Für Sie kommentiert

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Beratung bei verminderter Libido: ein Problem in unserer Praxis?

Die Autorinnen (Kingsberg, S., Faubion, S.: Menopause 2019; 26:217) beschreiben zuerst einen typischen Fall:

Der „typische Fall“

Bei ihrer gynäkologischen Jahreskontrolle erwähnt eine 57-jährige Frau eher widerwillig ihr Problem (Libidoverlust). Sie hatte eine spontane Menopause mit 52 und ist glücklich verheiratet seit 25 Jahren. Früher startete sie Sex regelmässig und war empfänglich für die Avancen ihres Mannes. Im Laufe der letzten zehn Jahre hat ihre Libido jedoch markant nachgelassen und derzeit hat sie keine mehr. Es gibt keine medizinische, situationelle oder psychologische Erklärung dafür. Sie hat immer noch „Pflichtsex“ zwei oder dreimal pro Monat, zu dem sie Ja sagen kann, vor allem aus Sympathie für ihren Ehemann, aber sie vermeide es wenn immer möglich. Sie ist durch die fehlende Libido stark gestresst und wünscht, wieder Lust auf Sex zu haben.

Wie häufig ist das Problem?

Eine sogenannte „hyperactive sexual desire disorder“ (HSDD) beeinträchtigt häufig die emotionale Gesundheit und Lebensqualität (Biddle, A.K. et al.: Value Health 2009; 12:763). Das HSDD ist definiert als andauernde oder rezidivierende mangelhafte oder ganz fehlende sexuelle Fantasien und Wunsch nach sexueller Aktivität, was zu Distress führt und nicht mit anderen medizinischen oder psychologischen Diagnosen oder Medikamenten assoziiert werden kann. Man schätzt die Häufigkeit auf 7,4 %–12,3 % der Frauen. Die höchste Inzidenz findet sich bei über 45-jährigen Frauen.

Ätiologie

Diese ist meist multifaktoriell:

Biologisch: Hormonstatus, andere Erkrankungen, Arzneimittel.

Psychologisch: Depressionen, Angststörungen, Stress, Drogen, St. n. sexuellem Missbrauch, Trauma Interpersonell: Qualität der Beziehung, Funktionsfähigkeit des Partners

Kulturell: Sexuelle Normen, religiöse Werte

Bei der Anamneseerhebung gilt es, alle diese Aspekte zu erfragen.

Obwohl viele Faktoren (s. oben) dazu beitragen, haben Frauen mit einem HSDD spezielle Formen

der Hirnaktivität. Libidomangel ist die Folge einer schlecht funktionierenden Erregung und hypofunktionierenden Hemmung oder beides. Heute meint man, dass die Libido durch Neuromodulatoren (Neurotransmitter und Hormone) gesteuert wird, und zwar über einen erregenden Pfad (Dopamin, Noradrenalin, Melanocortin, Oxytocin) und einen hemmenden Pfad (Serotonin, Opioide, Endocannabinoide).

Diagnose

Diese wird oft dadurch erschwert, dass viele Frauen nicht von selbst darüber sprechen. Die Ärztin kann

z. B. das Gespräch einleiten mit der Bemerkung, dass die sexuelle Gesundheit von Frauen ein wichtiger Teil der allgemeinen Gesundheit darstellt und dass das Besprechen der Sexualität einen Routineteil guter ärztlicher Betreuung darstellt.

Beispiele für „gute Fragen“ sind: „Viele meiner Patientinnen haben Sorgen mit ihrer Sexualität – welche Probleme haben Sie?“

„Wie beurteilen Sie ihre derzeitige Libido, ihre Fähigkeit erregt zu werden, oder zu einem Orgasmus zu kommen?“

Nicht selten sprengt ein ausführliches Besprechen des Problems den Rahmen der Jahreskontrolle. Es macht dann Sinn, für eine weitere Besprechung mehr Zeit einzurechnen.

Weitere Diagnostik

Eine gynäkologische Untersuchung ist nicht notwendig, um ein HSDD zu diagnostizieren, kann aber Faktoren, die einen negativen Einfluss haben, klären (Lubrikation, Atrophie). Hormonbestimmungen bringen im Allgemeinen wenig, eine Testosteronmessung ist höchstens als Basiswert, um eine geplante Testosterontherapie zu monitoren, sinnvoll.

