Eine 73-jährige Patientin wird von ihrem Hausarzt wegen rezidivierender Harnwegsinfekte geschickt, die in den letzten zwölf Monaten zu einer neunmaligen oralen Antibiotikatherapie geführt hatten. Geschickt wurde die Patientin jetzt, weil sich ein multiresistenter E. coli gezeigt hatte, der nur noch auf intravenöse Therapien sensibel war. Die Patientin klagt über Nebenwirkungen der Antibiotikatherapie, sie habe mehrfach einen Soor entwickelt und gastrointestinale Symptome beklagt. Die Patientin wünscht explizit keine Antibiotikatherapien mehr wegen der Nebenwirkungen und auch, weil sie gehört hat, dass sie „gegen Antibiotika resistent geworden ist“.
G2P2 mit ansonsten weitgehend unauffälliger gynäkologischer Anamnese. Vor zwei Jahren ist bei Zystozele Stadium III und okkulter Belastungsinkontinenz eine suburethrale Schlinge eingelegt worden. Bei näherem Befragen gibt sie auch ausserhalb der Infekte Reizblasenbeschwerden an, die sie aber nicht sonderlich stören, mit sehr seltenen Inkontinenzepisoden und einer einmaligen Makrohämaturie im Rahmen eines Harnwegsinfektes. Kulturen sind nur zweimal gemacht worden und zeigten initial einen unkomplizierten E. coli sowie Klebsiellen und letztmals einen multiresistenten E. coli.
Die klinische Untersuchung zeigt eine ausgeprägte Urogenitalatrophie mit Rezidivzystozele Stadium II. Es zeigt sich ansonsten keine Schlingenexposition. Der Ultraschall zeigt folgendes Bild (Abb. 1).
Die Zystoskopie bestätigt die Verdachtsdiagnose der intravesikalen Schlingenlage mit folgendem Bild:
Die Urodynamik zeigt zusätzlich eine schwere Obstruktion nach Blaivas, deswegen entschliessen wir uns für eine totale Schlingenexplantation via zystoskopischen und intravesikal laparoskopischen Zugang. Die Schlinge kann problemlos entfernt werden. Die Patientin wird lokal östrogenisiert. Bei der postoperativen Kontrolle ist die Patientin beschwerdefrei mit leichter Belastungsinkontinenz und bekommt Physiotherapie verordnet. Sie wird nach weiteren drei Wochen wegen eines erneuten Harnwegsinfektes vorstellig mit massiver Drangproblematik und Pollakisurie, die Kultur zeigt einen E. coli-Infekt mit normalem Resistenzverhalten. Wir empfehlen resistenzgerecht Fosfomycin, was die Patientin angesichts ihrer Erfahrungen nicht nehmen möchte, als Alternative bieten wir Ibuprofen an, was die Patientin schlussendlich nimmt. Die Kultur ist nach einer Woche negativ. Erneut stellt sich die Patientin mit infektähnlichen Beschwerden vor, die Kultur bleibt negativ. Einen Monat später zeigt sich wieder ein HWI, diesmal mit Klebsiellen unauffälligen Resistenzverhaltens, eine Kontrollzystoskopie ist unauffällig ohne weiteres alloplastisches Material, der Restharn ist unauffällig. Die Patientin ist mittlerweile angesichts des Verlaufes trotz Operation enttäuscht und ungehalten. Sie wünscht keine systemischen Therapien mehr und keine Antibiotika. Wir schlagen ihr eine lokale Instillationstherapie mit Hyaluronsäure (1,6 %), Chondroitinsulfat (2 %) und Kalziumchlorid (0,87 %) vor, welches sie über Selbstkatheterismus in die Blase einbringt. Die Kostengutsprache wird vom Versicherer ausgesprochen und sie beginnt die Instillationstherapie und führt die Östrogenisierung fort. Hierunter erlebt sie in den nächsten acht Monaten keinen symptomatischen HWI mehr sondern lediglich einmal eine asymptomatische Bakteriurie, die nicht therapiebedürftig ist.
In Fällen von rezidivierenden Harnwegsinfekten sollte Restharn und nach Eingriffen im Urogenitaltrakt alloplastisches intravesikales Material ausgeschlossen werden. Wenn auch nicht in diesem Fall, so kann doch ansonsten auch eine Stuhlinkontinenz Infekte begünstigen und sollte behandelt werden. Die lokale Östrogenisierung ist ein wichtiger Punkt bei rezidivierenden HWIs. Die Instillationstherapie ist zwar aufwendiger, kann uns aber helfen, Antibiotika zu sparen und hat keine systemischen Nebenwirkungen.