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Zu den letzteren gehört der Gestationsdiabetes und Störungen des Gallensäuremetabolismus. Neben der erhöhten Proteinsynthese in der Leber, der gesteigerten peripheren Insulinresistenz gehört auch die vermehrte Lipolyse zu einer physiologischen, maternalen Anpassung an die energetischen Bedürfnisse des wachsenden Kindes. Es werden vermehrt Eiweisse, Glukose und eben auch Lipide als Energieträger angeboten. Diese werden zum Teil aktiv über spezifische Transportmechanismen vom maternalen Kreislauf transplazentar dem Kind zur Verfügung gestellt. Dabei spielen die Gallensäuren (GS) eine zentrale Rolle. Sie werden in der Leber als primäre GS synthetisiert und in den Darm sezerniert. Dort wandelt das intestinale Mikrobiom die primären in sekundäre GS um. Über die Nahrung aufgenommene Fette und fettlöslichen Vitamine werden nach Micellenbildung aktiv und sehr effizient im terminalen Ileum reabsorbiert wo sie dann über das Portalsystem wieder zur Leber gelangen. Die Synthese und Exkretion der GS ist der wichtigste Mechanismus des Cholesterinkatabolismus bei den Säugetieren. Die Homeostase der GS ist komplex geregelt über Membranund Zellkernrezeptoren in der Leber und im Darm [1, 2]. Ähnlich den anderen Schwangerschaftspathologien, können vorbestehende Krankheiten, subklinische Störungen und Veranlagungen unter dem metabolischen, kardiovaskulären und endokrinologischen „Druck“ der Schwangerschaft dekompensieren und die uns bestens bekannten klinischen Bilder wie Gestationsdiabetes, hypertensive Krankheiten, Plazentainsuffizienz bis hin zu Depression im Wochenbett verursachen.

Zu diesem Formenkreis zähle ich auch die intrahepatische Cholestase (ICP, intrahepatic cholestasis of pregnancy). Es sind 0.2–2 % der Schwangerschaften betroffen, wobei in Südamerika und auch in nordischen Ländern und China höhere Prävalenzen gefunden werden. Die Diagnose ist ziemlich simpel und impliziert, dass es sich eigentlich um eine Ausschlussdiagnose handelt [3].

Definition der intrahepatischen Cholestase in der Schwangerschaft (ICP)

Die ICP ist eine einzigartige, schwangerschaftsassoziierte Störung welche im späten 2. und 3. Trimenon auftritt. Klinisch äussert sich das Bild mit generalisiertem aber auch extremitätenbetontem Pruritus, gestörter Leberfunktion (erhöhte Transaminasen) und erhöhten Nüchtern-Gallensäuren (>10 mmol/l).

Es ist nicht ganz einfach, den harmlosen Schwangerschaftspruritus von einer ICP zu differenzieren. Die Klinik kann nämlich den Laborveränderungen auch um Wochen vorauseilen. Die ICP wird mit Frühgeburtlichkeit, perinatale Asphyxie, Mekoniumabgang und sogar intrauterinem Fruchttod in Verbindung gebracht [3, 4]. Dabei spielt v. a. die Konzentration der GS eine entscheidende Rolle. Schwedische [4] und eine englische, prospektive Studien [5] konnten zeigen, dass ab einer GS-Konzentration von >40 mmol/l Schwangerschaftskomplikationen signifikant zunehmen und sogar das IUFT-Risiko um einen Faktor 3 höher liegt als in Einlingsschwangerschaften ohne ICP. Seither ist das Management dieser Komplikation assoziiert mit einer hohen Rate an frühzeitigen, iatrogenen Entbindungen zwischen 36 und 38 Wochen. Medikamentös konnte gezeigt werden, dass der Einsatz von Ursodeoxycholsäure in einem hohen Prozentsatz die Symptome (Pruritus) verbessert und auch die GS damit gesenkt werden können [6]. Ob damit auch die fetale Morbidität gesenkt werden kann, ist aus den Daten im Moment unklar.