Therapie

Ein therapeutisches Konzept beinhaltet sowohl Psychotherapie und/oder Pharmakotherapie.

Die einzige durch die FDA zugelassene Substanz ist Filibanserin (Addyir), ein multifunktioneller Seratonin-Agonist und Antagonist, führt zu niedrigeren Serotoninspiegeln und erhöht Dopamin und Nodadrenalin in ausgewählten Hirnregionen.

Filibanserin ist allerdings nicht für postmenopausale Frauen zugelassen, nach klinischen Untersuchungen dort aber durchaus wirksam. Also hier: off-label „use“.

Die täglichen Kosten sind ca. CHF 13.–. Filibanserin ist über das Internet erhältlich.

Transdermales Testosteron kann versucht werden (ebenfalls „off-label“), allerdings unter sorgfältigem Monitoring auf unerwünschte Nebenwirkungen. In der Zukunft könnte evtl. Bremelanotide (ein Melanocortin-4-Rezeptor-Agonist) eine Rolle spielen.

Michael K. Hohl

Postoperatives Bestimmen des Restharns nach urogynäkologischen Eingriffen – ja, vielleicht oder nein? Wenn ja – wie dann?

Die vorliegende amerikanische Studie greift ein sehr wichtiges Thema auf – das Bestimmen des postoperativen Resturins nach urogynäkologischen Eingriffen.

Wir alle kennen es – nichts ist nerviger als DAS! – die welch auch immer urogynäkologische Operation ist gut gegangen trotz des Alters – des Befundes, des x-ten Rezidives, und nun kann die Patientin postoperativ nicht Wasser lösen und wir alle haben ein Problem.

Die Pflege ist genervt – immer diese Bladder Scans!, die Patientin ist verzweifelt – „aber, Frau Professor, vorher ging das doch TOTAL unproblematisch, und jetzt auf einmal – ich habe ALLES probiert und kann einfach nicht Wasser lösen!!!!!!! TUN SIE ETWAS!“, wir sind von ärztlicher Seite manchmal auch etwas ratlos, unempathisch, möchten das Problem endlich im wahrsten Sinne des Worte GELÖST haben.

Eine Frage mit wichtigem klinischem Impact wird von der vorliegenden Studie aufgegriffen – wie sollten wir eigentlich den postoperativen oder überhaupt Resturin messen? Die genaueste Methode ist immer noch die Einmalkatheterisierung. An und für sich recht unproblematisch, schnell, einfach, setzt sie doch die Patientin einem erhöhtem Risiko für Infekte aus, sehr unerwünscht, da nosokomial und oft mit Problemkeimen behaftet.

Insbesondere im anglo-amerikanischen Sprachraum gibt es deswegen zwei gängige Methoden, den Resturin zu bestimmen oder zu ermessen.

Die eine Methode ist das tatsächliche Messen des Resturins mittels Einmalkatheter oder Messen, nachdem die Blase vorgängig mit einer definierten Menge Volumen, meisten 300 ml, gefüllt wurde, die andere Methode estimiert den Resturin, indem nur die gelöste Menge Urin gemessen wird und die Differenz zwischen infundiertem und gelöstem Urin gebildet wird. Eigentlich sehr elegant, trotzdem problembehaftet, wissen wir doch bei letzterer Methode nicht genau, wieviel Urin tatsächlich in der Blase gewesen ist, im schlimmsten Fall das infundierte Volumen plus viel mehr.

Die vorliegende Studie hat beide Methoden – Restharnmessung mittels Katheter versus Restharnestimierung durch gelöstes Volumen – randomisiert untersucht und als primären Endpunkt die physiologische Miktion mit Restharn von weniger als 100 ml gehabt. Sehr spannende Fragestellung, sehr spannendes Design.

Bei adäquater Power hatten beide Gruppen eine Fallanzahl von 75 Patientinnen mit etwas heterogenen Eingriffen, derweil aus meinen Augen kein Problem für das Studiendesign.

Beide Gruppen hatten die gleiche Anzahl von Harnretentionen, Harnverhalt und Miktionsstörungen, keine Methode, weder die Resturinmessung oder die Resturinestimierung, hatte irgendwelche Vor-oder Nachteile.

