten hatten. Dabei ergaben sich drei Gruppen:

1. 5 Jahre Tamoxifen + 5 Jahre AI (7500 Pt)

2. Tamoxifen/AI für 5 Jahre + 5 Jahre AI (12 600 Pt) und

3. 5 Jahre AI + 5 Jahre AI.

Es zeigte sich in allen drei Gruppen eine Reduktion des Rezidivrisikos. Der grösste Benefit fand sich in der Gruppe, welche zunächst fünf Jahre Tamoxifen erhalten hatte [1] mit einer 30 % relativen Risikoreduktion. Der Benefit bei AI-Vorbehandlung war moderater: In Gruppe 2 und 3 fand sich eine 20 % relative Risikoreduktion.

Sicherlich einer der wichtigsten Parameter zur Beurteilung der Effizienz einer verlängerten endokrinen Therapie ist der Nodalstatus: Patientinnen mit negativem Lymphknotenstatus bei Erstdiagnose hatten einen absoluten Benefit von 1.1 %. Dahingegen hatten Frauen mit vier oder mehr positiven Lymphknoten einen absoluten Benefit von 7.7 %.

Das Gesamtüberleben wurde durch die verlängerte endokrine Therapie nicht signifikant beeinflusst.

Der absolute Effekt der Risikoreduktion durch die verlängerte Einnahme eines Aromatasehemmers ist demnach umso höher, je höher das primäre Rezidivrisiko ist. Vor allem bei High-risk-Tumoren mit Lymphknotenbefall sollte diese Therapiestrategie daher in Betracht gezogen werden.

Wichtig ist es, das Für und Wider einer verlängerten endokrinen Therapie gemeinsam mit der Patientin bezüglich Benefit und Toxizität abzuwägen. Dabei ist eine realistische Beurteilung des zu erwartenden Benefits unerlässlich. Die Beeinträchtigung der Lebensqualität durch z. B. klimakterische Beschwerden, Libidoverlust, depressive Verstimmung, Arthralgien/Myalgien sowie das erhöhte Osteoporoserisiko verbunden mit erhöhtem Frakturrisiko, das eventuell vermehrte Auftreten arterio-thrombotischer Ereignisse unter Aromataseinhibitor-Therapie und das signifikant erhöhte Risiko für Lungenembolien und Endometriumkarzinome im Fall von Tamoxifen dürfen nicht ausser Acht gelassen werden.

Die Indikation für eine erweiterte endokrine Therapie ist immer eine individuelle Entscheidung, in die sowohl Patientinnen- als auch Tumorcharakteristika bei der Betrachtung eingehen. Wichtige Faktoren sind Alter, Nodalstatus und Tumorgrösse bei Erstdiagnose, aber auch Co-Morbiditäten, Knochendichte und die Verträglichkeit während der ersten fünf Therapiejahre. Ein möglicher Algorithmus ist in Abbildung 1 abgebildet.

Literatur

1. Early Breast Cancer Trialists’ Collaborative Group (EBCTCG). Relevance of breast cancer hormone receptors and other factors to the efficacy of adjuvant tamoxifen: patient-level meta-analysis of randomised trials. Lancet 2011, Aug 27; 378(9793): 771–84.

2. Early Breast Cancer Trialists’ Collaborative Group (EBCTCG). Aromatase inhibitors versus tamoxifen in early breast cancer: patient-level meta-analysis of the randomised trials. Lancet 2015; 386: 1341–52

3. Pan H, Gray R, Braybrooke J, Davies C, Taylor C, McGale P, Peto R, Pritchard KI, Bergh J, Dowsett M, Hayes DF; EBCTCG. 20-Year Risks of Breast-Cancer Recurrence after Stopping Endocrine Therapy at 5 Years. N Engl J Med. 2017; 377: 1836–46.

4. van Hellemond et al. Current Status of Extended Adjuvant Endocrine Therapy in Early Stage Breast Cancer. Curr. Treat. Options in Oncol. 2018; 19: 26

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