Endometriose und Malignome

In den letzten Jahren haben verschiedene wissenschaftliche Arbeiten nachgewiesen, dass Frauen mit Endometriose ein höheres Risiko haben, an verschiedenen Karzinomen zu erkranken. In der folgenden Übersicht werden die Zusammenhänge zwischen Endometriose und verschiedenen Karzinomen aufgezeigt und beschrieben und welche klinischen Konsequenzen diese Zusammenhänge haben.

Es ist nicht immer einfach, epidemiologische Daten zu deuten. So ist der Zusammenhang zwischen Scheidungsrate und Margarinekonsum, wie er in der Abbildung 1 dargestellt wird, wahrscheinlich zufällig, obwohl im Bundesstaat Maine gezeigt werden konnte, dass die Anzahl Scheidungen abnimmt, wenn der Margarinekonsum ebenfalls abnimmt (s. Abb. 1). Epidemiologische Studien konnten zeigen, dass gewisse Malignome bei Frauen mit Endometriose gehäuft vorkommen.

Endometriose, definiert als das Vorkommen von Endometriumdrüsen und -stromazellen ausserhalb der Gebärmutter, ist eine sehr häufige Erkrankung und betrifft ungefähr 6–10 % aller Frauen im reproduktionsfähigen Alter. Bei Frauen mit chronischen Unterbauchschmerzen und Infertilität ist die Inzidenz noch viel höher (FHA 1/2019). Schon 1925 hat John A. Sampson einen Zusammenhang zwischen Ovarialkarzinom und Endometriose postuliert (s. Titelbild). Obwohl die Ätiopathogenese der Endometriose noch nicht vollständig erläutert ist, bestehen in den Entstehungsmechanismen Ähnlichkeiten zwischen der Entstehung eines Karzinoms und der Entstehung einer Endometriose (s. Abb. 2). Verschiedene molekulare Eigenarten kommen sowohl bei der Endometriose wie bei invasiven Karzinomen vor (periphere Inflammation, Organinfiltration, Angiogenese, Dysfunktion von Immunzellen, erhöhte lokale Östrogenproduktion, Apoptose) Der oxidative Stress, der durch wiederholte Hämorrhagien während der Menstruation entsteht, spielt wahrscheinlich eine der Hauptrollen in der malignen Entartung von Endometriose. Frauen mit Endometriose haben insgesamt kein erhöhtes Risiko, an einem Malignom zu erkranken. Das epidemiologisch nachgewiesene Risiko beschränkt sich auf die Karzinome, welche im Folgenden beschrieben werden.

Ovarialkarzinom und Endometriose

Viele epidemiologische Studien haben einen Zusammenhang zwischen Endometriose und epithelialem Ovarialkarzinom aufgezeigt. In einer Metaanalyse von 28 Studien betrug das standardisierte Inzidenzverhältnis für ein Ovarialkarzinom bei Frauen mit nachgewiesener Endometriose (chirurgisch und histologisch) 1.43–8.95 % und die Odds Ratio (OR, definiert als das Verhältnis zwischen Krankheitsexposition und Wahrscheinlichkeit, die Krankheit zu entwickeln) 1.34 % [Heidemann LN et al., Acta Obstet Gynecol Scand 2014; 93: 20e31].

Die Prävalenz (definiert als Anzahl Fälle pro Observationszeit) für Ovarialkarzinome in Frauen mit Endometriose war 2.0–17.0 % und die Prävalenz von Endometriose in Frauen mit Ovarialkarzinom war 3.4–52.6 %.

Die grosse Variationsbreite ist bedingt durch die verschiedenen Definitionen, die angewendet wurden, um eine Endometriose zu definieren. Es ist zu unterstreichen, dass das Endometriose-Assoziierte Ovarialar-Carcinom (EAOC) nicht als homogene Gruppe von malignen Karzinomen existiert, sondern als eine Vielfalt von histologischen Subtypen. Insgesamt zeigen verschiedene Studien, dass eine starke Assoziation zwischen Endometriose und hellzelligem Karzinom (Odds Ratio 3.05 %) (s. Abb. 3), niedriggradigem serösem Karzinom (Odds Ratio 2.11 %) und endometrioidem Adenokarzinom besteht (Odds Ratio 2.04 %). Zwischen den muzinösen Ovarialkarzinomen, den hochgradigen serösen Ovarialkarzinomen, den Borderline-Tumoren (sowohl serös wie muzinös) und einer Endometriose konnte keine Assoziation nachgewiesen werden. Endometriose-assozierte Ovarialkarzinome zeigen häufig Mutationen im Bereich von CTNB1 und ARID1A-Mutationen, die vor allem ebenfalls bei hellzelligen und endometrioiden Karzinomen nachgewiesen werden.