Kommentar

Für mich bedeutet es in der Praxis, dass wir beide Methoden anwenden dürfen – gut, es ist eine einzige Studie, und eine Schwalbe macht noch keinen Sommer. Trotzdem – die Studie macht Hoffnung, dass wir auch mit einer Resturinestimierung gleiche Ergebnisse haben wie mit Restharnmessung. Prinzipiell ist es für die Patientin von Vorteil, wenn sie keine Katheterisierung haben muss, es ist weniger invasiv, und wir dürfen der Resturinestimierung trauen, WENN die Blase retrograd gefüllt wurde, also wir ein etwa abzuschätzendes Volumen haben. Die retrograde Füllung erfordert die Katheterisierung – bei uns an der Frauenklinik machen wir keine retrograde Füllung, sondern lassen die Patientin postoperativ die Blase physiologisch füllen, empfehlen kein anderes Trinkverhalten als normalerweise und messen dann mittels Bladder Scan den Restharn.

Ich persönlich halte das immer noch für die am wenigsten invasive und aussagekräftigste Methode, die postoperative Miktionssituation zu überwachen, gegebenenfalls eine nochmalige Kontrolle mittels Bladder Scan anzusetzen, sollte dies notwendig sein.

Je weniger wir katheterisieren müssen, desto angenehmer für die Patientin, desto weniger Harnwegsinfekte – auch das müssen wir im Auge behalten.

Literatur
Is a Postvoid Residual Necessary? A Randomized Trial of Two Postoperative Voiding Protocols. Marcella G. Willis-Gray, MD, Jennifer M. Wu, MD, MPH, Christine Field, MD, MPH, Samantha Pulliam, MD,Katherine E. Husk, MD, Taylor J. Brueseke, MD,Elizabeth J. Geller, MD, AnnaMarie Connolly, MD, and Alexis A. Dieter, MD Female Pelvic Medicine & Reconstructive Surgery; doi: 1097/SPV.0000000000000743-

Annette Kuhn

Fifteen-year survival of invasive epithelial ovarian cancer in women with BRCA1/2 mutations – the National Israeli Study of Ovarian Cancer

Die Autoren analysierten 779 jüdische Patientinnen mit Ovarialkarzinom: bei 229 lag eine BRCA1-oder BRCA2 Ashkenazi-Founder-Mutation vor, 550 Patientinnen hatten keine BRCA-Mutation. Am Ende der Follow-Up-Periode waren 80.7 % Todesfälle eingetreten. Nach 5 Jahren Follow-Up war das Survival bei BRCA-Mutationsträgerinnen signifikant besser im Vergleich mit Patientinnen ohne Mutation (46.7 % vs. 36.2 %, p = 0.0004), jedoch war der Unterschied (wenn auch noch immer signifikant) deutlich weniger ausgeprägt nach 15 Jahren Nachbeobachtung (22.3 % vs. 21.8 %, p = 0.04).

Kommentar

In den ersten 5 Jahren war das Vorhandensein einer BRCA-Mutation mit einer 26-%igen Reduktion der Mortalität assoziiert. Jedoch war für Frauen nach 5 Jahren der Mutationsstatus nicht mehr mit einem besseren Survival verknüpft. Diese Studie unterstützt die Annahme, dass der bereits beschriebene Überlebensvorteil für Frauen mit BRCA-assoziiertem Ovarialkarzinom nach 5 Jahren abnimmt. Dieses ist v.a. wichtig im Hinblick auf das Nachsorgemanagement. Es unterstreicht aber auch die Notwendigkeit neuer längerfristiger Behandlungsansätze, wie sie mit dem Einsatz der PARP-Inhibitoren bei BRCA-Mutationsträgerinnen nun zur Verfügung stehen.

Literatur
Ofer Lavie, Angela Chetrit, Ilya Novikov, Siegal Sadetzki, for the National Israeli Study of Ovarian Cancer. Gynecologic Oncology. Volume 153, Issue 2, May 2019, Pages 320–325.

