Bis 1980 war man der Ansicht, dass für Brustkrebspatientinnen die möglichst komplette axilläre Lymphonodektomie mit einem therapeutischen Nutzen einhergeht. Diese Überzeugung wurde gestützt von 6 fallkontrollierten Studien, welche eine Verbesserung des Gesamtüberlebens von 4-16% bei Patientinnen mit kompletter axillärer Lymphonodektomie (ALND) zeigten, allerdings nur wenn keine Nachbehandlung stattfand. Eine spätere Metaanalyse von Orr (1999) relativierte diesen vermeintlichen Nutzen, der aber auch in dieser Betrachtungsweise signifikant blieb (5,4%).
Bestimmt war das damalige onkologische Denken vom Konzept der linearen Tumorausbreitung. Danach bildet der Tumor ab einer bestimmten Grösse Zellen mit Metastasierungspotential, die sich zunächst in den regionären Lymphknoten absiedeln und erst danach weitere Verbreitung im Körper finden. nach dieser Vorstellung wäre es möglich, zumindest bei einem Teil der Patientinnen, bei denen die Lymphknoten befallen sind aber noch keine weitere Tumorausbreitung stattgefunden hat, durch die "radikale" Lymphonodektomie einen kurativen Effekt zu erzielen.