Eine neue Metaanalyse konnte nun die Assoziation zwischen GS-Konzentration und v. a. intrauterinem Fruchttod etwas besser beleuchten (Graphik 1) [7]. Es konnte gezeigt werden, dass das Risiko für einen IUFT signifikant ansteigt ab einer GS-Konzentration von ≥100 mmol/l. In dieser Metanalyse konnten Daten von 5557 Frauen mit ICP verglichen werden mit 165 136 Kontrollen. Die Resultate sind beruhigend und geben Anlass, die unnötig hohe Rate an frühen Geburtseinleitungen zu überdenken.

Ovadia et al. [7] haben durch ihre Arbeit das Management von Einlingsschwangeren mit ICP nun deutlich beeinflusst. Gemäss deren Schlussfolgerungen, ist eine vorzeitige Entbindung erst ab GS-Werten ≥100 mmol/l angezeigt, dann aber mit 35–36 Wochen. Auch wenn das explizit nicht diskutiert worden ist, ist eine vorzeitige Entbindung bei GS-Werten <100 mmol/l nicht notwendig (meist hatten die Frauen mit ICP mit 39 Wochen schon geboren). Voraussetzung dafür sind wöchentliche Kontrollen der GS. Interessanterweise war der Zeitpunkt der GS-Bestimmung kein Einschlusskriterium für diese Metaanalyse. GS können postprandial höher sein als nüchtern. Die meisten eingeschlossenen Studien basieren auf nicht-nüchterne Bestimmungen der GS!

Vorgehen bei Diagnose ICP (nach Referenzen 7 und 8)

• Wöchentliche Kontrollen der GS ab Diagnosestellung
• Behandlung mit Ursodeoxychholsäure (10–15 mg/kg KG)
• Falls GS >100 mml/l Einleitung zwischen 35 und 36 Wochen
• Falls GS <100 mmol/l Einleitung ab 39 Wochen
• 5–10 mg Konakion täglich falls PTT verlängert
• Normalisierung der GS postpartal muss bestätigt werden

Literatur

1. Zhu B, Yin P, Ma Z et al. Characteristics of bile acids metabolism profile in the second and third trimesters of normal pregnancy. Metabolism. 2019 Jun;95:77-83. doi: 10.1016/j. metabol.2019.04.004. Epub 2019 Apr

2. Martinot E, Sèdes L, Baptissart M, Lobaccaro JM, Caira F, Beaudoin C, Volle DH. Bile acids and their receptors. Mol Aspects Med. 2017 Aug;56:2-9. doi:10.1016/j.mam. 2017.01.006. Epub 2017 Jan 30. Review

3. Williamson C, Greenes V. Intrahepatic cholestasis of pregnancy. Obstet Gynecol 2014;124:120-33

4. Glantz A, Marschall HU, Mattson LA. Intrahepatic cholestasis of pregnancy: relationship between bile acid levels and fetal complication rates. Hepatology 2004;40:467-74

5. Greenes V. Chappell LC, Seed PT et al. Association of severe intrahepatic cholestasis of pregnancy with adverse pregnancy outcomes: a prospective population-based case-control study. Hepatology 2014;59:1382-91

6. Kong X, Kong Y, Zhang F, Wang T, Yan J. Evaluating the effectiveness and safety of ursodeoxycholic acid in treatment of intrahepatic cholestasis of pregnancy: A meta-analysis (a prisma-compliant study). Medicine (Baltimore). 2016 Oct;95(40):e4949. Review.

7. Ovadia C, Seed PT, Sklavounos A et al. Association of adverse perinatal outcomes of intrahepatic cholestasis of pregnancy with biochemical markers: results of aggregate and individual patient data meta-analyses. Lancet. 2019 Mar 2;393(10174):899-909. doi: 10.1016/S0140-6736(18)31877-4.

8. Green-top Guideline 43, Obsteric Cholestasis, RCOG, April 2011 ttps://www.rcog.org.uk/globalassets/documents/guidelines/gtg_43.pdf

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