Cornelia Leo

Antiphospholipidsyndrom (APS): Neue Therapie empfehlungen

Im Mai 2019 sind die neuen, überarbeiteten EULAR (European League Against Rheumatism)-Empfehlungen für das Management des AP-Syndroms publiziert worden [1]. Das AP-Syndrom ist für unsereins eine bekannte Entität und wird auch aktiv gesucht im Rahmen spezifischer Schwangerschaftskomplikationen. Natürlich kommt diese thromboembolische Krankheit auch bei Nichtschwangeren und natürlich auch bei Männern vor. In Tabelle 1 sind die heutzutage geltenden Definitionen eines AP-Syndroms zusammengefasst. Prinzipiell unterscheidet man ein „vaskuläres“ APS von einem „obstetrical“ APS. Während beim vaskulären APS arterielle oder venöse Thrombosen gefordert werden, ist die Definition des geburtshilflichen APS etwas komplexer. Hier werden habituelle Aborte oder auch ein ungeklärter intrauteriner Fruchttod gefordert. Aber auch eine Frühgeburt <34 Wochen infolge hypertensiver Schwangerschaftskomplikationen oder Plazentainsuffizienz gehört zum klinischen Spektrum des APS. Sowohl beim vaskulären wie auch beim obstetrical APS müssen zusätzlich klare Laborkriterien erfüllt sein.

In den letzten Jahren sind wir bombardiert worden mit verschiedenen Schattierungen dieses Krankheitsbildes, was zu Verwirrungen geführt hat. Dies ist erklärbar aus der Tatsache, dass diese relativ komplizierten APS-Definitionen (Tab. 1) Interpretationen und intermediäre Diagnosen zulassen (Tab. 1).

In den neuen Empfehlungen wurden diese Entitäten (Tab. 2) mitberücksichtigt, da sie nun im klinischen Alltag eine nicht unerhebliche Gruppe ausmachen. Das hat u. a. auch mit der verbreiteten Praxis der Reproduktionsmediziner zu tun, auch bei weniger als drei Aborten diese aPL Antikörper zu suchen. Daneben werden zunehmend Frauen in die Nachsorge geschickt bei Zustand nach schwerer Präeklampsie. Auch dort werden oft aPL-Ak abgenommen, auch wenn die Geburt >34 Wochen stattgefunden hat. Im Folgenden werden die überarbeiteten Empfehlungen zur Primärprophylaxe in der Schwangerschaft zusammengefasst. Es ist klar, dass es sich um Empfehlungen handelt und dass jeder Fall individuell beurteilt und beraten werden soll.

Alle Frauen, welche eine prophylaktische Heparinbehandlung während der Schwangerschaft erhalten haben, sollten postpartal für weitere sechs Wochen damit behandelt werden wegen erhöhtem Risiko von Thrombosen im Puerperium.

APS ist ein komplexes Krankheitsbild, welches oft gekennzeichnet ist durch eine interdisziplinäre und interprofessionelle Betreuung. Problematisch bei diesen Empfehlungen ist die Tatsache, dass gute, randomisierte Studien fehlen, welche alle Facetten dieses Krankheitsbildes und dessen therapeutische Optionen abdecken. Entsprechend basieren diese Empfehlungen oft auf Expertenmeinung und qualitativ weniger guten Studien. Ein besseres Verständnis der APS-Pathophysiologie wird in Zukunft hilfreich sein, um eine Balance zu finden zwischen Antikoagulation und Immunomodulation für die vers. APS-Manifestationen.

Literatur
1. Tektonidou MG, Andreoli L, Limper M et al. EULAR recommendations for the management of antiphospholipid syndrome in adults. Ann Rheum Dis. 2019 May 15. pii: annrheumdis-2019-215213. doi: 10.1136/annrheumdis-2019-215213. [Epub ahead of print] PubMed PMID: 31092409.
2. Miyakis S, Lockshin MD, Atsumi T et al. International consensus statement on an update of the classification criteria for definite antiphospholipid syndrome (APS). J Thromb Haemost 2006;4:295–306