Risiko- und protektive Faktoren für die Entwicklung eines EAOC

Endometriose und Ovarialkarzinome teilen viele verschiedene Risikofaktoren (z. B. frühe Menarche, späte Menopause, Infertilität oder Nulliparität) oder protektive Faktoren (Tubenligatur, Hysterektomie, multiple Schwangerschaften, Stillen und Gebrauch von oralen Antikonzeptiva, physische Aktivität) (s. Tab. 1).
Zunehmendes Alter ist eines der Hauptrisikofaktoren für die Entwicklung eines endometriose-assoziierten Ovarialkarzinoms. So erstreckt sich, entsprechend einer progressiven Zunahme des Risikos entsprechend dem Alter, die Spannbreite des Risikos für Frauen mit Endometriose, ein Ovarialkarzinom zu entwickeln, von 4.99/10 000 Personenjahr bei Frauen mit nachgewiesener Endometriose, welche jünger als 30 Jahre sind, bis 35.81/10 000 Personenjahr bei Frauen, die älter als 50 Jahre sind.
Endometriose kommt, wie in der Einleitung erwähnt, vermehrt bei Frauen mit Infertilität vor. Ein Zusammenhang zwischen Infertilität und epithelialem Ovarialkarzinom wurde ebenfalls postuliert. Frauen mit Endometriose und Infertilität scheinen eine höhere Inzidenz an Ovarialkarzinomen zu entwickeln als Frauen mit Infertilität alleine. Die Endometriose per se ist dementsprechend ein zusätzlicher Risikofaktor für die Entwicklung eines Ovarialkarzinoms bei Frauen mit Infertilität.
Insgesamt ist es schwierig, den Einfluss einer Endometriose auf das Überleben beim epithelialen Ovarialkarzinom zu definieren (s. Abb. 3). Frauen mit endometriose-assoziiertem Ovarialkarzinom werden jedoch häufig in einem früheren Stadium (FIGO1–2) und in jüngerem Alter diagnostiziert, weshalb die Prognose bei diesen Patientinnen meistens besser ist als im Durchschnitt. Ausser der opportunistischen Salpingektomie werden zurzeit keine prophylaktischen Massnahmen vorgeschlagen, um das Risiko, ein EAOC zu entwickeln, zu senken (s. Tab. 2).

Endometriumkarzinom und Endometriose

Auch das Endometriumkarzinom kommt bei Frauen mit Endometriose häufiger vor als bei Frauen ohne Endometriose. Hier kommen vor allem atypische Endometriumkarzinome vor (hellzelliges oder seröses Adenokarzinom), die wahrscheinlich ebenfalls durch eine geänderte Molekulargenetik bedingt sind. Bei Patientinnen mit einem endometriose-assozierten Endometriumkarzinom ist die Prognose gleich wie bei jenen Frauen ohne Endometriose. Prophylaktische Massnahmen, insbesondere eine Hysterektomie, werden nicht empfohlen.

Endometriose und Mammakarzinome

Die Datenlage beim Mammakarzinom ist unklar. Insbesondere haben verschiedene Arbeiten nachgewiesen, dass ein Mammakarzinom häufiger bei Frauen mit Endometriose vorkommt im Vergleich zu Frauen, die keine Endometriose haben, gleichzeitig haben andere Studien nachgewiesen, dass keine Häufung von Mammakarzinomen gezeigt werden kann bei Frauen mit Endometriose. Eine vor kurzem veröffentlichte, sehr differenzierte Studie lässt vermuten, dass ein Mammakarzinom bei Frauen unter 40 bei Patientinnen mit Endometriose häufiger vorkommt als bei Frauen ohne Endometriose [Saavalainen L et al., Act Obstet Gynecol Scand 2019; 1–7]. Non-Hodgkin-Lymphome und gewisse hämatopoietische Malignome scheinen bei Patientinnen mit Endometriose gehäuft vorzukommen, die Datenlage ist bei diesen Erkrankungen jedoch noch nicht eindeutig.

Fazit für die Praxis

Insgesamt kommen Malignome bei Patientinnen mit Endometriose nicht häufiger vor als bei Frauen, welche keine Endometriose haben. Ein direkter Zusammenhang zwischen Endometriose und verschiedenen histologischen Typen von Ovarialkarzinomen (hellzelliges, endometrioides und low grade seröses Ovarialkarzinom) ist jedoch gesichert. Dieser Zusammenhang bedingt jedoch nicht, dass Frauen mit Endometriose anders behandelt oder nachkontrolliert werden sollten als Frauen, die keine Endometriose haben. Insbesondere werden zurzeit keine prophylaktischen Massnahmen (z. B. beidseitige Adnexektomie) empfohlen. Bei Frauen mit Endometriose, welche reproduktionsmedizinische Massnahmen durchführen lassen, ist es jedoch wichtig, vor allem bei Frauen mit Endometriomen, darauf zu achten, dass keine Zusatzkriterien für ein Malignom des Ovars bestehen. Beim Mammakarzinom ist die Datenlage unklar, junge Patientinnen mit Endometriose und Knoten im Bereich der Mamma sollten jedoch gezielt untersucht werden.   

Diese Webseite verwendet Cookies. Durch die Nutzung der Webseite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Datenschutzinformationen
loading