Luigi Raio

Aromataseinhibitoren bei Patientinnen mit metastasiertem Endometriumkarzinom

Die endokrine Therapie von Patientinnen mit metastasiertem oder fortgeschrittenem Endometriumkarzinom stellt häufig eine gute Option dar. Die meisten Daten diesbezüglich liegen zur Gestagentherapie vor, während die Datenlage zu Aromataseinhibitoren eher spärlich war. Diese stellen insbesondere aufgrund des günstigeren Nebenwirkungsprofils eine interessante Alternative dar. Im PARAGON Trial wurde nun der Einsatz von Anastrozol (1 mg/d) bei ER-positiven Endometriumkarzinomen im Rahmen einer Phase-2-Studie überprüft. Von insgesamt 82 Patientinnen wurde bei 44 % ein klinischer Benefit (Ansprechen oder Stabilisierung der Erkrankung) registriert. Dieser dauerte im Median knapp sechs Monate an, die Therapie wurde insgesamt gut toleriert. (Mileshkin, L et al., Gyn Onc May 2019)

Kommentar

Diese aktuelle Studie zeigt, wenn auch nur an einem kleinen Kollektiv, die Wirksamkeit von Anastrozol bei ER-positiven Endometriumkarzinomen. Aufgrund der guten Verträglichkeit stellt diese Therapie durchaus eine Option dar. Zum einen, wenn Nebenwirkungen einer hochdosierten Gestagengabe (Gewichtszunahmen, Thromboembolien) vermieden werden sollen, und zum anderen, wenn eine ER-Positivität bei gleichzeitiger PR-Negativität vorliegt. Auch wenn die Ansprechrate und die Ansprechdauer moderat einzustufen sind, ist eine endokrine Therapie für die häufig betagten und komorbiden Patientinnen häufig einer palliativen Chemotherapie vorzuziehen.

Martin Heubner

Progesteron in der Frühschwangerschaft bei Abortus imminens: Endgültig weg vom Fenster!

In einer gross angelegten prospektiv randomisierten placebokontrollierten Studie aus Grossbritannien erhielten 2079 Schwangere Progesteron (Vaginalsuppositorien mit 400 mg Progesteron 2-mal täglich) oder 2074 Schwangere Placebo. Die Indikation waren Blutungen in der Frühschwangerschaft bei nachgewiesener Herzaktivität (= Abortus imminens). Die Therapie dauerte bis zur 16. SSW.

Zielkriterium waren Lebendgeburten nach mind. 34 Wochen Gestationsdauer. Dieses Ziel wurde von 1513 von 2025 (25 % der Schwangeren unter Progesteron) und 1459 von 2013 (72 %) der Schwangeren unter Placebo erreicht; die Unterschiede waren statistisch nicht signifikant. Nebenwirkungen waren in beiden Gruppen ähnlich. (Coomarasamy A. et al.: N. Engl. J. Med. 2019; 38:11815)

Kommentar

Ein Viertel der Frauen blutet in der Frühschwangerschaft bei erhaltenem Muttermund, und ein Abortus imminens endet in etwa 10–20 % mit einem Schwangerschaftsverlust. Das heisst, die meisten Frauen verlieren ihre Schwangerschaft nicht.

Trotzdem ist der Wunsch, in dieser primär beunruhigenden Situation etwas zu unternehmen, begreiflich. In den 1950er Jahren wurde zum ersten Mal empfohlen, Hormone (Progesteron, Östrogen [Stilböstrol!]) mit den bekannten negativen Folgen (DES-Missbildung) bei drohendem Abort anzuwenden. Nach 1971 war die Datenlage so, dass die FDA nur noch einen fraglichen Effekt für Progesteron postulierte. Nach 2000 wurde die Indikation dann gestrichen. In den USA, vor allem aber auch ausserhalb, ist trotzdem die off-label-Gabe von Gestagenen immer populär geblieben und weit verbreitet. Vielleicht auch wegen dem „ut aliquid fieri videtur“. Schon zu Beginn meiner Ausbildung an der Universitätsfrauenklinik in Basel war bei uns die Gestagengabe in der Frühschwangerschaft bereits total out und in der Klinik durch Prof. O. Käser verboten.

Auch in der Fortpflanzungsmedizin wissen wir heute, dass man ohne Gefahr die Progesteron-Supplementation mit Nachweis der kindlichen Herzaktion stoppen kann.

Es wäre zu hoffen, dass die nutzlose Progesteron-Supplementation beim Abortus imminens abgesichert durch die vorliegende, endgültige, ausgezeichnete Studie der Vergangenheit angehörte.
Michael K. Hohl

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